Das Roemische Imperium
bei Vergil, das Imperium müsse andere Prioritäten setzen. Und er fährt mit direktem Bezug auf den Kaiser fort: „Du sei, Römer, bedacht, mit Macht die Völker zu lenken –/ das ist die Kunst, die dir ziemt – und sie zu gewöhnen zum Frieden,/ mild dem gehorchenden Volk und dämpfend des Übermuts Willkür.“
Natur- und Liebesstrophen
Befreundet mit Vergil war der Lyriker Quintus Horatius Flaccus (65–8), verknappt Horaz genannt. Wie der Epiker, so war auch er von Maecenas (70–8), Urbild aller Mäzene und Freund des Augustus, in dessen Poetenkreis aufgenommen worden. Seine in Anlehnung an klassische griechische Vorbilder verfassten „Oden“
(Carmina)
haben die lyrische Weltliteratur nachhaltig beeinflusst. Horaz schrieb neben kunstvollen Natur- und Liebesstrophen auch Dankgedichte an den Kaiser, dessen maßvolle Politik die Künste wieder gedeihen lasse und dessen Herrschaft weitgehend ohne Gewalt auskomme: „Solang August die Welt als Hort bewacht,/ wird nirgends blinde Wut sich Waffen schmieden;/ kein Bürgerkrieg, kein Aufruhr, keine Macht/ zerstört fortan uns den geschenkten Frieden.“
Catull
Der aus Oberitalien stammende Gaius Valerius Catullus, eingedeutscht Catull, geboren um 85, schrieb in der Umbruchzeit der Republik zunächst Liebesgedichte nach dem Muster der alexandrinischen Poesie, fand dann aber zu einem sehr eigenen frisch-empfindsamen Ton in den Versen an seine Geliebte Lesbia, ein Namensspiel mit der berühmten griechischen Dichterin Sappho (6. Jahrhundert v. Chr.), die auf der Insel Lesbos lebte. In den etwa 120 überlieferten meist kurzen Gedichten, den scheinbar leichthändig hingestreuten „Kleinigkeiten“
(nugae),
gelangen dem früh vollendeten Dichter († 54 v. Chr.) einfache und doch anrührende Strophen: „Wie viele Küsse von dir mir genügen, fragst du, Lesbia? Wie groß die Zahl der libyschen Sandkörner ist, … wie viele Sterne in klarer Nacht vom Himmel schauen, … so viele Küsse erst wären dem liebeskranken Catull genug.“
Etwas jünger und weniger staatsfromm war Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.–17 n. Chr.) oder kurz Ovid. Er hatte großen Erfolg mit Liebesgedichten
(„Amores“)
und mit Liebesbriefen von Göttern und Held
en („Heroide
s“). Aufsehen erregte seine Liebeskunst
(„Ars amatoria“)
, in der er Tipps zum Kennenlernen und zum Gewinnen eines Partners sowie zur Stabilisierung der Bindung gibt; erotische Details sind zwar diskret und knapp gehalten, doch waren sie wohl die eigentliche Sensation. Das sah zu seinem Missfallen auch der auf Sittenstrenge bedachte Kaiser Augustus so und schickte den Dichter im Jahr 8 v. Chr. in die Verbannung. Trotz vieler Eingaben durfte Ovid nicht wieder nach Rom zurück. Mit seinem Hauptwerk, den „Metamorphosen“, schuf er ein farbiges Bild der griechisch-römischen Mythenwelt.
Um die Zeitenwende ist dieses Wandgemälde in Pompeji entstanden. Es zeigt ein sinnendes Mädchen mit Schreibtäfelchen und Griffel, deswegen „Sappho“ genannt nach der altgriechischen Dichterin. Catull war einer ihrer Bewunderer und nannte die Geliebte Lesbia in seinem Gedichten nach Sapphos Heimatinsel Lesbos
.
(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Gegen den Sittenverfall
Augustus und der Frieden (27 v. Chr.–14 n. Chr.)
So wichtig sein Adoptivvater Caesar für den Aufstieg des Augustus gewesen war, so anders verstanden beide ihre Herrschaft. Nicht eine Art hellenistischer Monarchie schwebte dem Neffen vor, sondern eine Erneuerung des ursprünglichen Römertums, sittlich, kultisch und vom Gemeinschaftsgedanken getragen. Entsprechend respektvoll als Erster unter Gleichen behandelte er die Senatoren und überließ ihnen wichtige Verwaltungsaufgaben, ohne dass er freilich die Zügel aus der Hand gab. Zugleich achtete er streng auf ihre Eignung und entfernte Männer aus dem Gremium, die ihm unqualifiziert oder bestechlich erschienen. Durch Ehegesetze und Vorschriften zur Lebensgestaltung versuchte er Verschwendungssucht, Sittenverfall und Kinderlosigkeit in den führenden Schichten zu bekämpfen. Damit hatte er wenig Erfolg, wie sich auch Religiosität nicht kommandieren ließ, so dass es lediglich bei einer formalen Wiederbelebung der alten Kulte blieb. Deren Erosion war bereits zu weit fortgeschritten.
Die Bemühungen trugen dennoch insoweit Früchte, als das römische Vorbild auf die Provinzen ausstrahlte, wenn auch vornehmlich auf die westlichen, die wenig vom Hellenismus beeinflusst waren. Von dort, insbesondere aus
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