Das Roemische Imperium
mancher auf einen Neuanfang wie 98 mit dem alten Nerva, der die segensreiche Epoche der Adoptivkaiser eingeleitet hatte. Und zunächst schien das auch zu glücken, denn die Prätorianer und der Senat erhoben den erfahrenen Mark-Aurel- Freund Pertinax auf den Schild. Die Zeiten aber hatten sich grundlegend gewandelt. Die Prätorianer reute bald ihre Wahl, und ihrer Revolte fiel der neue Herrscher 193 zum Opfer. Jetzt war die Bahn frei für Prätendenten, die sich von ihren Truppen zum Kaiser ausrufen ließen; nicht das Jahr 98 wiederholte sich, sondern das schreckliche Vierkaiserjahr 68/69, nur dass sich die Kämpfe um die Macht über Jahre hinzogen, ehe sich der aus Africa stammende Oberkommandierende der Donauarmee Septimius Severus 200 durchgesetzt hatte.
Iulia Domna
Im syrischen Feldlager lernte der damalige Legionskommandeur Septimius Severus um 185 die Priestertochter Iulia Domna kennen und erfuhr von der angeblichen Weissagung, diese werde dereinst einen Herrscher heiraten. Entsprechend glühend bewarb sich der Offizier um ihre Hand und erhielt sie im Jahr darauf. Sie gebar ihm die Söhne Caracalla (188) und Geta (189), begleitete ihren Mann mit den Kleinen auf Feldzügen auch im entbrennenden Bürgerkrieg nach dem Tod des Commodus. Die gebildete Frau gewann einen für die Zeit ungewöhnlichen Einfluss auf den Kaiser, weswegen dessen Günstling Prätorianerpräfekt Plautianus sie auszumanövrieren versuchte. Es kam 205 aber umgekehrt, als der junge Caracalla den machtbesessenen Mann in eine Falle locken und töten konnte. Jetzt stieg Julia weiter auf und wurde zum Mittelpunkt des severischen Hofes. Sie blieb es auch nach dem Tod ihres Mannes 211, stand nun aber zwischen den in Todfeindschaft verbundenen Brüdern, die gemeinsam die Nachfolge antreten sollten. Arglos ließ sich die Mutter dazu herbei, ein Versöhnungsgespräch anzuberaumen, bei dem der waffenlos auftretende Geta in den Armen seiner Mutter von Caracalla ermordet wurde (Ende 211). Danach ging es mit Julia gesundheitlich bergab; sie starb 217
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Als Alleinherrscher versuchte er zu einer Verständigung mit dem Senat zu kommen, scheiterte aber am Misstrauen der adligen Hauptstädter gegenüber dem „Provinzler“ (* 146). Das führte zu einem radikalen Kurswechsel: Severus ließ eine Reihe von Senatoren vor Gericht stellen und aburteilen; ihr Vermögen zog er wie inzwischen üblich für die eigene Kasse ein. Stütze seiner Macht war die Truppe, die er mit Öffnung der Offizierskarriere auch für Männer aus einfachen Schichten und durch Erlaubnis des Zusammenziehens der Soldaten mit ihren Frauen in den Garnisonstädten fest an sich band. Zu seiner Sicherheit legte er eine Legion in die Albaner Berge in unmittelbarer Nähe Roms und schuf damit ein Gegengewicht gegen die allzu wankelmütigen Prätorianer. Seinen Söhnen gab er den Rat: „Seht zu, dass es den Soldaten gut geht, dann braucht ihr euch um andere nicht zu bekümmern.“
Konstruierte Familienbande
Eben diese Söhne waren ein Novum, denn bisher hatten die Kaiser gewöhnlich keine männlichen Erben gehabt, von Marc Aurel abgesehen. Auf diesen beliebten Herrscher ließ Septimius Severus seine Familie zurückführen, indem er sich Bruder des Commodus nannte und damit in die Dynastie der Antonine eintrat. Seinen älteren Sohn Caracalla verlieh er denn auch den Namen Marcus Aurelius Antoninus. Das wirkte alles etwas bemüht, wurde aber vom Volk gern gesehen, das die kaiserliche Familie insgesamt verehrte, vor allem auch die zweite Frau des Kaisers (siehe Kasten).
„Dem Imperator Caesar Septimius Severus, dem Sohn des Marcus, dem Pius, Pertinax, Augustus, Vater des Vaterlandes, dem Besieger der Parther, der Araber und des parthischen Adiabene …“ So beginnt die Inschrift auf dem Triumphbogen der ersten Severer-Kaiser, der bis heute auf dem Forum Romanum in Rom einen mächtigen Akzent setzt
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(c) M. Büsgen
Ruin der Reichsfinanzen
Untergang des severischen Kaiserhauses (211–235)
Aus den Desastern der früheren Kaiserhäuser hatten auch die Severer nichts gelernt. Der Dynastie-Gründer bestimmte seine Söhne gemeinsam zur Nachfolge mit den im vorigen Abschnitt dargestellten mörderischen Folgen. Caracalla, so benannt nach dem von ihm gern getragenen gallischen Kapuzenmantel, war nun Alleinherrscher, aber das machte die Lage nicht besser. Aller sorgfältiger Erziehung, die ihm Mutter und Vater hatten angedeihen lassen, zum Trotz brachen sich Rohheit und Hemmungslosigkeit im Charakter des
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