Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)
dabei besser die Details. Sorg nur dafür, dass sie Les anrufen, damit sie eure baldige Überführung nach Deutschland organisiert.“
„Aye aye, Sir!“
Dann sahen sie die mit POLICIE beschrifteten Autos. Jedes war mit mindestens zwei Uniformierten besetzt, die misstrauisch in ihre Richtung äugten.
„Wir sollten gehen, bevor sie uns mitnehmen“, meinte Hans leise, „es ist schon merklich heller geworden. Mir bleibt nicht viel Zeit. Müssen wir ihnen sagen, dass sie bei Tagesanbruch hineingehen sollen?“
Lea verneinte. „Genau das ist ihr Auftrag.“
„Dann“, schloss ihr Vater, „überlassen wir sie ihrem Auftrag.“
Er legte Ritterbusch über seine Schulter und hob mit der Linken vorsichtig Lea in die Höhe. Und dann schoss er davon, so schnell, dass er in vier Minuten das Krankenhaus Na Homolce in der Roentgenova erreichte, und so wendig, dass er trotz der selbst zu dieser Stunde herrschenden Prager Geschäftigkeit mit keiner Menschenseele zusammenstieß.
Vierter Teil
I'm going home,
None of this ever happened,
But God, I really did it!
- Alice Cooper, „Going Home“
93. Kapitel
Lea saß aufrecht in dem blümchengemusterten Bett und starrte nachdenklich in die untergehende Frühlingssonne, deren letzte Strahlen die Kirschblüten unten im Hof in ein weiches, rotgoldenes Licht tauchten.
Das Schlimmste an ihrem Aufenthalt hier war die Langeweile. Nicht die Medikamente, nicht die endlosen Gesprächstherapien, in denen sie doch nur einen Bruchteil der Wahrheit beim Namen nennen durfte, ja noch nicht einmal die lautstarke Krankenschwester Isabel, die dem Klischee ihres Berufsstandes getreu jeden Morgen um sechs Uhr hereinstürmte und binnen zehn Sekunden das Bett gemacht haben wollte (und das auch schaffte, wenn man schnell genug aufsprang).
Nein, das Schlimmste am Psychiatrischen Krankenhaus in Gießen waren die endlosen Stunden, die sich zwischen Schwester Isabel, den Therapiesitzungen und den faden Mahlzeiten zu Ewigkeiten ausdehnten.
Es klopfte. Um diese Zeit konnte das eigentlich nur der Praktikant mit dem Abendessen sein. „Herein“, rief sie lustlos.
Die Tür öffnete sich, und eine massige Gestalt mit dunkler Sonnenbrille erschien, die linke Hand mit einem dicken Verband umwickelt.
„Sind meine Hausaufgaben schon fertig?“
„Bülent!“, rief sie erfreut aus.
Er grinste und bildete mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand ein V. „Red' dich nicht raus. Du hast mir zwei Monate lang Hausaufgaben versprochen. In einem Fach meiner Wahl.“
Sie nickte. „In einem anderen Leben ... oh Mann, für das, was du getan hast, hättest du ein Leben lang Hausaufgaben verdient! Sag, wie geht es dir? Ich kriege hier kaum Infos von draußen. Sie sagen, es könnte den Heilungsprozess beschleunigen, wenn ich aus meinem krank machenden Alltag herauskomme und fürs Erste möglichst wenig Kontakt habe. Dass ich nicht lache! Wenn die wüssten, was für ein Alltag es war, der mich krank gemacht hat ...“
„So sind halt die Psychos. Solange du deinen Doc nicht überzeugen kannst, dass du durch Schwarze Magie gelähmt wurdest, musst du wohl oder übel seine Segnungen über dich ergehen lassen.“
„Das Seltsame daran ist, dass Doktor Kanngiessers moderne Medizin tatsächlich gegen den alten Fluch zu helfen scheint. Von Liegestützen bin ich zwar noch weit entfernt, und es gibt immer noch Tage, wo ich aufwache und sie fast steif sind, aber so im Großen und Ganzen sind sie doch wieder meine beiden guten alten Arme.“
Zum Beweis reckte sie ihre Hände hoch in die Luft und wackelte mit den Fingern.
„Wie hat der Doc denn den Fluch genannt? Grippaler Infekt mit Nebenwirkungen?“
Lea schüttelte lachend den Kopf. „Wenn man eine organische Ursache gefunden hätte, wäre ich ja nicht hier im PKH. Die haben Hirnströme gemessen, eine Tomographie gemacht – du weißt, diese Röhre, in die man reingeschoben wird – und was weiß ich noch alles. Am Ende hieß es dann 'dissoziative Bewegungsstörung', und Kanngiesser erklärte mir, dass mein Bewusstsein ein traumatisches Erlebnis nicht verarbeiten kann, weil die 'intrapsychische Spannung' zu groß wäre. Ich kriege ein Anxiolytikum, das heißt auf Deutsch, dass davon meine Ängste weggehen sollen. Es heißt Tavor, den Wirkstoff darin nennt man Lorazepam.“
„Und das hast du dir natürlich alles auf Anhieb gemerkt. Unverbesserlich ...“
„Zumindest weiß ich seit Maximilian von Kelsterbach, dass ein gutes Gedächtnis
Weitere Kostenlose Bücher