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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Balzter
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eigenen Muskeln am Laufen gehindert. Sie bewegte sich irgendwie ungelenk, wie jemand, der in einer steifen Rüstung steckt.
    „Ich habe dir etwas mitgebracht“, sagte sie und hielt Lea einen dampfenden Teller mit etwas Eintopf-Ähnlichem hin. „Du siehst aus, als könntest du eine Mahlzeit vertragen.“
    „Danke, aber in letzter Zeit habe ich wenig Appetit.“
    „Iss es. Es wird dir guttun.“ Die Stimme wurde fester, nachdrücklicher, fast kommandierend.
    „Ich ... esse es gleich. Würden Sie es noch einen Augenblick da hinstellen? Es ist noch so heiß.“ Besser nicht zu viel widersprechen. Gutes Klima machen. Schließlich war sie dieser Person bis auf Weiteres ausgeliefert.
    Anna stellte den Teller neben Lea auf das Feldbett und ging zusammen mit dem Arzt hinaus. Im Gehen unterhielten sie sich über eine Schießerei, die es offenbar kürzlich gegeben hatte und deren Ergebnisse der Doktor wieder flicken musste.
    Als sich die Tür geschlossen hatte, roch Lea an dem Eintopf. Ein leicht bitteres Aroma stieg ihr in die Nase, als wäre der Koch sehr freigiebig mit Orangenschalen oder Bittermandel gewesen. Es war ihr nicht ganz geheuer, diese undefinierbare Masse zu essen. Sie hatte in der letzten Woche wesentlich Appetitlicheres abgelehnt, seit dieser Ekel sie gepackt hatte. Und nun sollte ausgerechnet dieser seltsam riechende Glibber sie wieder zum Essen bewegen?
    Sie blickte sich verstohlen um. Da war ein altes Waschbecken an der Wand. Wenn der Abfluss noch etwas taugte ...
    Andererseits: Es roch zwar komisch, aber es roch nach Essen. Und was auch immer ihre angeekelte Seele denken mochte – ihr Magen hatte eine sehr bestimmte Ansicht dazu, dass sie seit einer Woche kaum etwas zu sich genommen hatte, und er tat diese Ansicht durch lautes Grummeln und Gluckern kund.
    Das ungute Gefühl blieb. Etwas schien nicht zu stimmen. Etwas mit dem Essen?
    Ob man sie etwa vergiften wollte?
    Aber wenn man sie hätte umbringen wollen, hätte Hunter sie auch gleich erschlagen können, oder? Stattdessen hatte er sie durch die halbe Stadt hierhergetragen und in seinem verqueren Kauderwelsch vollgequatscht. Es wäre nicht logisch, sie jetzt zu vergiften.
    Bloß war es ja anscheinend Hunters eigene Entscheidung gewesen, Lea zu schanghaien. Genau genommen hatte Anna selbst gar keinen so begeisterten Eindruck gemacht, als Lea zu ihr kam. Und was wäre wohl die einfachste Methode, sich eines unerwünschten Mitarbeiters zu entledigen, der leider schon gesehen hatte, wo das Hauptquartier lag?
    Lea überlegte hin und her. Dann hörte sie Schritte, und sie wusste, dass sie sich beeilen musste. Nachdenken, Lea, nachdenken ... sie hätten sie ja auch einfach erschießen können, oder? Aber das war laut, und wer wusste schon, wo sich der nächste Streifenwagen herumtrieb. Gift war da schon zuverlässiger. Und doch, es war schlicht und einfach nicht logisch , sie zu vergiften. Und sie hatte Hunger.
    Sie schnappte sich den Löffel und schaufelte eine gehäufte Portion in ihren Mund.
    Es schmeckte gar nicht schlecht, wenn man bedachte, wie es gerochen hatte. Sie kaute eine Weile auf ein paar Bröckchen herum, die sie für Fleisch oder Wurst hielt, so genau war das nicht zu spüren, und dann ...
    Kam der Ekel zurück.
    Es traf sie mit voller Wucht. Vampire, Junkies, widerliche Fremde, die nach ihren Tanzkünsten fragten, Lügner, Betrüger, Schlägertypen, Polizisten, die sie verhaften wollten: eine feindliche Welt. Eine Ekel erregende Welt.
    Sie konnte nicht herunterschlucken. Langsam hinkte sie zum Waschbecken und spuckte alles, was in ihrem Mund war, hinein. Dann kippte sie eilig den Rest des Tellers hinterher, bevor die Schritte bei der Tür angelangt waren, und drehte den Wasserhahn auf.
    Gerade als der letzte Rest in dem gierigen schwarzen Loch verschwunden war, kam Anna wieder herein. „Ich sehe, es hat dir geschmeckt“, bemerkte sie zufrieden, als sie den leeren Teller sah.
    „Ja“, erwiderte Lea, „vielen Dank, das war sehr nett von Ihnen.“
    „Ich habe hier ein Flugticket und einen Pass für dich. Du steigst gleich voll ein. Es geht um eine Lieferung, die von Marokko nach Ceuta gebracht werden muss. Ceuta liegt in Afrika, gehört aber zu Spanien, ist also europäischer Boden. Du fliegst nach Gibraltar, von dort aus ist eine sechstägige Pauschalreise mit einem Touristenkreuzer für dich gebucht. Inklusive zwei Tagen Aufenthalt in Ceuta, mit Halbtagesausflug ins marokkanische Umland. Dort triffst du unsere

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