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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Dinge nehmen, wie sie kommen. Und eine Zeitlang dachte ich mir tatsächlich: Vielleicht ist es ein Wink des Schicksals, such dir einen anderen Job. Als ich in Puerto de Refugio zurück war, legte ich die ›Ecole‹ an die Mole, kaufte ein Paar schöne weiße Hosen und ein weißes Hemd und sagte mir: Was soll's? Ein ganzes Leben von Insel zu Insel zu schippern hat doch keine Zukunft. Die liegt im Tourismus. Also spielte ich den Touristenbetreuer und brachte den Leuten das Segeln bei. Da kamen auch eine ganze Menge, Touristen, das übliche Volk. Sogar Landsleute aus Lyon und Toulouse. Für die war ich so eine Art Original. Jedesmal, wenn sie mich fragten, was ich denn hier in der Südsee täte, hatte ich dieselbe Frage für sie … Übrigens, ich machte da eine interessante Feststellung: Die Frauen und die Mädchen, die dabei waren, lernten schneller als die Männer – was ja nicht ganz der Erfahrung entsprach, die ich als Lehrer in Lyon machen mußte. Aber wer weiß, vielleicht stehen wir am Beginn des Zeitalters der Frauen.«
    Er hielt sein Glas in der Hand und betrachtete es lächelnd. »Wieso hast du mich vorher nach Haien gefragt?«
    Ron erzählte ihm das Erlebnis in der Bucht.
    »Ach ja?« Descartes' Lächeln war ganz plötzlich verschwunden. »Du bist einfach mit deinem Luxusliner in die Bucht reingefahren und hast dort Anker geworfen? Warst du oft dort?«
    »Also, den Luxusliner sollten wir doch besser streichen, Gilbert. Ohne ihn würdest du wahrscheinlich noch immer irgendwo dort draußen rumgurken. Punkt zwei: Ja, ich war oft dort.«
    »Und da gibt's Haie? Dieses Exemplar, von dem du da redest, war wahrscheinlich ein weißer Hai. Die werden so groß. Und sie sind nicht nur selten und gefährlich, im allgemeinen meiden sie solche Stellen.«
    »Das habe ich mir auch gesagt – vorher.«
    »Hast du schon öfters Haie dort gesehen?«
    »Ja.«
    »Und seit wann?«
    Ron zögerte. »Seit etwa zwei Jahren«, antwortete er schließlich.
    Descartes stellte sein Glas weg und sah ihm direkt in die Augen. Der Blick war scharf, sachlich und drängend. Ron fühlte sich unbehaglich.
    »Wußtest du, daß für die Leute hier die Bucht heilig ist?«
    »Ja, nun …«, wollte Ron beginnen.
    »Wußtest du es?«
    »Ich … wie soll ich es dir erklären … Ich konnte es mir zusammenreimen.«
    »Ob du es gewußt hast, hab' ich gefragt!«
    »Ja. – Und dir ist wohl auch klar, was ich suchte. Mein Gott, was führen wir hier für einen albernen Eiertanz auf.«
    »Richtig.« Gilbert Descartes hatte sein altes, freundliches Lächeln wieder aufgesetzt, wenn es auch undurchsichtig wirkte. »Es ging um die Perlen, nicht wahr?«
    »Siehst du. Auch dir ist bekannt, woher sie kommen.«
    »Aber klar! Ich werde dir jetzt eine andere Frage stellen. Du brauchst sie mir nicht zu beantworten. Wieso auch? Wir kennen uns ja kaum … Nur wir beide kennen diese Insel. Und beide, das habe ich gesehen, beide lieben wir sie. Und beide sind wir auch froh, daß außer uns da draußen so ziemlich niemand herumläuft, der sagen kann: ›Ah, Tonu'Ata! Da muß ich mal hin. Das muß man gesehen haben. Unberührte Südseeidylle und so … ist doch was.‹ Solche Leute gibt's nicht.«
    »Auf was willst du hinaus?«
    »Daß wir beide an dem Geheimnis von Tonu'Ata eine Art lebenswichtiges Interesse haben.«
    »Und die Frage?«
    »Ja, die Frage …« Wieder schloß Descartes die Augen. »Du kamst im Schlauchboot hier an. Schiffbrüchig. Hättest du Geld oder Schecks dabeigehabt, hätten die dir ja nun auch nichts genützt. Dann bist du im selben Schlauchboot wieder von der Insel losgepaddelt, wie du mir erzähltest. Und kamst tatsächlich irgendwo an. Und dort, Ron? Gab's da das viele Geld auf dem Konto?«
    »Nein.« Vielleicht war es ein Fehler, vielleicht sogar eine Riesendummheit, sich diesem Mann gegenüber zu offenbaren. Aber er wollte es. Es war wie ein Zwang.
    »Siehst du.« Descartes' Hand legte sich schwer auf sein Knie, und seine Stimme war leise und ganz nah: »Dann kann ich dir den Rest der Geschichte erzählen: Du hast die Perlen gesehen und hast Tama gefragt, woher sie kommen. Dann bist du mit ihr in die Bucht. Und ihr habt dort getaucht. Tama war schon als Mädchen eine der besten Taucherinnen der Insel. Ihr habt so viele Perlen geholt, wie ihr konntet, du hast die Perlen auf deine Wahnsinnsreise mitgenommen, sie irgendwo verscherbelt … Stimmt's?«
    Ron gab keine Antwort. Das Rosa über den Palmen hatte sich zu einem feurigen Rot verfärbt. Und

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