Das Riff der roten Haie
blicken.
Und auch bei der großen Kawa-Zeremonie, mit der die erste Lichtleitung gefeiert wurde, das Licht, das auch Tápanas Haus erhellte, wurde Nomuka'ta oben am Berg gesehen. Wahrscheinlich unterhielt er sich mit seinen Steinköpfen über das Unheil, das Ron über das Volk gebracht hatte.
Dann wurde Tápana krank. – Die Funkanlage der ›Paradies‹ rettete den Häuptling. Aus Pangai kam im Helikopter das Notarzt-Team. Zum sprachlosen Entsetzen Nomuka'tas wurde Tápana der Bauch aufgeschnitten, der Blinddarm herausgeholt und die Verwachsungsstränge gelöst, die seinen Darm blockierten. Die ganze Episode hatte zwar noch ein trauriges Nachspiel, das den Chirurgen das Leben kosten sollte, doch vom Team waren auf Tonu'Ata der Helikopter geblieben und sein Pilot: Jack Willmore, Flieger und Universalgenie – Jack, der feinste Kerl, den man sich denken konnte!
Jack Willmore hatte sich in die Insel verliebt und war dabei den gleichen Weg gegangen wie Ron – über die Liebe zu einer Frau: Über seine Liebe zu Lanei'ta, Tamas Schwester.
Ron und Jack … zu zweit schafften sie in wenigen Monaten ein Programm, für das sich Ron zwei Jahre vorgenommen hatte. Dabei blieb Ron sogar die Zeit zu tauchen.
Jack aber hatte überall seine Hände, half Kranken, versorgte Wunden, es wurde gerodet, gebaut, gehämmert, verkabelt, so lange und mit solcher Intensität, daß schließlich das ganze Material aufgebraucht war und für Ron die Zeit gekommen schien, die ›Paradies‹ ein zweites Mal nach Papeete in Marsch zu setzen. Und diesmal fuhr er nicht allein, diesmal kam Tama mit. Im Plastikbeutel aber lagen dreihundertzwanzig Perlen …
Was Ron für diese Perlen wollte, wußte er: Rund eine halbe Million Dollar.
Allerdings: Wie er diesen Geldhaufen in Materialanschaffungen umsetzen sollte, war ihm nicht so recht klar. Doch eine halbe Million … Die Zahl hatte etwas Faszinierendes.
Und noch etwas blieb Ron verborgen: Daß er im Begriff war, sich für eine halbe Million Dollar eine Tragödie einzuhandeln.
Den entscheidenden Faktor, der den Ausgang von Rons zweiter Papeete-Expedition bestimmte, kannte er nicht. Er war in keine Rechnung einzusetzen. Dieser Faktor trug einen Namen: Alessandro Pandelli …
Alessandro Pandelli stammte aus einem kleinen Ort der italienischen Provinz Reggio di Calabria. Genau genommen war Melito di Porte Salvo sogar der südlichste Ort des ganzen italienischen Festlands.
Früh kam Alessandro mit den lokalen N'Draghetta-Organisationen in Berührung – im Grunde nicht viel mehr als Bauernbanden, die ein wenig Geld damit machten, ihre Landsleute, meist andere Bauern und Kleinhändler, zu erpressen oder gelegentlich auch mal eine Geiselentführung zu organisieren, die etwas mehr einbrachte.
Doch schon der junge Alessandro wollte höher hinaus …
Hinüber nach Sizilien, nach Messina war es nur ein Katzensprung. Dort bekam er auch bald Gelegenheit, seine Talente unter Beweis zu stellen. In wenigen Jahren mauserte sich Alessandro vom einfachen ›Sicaro‹, dem Mafia-Handlanger, der Attentate und Morde zu erledigen hatte, zum erfolgreichen Geschäftsmann, der in Messina wie in Cadenazzo Rang und Ansehen genoß.
Leider kam nun die Polizei auf den Gedanken, Konten und Geldbewegungen zu kontrollieren. Dies führte zu einem erbarmungslosen Clan-Krieg, und Alessandro wurde der Boden in seiner Heimat zu heiß. Mit einigen guten Empfehlungen nahm er den Weg vieler Vorgänger: Er wanderte zu den Cosa-Nostra-Familien der USA aus, spezialisierte sich auf das Schmuckgeschäft und errang nach einigen Schwierigkeiten – und diesmal in San Francisco als Besitzer einer Juwelierhändler-Kette – erneut Rang und Ansehen.
Aber auch hier machte ihm die Polizei das Leben schwer. So beschloß Alessandro Pandelli, nach Französisch-Polynesien auszuwandern, dem Einkaufszentrum der herrlichen grauschwarzen Zuchtperlen, die ihm in Kalifornien soviel Erfolg beschert hatten. Und dieser Erfolg blieb ihm auch in Papeete treu – kein Wunder, denn Pandelli war mit einem guten Kapitalstock gelandet, bewies sich als ausgezeichneter Kenner des Geschäftes, hatte Manieren und jene südeuropäische Eleganz, die den Italienern ohnehin liegt. Dazu kam, daß er einige ganz besondere Geschäftsmethoden hatte. Sie waren ebenso schlicht wie wirksam: Lief eine Geschichte glatt – bene, d'accord, um so besser! Gab es Schwierigkeiten, nun, dann hatte man Mittel, sie aus dem Weg zu räumen. Ein Kerl, zum Beispiel, der völlig abgerissen
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