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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Balzter
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Wenzel oder Václav, wie Lea erkärte – und das gewaltige Nationalmuseum, dessen goldglänzende Dächer nicht recht zur schmutzigbraunen Fassade passen wollten.
    Vorbei an alten Hotels und Jugendstil-Cafés eilten sie den Platz hinab und gelangten in eine kopfsteingepflasterte Fußgängerzone. Die hohen Häuser und schmalen Gassen ließen es jetzt schon stockdunkel erscheinen, und Lea musste an all die Geistergeschichten und Sagen ihrer Kindheit denken, für die Prag berühmt und berüchtigt war ... Geschichten, die nicht mal ansatzweise in die Nähe der Wirklichkeit kamen, wie sie heute wusste.
    Als sie aus einer der vielen verwinkelten Gassen heraustraten, fanden sie sich plötzlich auf einem riesigen Platz wieder, eingefasst von gewaltigen Kirchen und Prunkbauten.
    An einem der großen Gebäude prangte eine Art Uhr, aber mit Abstand das seltsamste Exemplar dieser Gattung, das Bülent je gesehen hatte. Sie wies zwei verschiedene Zifferblätter auf, in deren oberes noch ein drittes, kleineres Zifferblatt eingefasst war. Nur eines von ihnen war jedoch tatsächlich mit Ziffern versehen, und selbst die waren im Verhältnis klein und unauffällig angebracht, wie eine lästige Pflicht. Stattdessen buhlten goldene Bilder und Symbole, die im Abendlicht rötlich glitzerten, um die Aufmerksamkeit des Betrachters. Statuen neben der unheimlichen Maschinerie zeigten Engel und Könige, Gelehrte und ... den Tod in Gestalt eines grinsenden Gerippes.
    „Das ist die astronomische Uhr des Rathauses“, bemerkte Lea nüchtern und zerrte Bülent hinter sich her, „komm, die Sehenswürdigkeiten können wir später bewundern.“
    „Wenn du mir gesagt hättest, das ist ein Gerät, mit dem man Dämonen beschwören kann, hätte ich's dir auch geglaubt“, rief Bülent, während er ihr nachrannte.
    „So ist das nun mal in Prag. Hier sieht alles aus, als könnte man damit Dämonen beschwören. Zumindest in der Altstadt.“
    Ein Stück weiter liefen sie durch einen riesigen, prachtvollen Torbogen hindurch und standen plötzlich auf der Karlsbrücke. Strenge Heilige blickten links und rechts steinern auf ihre Stadt und den Fluss, den ihre Brücke überspannte: die Moldau.
    „Wir sind ein Stück zu weit“, erinnerte sich Lea, „vor der Brücke hätten wir rechts abbiegen müssen. Komm, wir sind fast da.“
    Sie liefen wieder zurück und bogen in die Straße ein, von der Lea gesprochen hatte. Wenig später standen sie vor einem dreistöckigen herrschaftlichen Haus, das sich prunkvoll und würdig auf der Flussseite der Straße erhob. Farbe und Putz hatten durch Verkehr und Witterung einen graubraunen Einheitston angenommen, ein Prozess, der Lea auf grausige Weise an die Verwesung einer uralten Leiche erinnerte. An mehreren Stellen konnte man durch die gesprungene Fassade die blanken Mauersteine sehen.
    „Hier ist es“, flüsterte Lea, atmete tief ein, hielt die Luft einen Moment lang an und blies sie dann in Form einer kleinen Wolke in die Abendluft des Prager Winters.
    Beide blickten so konzentriert auf das Haus, dass sie gegenseitig ihre Gedanken errieten.
    „Ich weiß auch nicht, ob sie schon untergegangen ist“, sagte Bülent, „sie muss genau auf der anderen Seite dieses Hauses sein. Schade, dass wir nicht durchgucken können.“
    „Selbst dann würde der Hradschin sie verbergen. Es hilft nichts, wir müssen hinein und auf alles gefasst sein.“
    Langsam schritten sie die Stufen zur Eingangstür hoch.
    Vor der hohen, mit schmutzverkrusteten Gipsornamenten verzierten Tür deklamierte sie laut das Passwort, das sie in den Dateien ihres Vaters gefunden hatte: „Lea Leonardt, einundzwanzigster Sechster vier vierundvierzig.“
    Nichts geschah.

78. Kapitel
     
    „Und jetzt?“, fragte Bülent, nachdem sie beide sich in verzweifelten Flüchen ergangen hatten.
    „Das Programm nimmt immer dreißig Sekunden lang auf, bevor es das Passwort prüft. So lange müssen wir auf jeden Fall noch warten.“
    Sie blieben einen Moment lang stehen. Immer noch nichts.
    „Das mit den dreißig Sekunden gefällt mir nicht“, schimpfte Bülent, „hier kann jeden Moment ein Untoter in der Tür stehen.“
    „Du hast recht, wir sollten auf jeden Fall unsere Waffen bereithalten.“
    Sie holte mit einer Hand die große Wasserpistole aus ihrem Rucksack und wickelte sie aus der Plastiktüte. Auch Bülent holte seine Spritzflasche hervor und entfernte die Sicherungsfolie, die er im Schraubdeckel platziert hatte.
    Die Waffen im Anschlag, sahen sie sich

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