Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Lanson, den Jeep an dem scheuenden Pferd vorbeizubringen, und dabei lachte er, lachte tatsächlich.
    »So ist das halt hier!«
    Gilbert Descartes nickte. Sein Knie begann zu schmerzen. Er hatte es angeschlagen. Die Schmerzen brachten seine Gedanken zu Hendrik Merz: Drogensüchtig? Ein Säufer? Einer, der die ganze Zeit herumhängt, unfähig, etwas zu tun? – Er versuchte es sich vorzustellen, es gelang ihm nicht … Er sah den Mast der Radiostation und dann den ersten der vielen kleinen Glockentürme der Kapellen und Missionen.
    »Wie viele laufen eigentlich hier am Sonntag mit der weißen Kragenbinde rum, Pater?«
    Patrick Lanson ließ den Jeep langsamer rollen. »Fragen Sie mich das nicht. Zu viele jedenfalls … Es ist wie überall auf den Tongas: Nicht nur wir, die katholische Mission oder die Presbyterianer, jede Sekte hat langsam Geschmack an den Inseln gefunden.«
    »Vor allem die Wesleyaner, nicht wahr?«
    »Die waren sogar die ersten.«
    Die Wesleyan-Church, vor allem ihre donnernden, moraltriefenden Messages, ihre Radiosendungen kannte Gilbert Descartes gut genug. Wer schon konnte ihnen entgehen? Du brauchst nur eine der Tonga-Stationen einzuschalten, dachte er, schon schlägt dir einer dieser Puritaner seine Bibelstunde und irgendwelche bigotten Appelle um die Ohren, wettert gegen westliche Unzucht, gegen Touristen und Yachtbesatzungen, gegen Frauen, die ›nackt‹ am Strand herumlaufen, verlangt Strafen, jawohl, drakonische Strafen gegen die Unsitte des Oben-ohne-Badens, fordert Anzeigen und Denunziation … Zum Kotzen! Vor allem in einem Land, in dem der Körper einst als ein Geschenk der Götter gegolten hat.
    Aber einem katholischen Missionar konnte er solche Argumente wohl nicht anbieten. Und an Tonu'Ata, an die einzige Insel, die deshalb von den Missionen verschont geblieben war, weil sie sie nicht kannten, an Tonu'Ata wollte er jetzt sowieso nicht denken. Nicht jetzt …
    Am Pier von Pangai lag ein größeres Schiff: Die Fähre der ›Shipping Corporation of Tonga‹, die wöchentlich einmal festmachte. Die Ladebäume waren ausgeschwenkt.
    Descartes sah einen Mann mit Offiziers-Schulterstücken auf dem weißen Hemd, einen riesigen, dunkelhäutigen Burschen lachend eine Handvoll Kaugummi in die Luft werfen. Die Chiclets vollführten aluminiumblitzende Bögen und regneten auf ein halbes Dutzend kleiner Jungens herab, die sich schreiend darum balgten.
    Bisher waren sie keinem anderen Fahrzeug begegnet. Doch nun kam ein dunkelblauer Landrover um die Ecke: Ein Polizeifahrzeug. Unwillkürlich zog Descartes den Kopf ein: Klar doch, wir werden Meldung machen, ich tisch' euch schon noch meine Märchen auf – aber dann, wann's mir paßt …
    Sie fuhren etwa fünfzehn Minuten und immer nach Norden. Die Straße zum Flugplatz hatten sie verlassen. Die Räder des Jeeps pflügten über die Sanddecke eines Karrenwegs. Einmal konnte Gilbert zwischen den Büschen eine Art Wegweiser ausmachen, ein verwittertes, zugespitztes Brett, das an einen Stamm genagelt war. Aber der Regen hatte die Schrift längst bis auf einen unleserlichen Rest fortgewaschen.
    Descartes' Spannung wuchs …
    Der sonderbare Pater Patrick hatte mit dem Steuern zu tun, und zu Auskünften war er offensichtlich nicht aufgelegt. Na gut, aber dies hier schien der Arsch der Welt zu sein oder der Arsch von Lifuka: Nichts als Wildwuchs, nichts als junge Palmensträucher, die sich das Leben streitig machten. Vögel, das ja. Zwei Kakadus hatte er vorhin auffliegen sehen und dann einen ganzen Schwarm von Tokos.
    Der Weg machte nun einen Bogen nach links. Patrick Lanson fuhr langsamer, hielt schließlich an und stellte den Motor ab.
    Sie standen am Rand einer Senke. Dort unten wucherten die verschiedensten Pflanzen, hochblättrige Aronstäbe, Bananenstauden, eine Gruppe von Brotfruchtbäumen, Kassavabüsche, Palmen. Der Boden mußte sehr fruchtbar sein. Irgend jemand hatte wohl versucht, einen Garten anzulegen. Aber das kleine Viereck war bis auf einen kümmerlichen Rest schon längst wieder von wildem, wucherndem Grün überdeckt.
    Aus dem Blättergewirr schoben sich die Dächer von sechs Gebäuden. Das größte war quer zur Senke erbaut. Eine Holztreppe führte zu einer wackeligen Veranda, auf der Wäschestücke flatterten. Das Palmwedeldach schien als einziges einigermaßen in Ordnung. Die anderen fünf waren kleinere Fales – die Art von Bungalow-Hütten, die in den Guest-Houses, den Gästehäusern der Südseeinseln, angeboten wurden … Nur, daß

Weitere Kostenlose Bücher