Das Roemische Imperium
in so knapper Form notwendig allgemein gehaltenen Grundsätze verlangten nach Auslegung für die Einzelfälle und begründeten die ausgeprägte interpretatorische Kunst der römischen Juristen. Auf diese Weise geschaffene Präzedenzfälle hatten Anteil an der Weiterentwicklung des Rechts, und die juristischen Schriften der Gelehrten gewannen ihrerseits eine Art Gesetzeskraft. Sie beeinflussten natürlich auch die Rechtsentscheidungen der Kaiser selbst, die oft auf Ratschlägen ihres Staatsrats
(consilium principis)
basierten.
Man unterschied zwischen Zivilrecht
(ius civile)
, das seine Herkunft aus dem lateinischen Bauernrecht nicht verleugnen konnte, dem Amtsrecht
(ius honorarium)
des Staates und seiner Amtsträger (Behörden) sowie einem mit dem Wachsen des Reiches immer weiter entwickelten „Völkerrecht“
(ius gentium)
. Letzteres hatte mit dem, was wir heute darunter verstehen, kaum etwas zu tun, sondern regelte vor allem den Handelsverkehr zwischen Rom und den Stämmen sowie den der Stämme untereinander, die unter seiner Oberherrschaft standen. Solange die rechtlichen Bräuche der einzelnen Ethnien dem römischen Recht nicht widersprachen und den Bedürfnissen des Reiches nicht zuwiderliefen, ließ die Zentralmacht sie in Geltung und passte sie nur dort an, wo es ihren Interessen entsprach. Auf längere Sicht führte dies trotz der Rücksicht auf regionale Besonderheiten zu einer Vereinheitlichung der Rechtsauslegung und der Rechtsprechung.
Ehe
Der lateinische Begriff für die Lebenspartnerschaft von Mann und Frau enthält deren Zweck: matrimonium(= Mutterschaft), also die Zeugung von Nachkommen und Erben. Aus diesem Verständnis heraus waren Eheschließungen oft vom Familienoberhaupt (pater familias) eingefädelt und dienten der Versorgung nicht nur der Frau, sondern auch der Stärkung der gesellschaftlichen Stellung und des Einflusses beider Sippen, vor allem in der Oberschicht. Es gab zunächst nur die Ehe, bei der die Frau aus der väterlichen Gewalt (patria potestas) in die Hand (manus) des Ehemannes wechselte und mehr oder weniger dessen Eigentum wurde. Gegen Ende der Republikzeit setzte sich allerdings eine Partnerschaft durch, in der die Frau das Recht behielt, über das von ihr eingebrachte Vermögen weiter zu verfügen und ihre Mitgift bei Scheidung zurückzufordern. Eine solche Trennung war durch beiderseitige, aber auch durch einseitige Willenserklärung ohne Mitwirkung von staatlichen Stellen möglich. Im Fall eines Ehebruchs der Frau verlor diese alle Vermögensansprüche, während männlicher Ehebruch folgenlos blieb
.
Dass sich partnerschaftliche Ehevorstellungen mit der Zeit durchsetzten, belegt das in Pompeji freigelegte Wandbild eines römischen Paares. Die Frau hält Schreibgerät bereit, was ihre Rolle als Herrin des Haushalts unterstreicht. Rechtlich freilich war sie dem Manne nachgeordnet
.
(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Hang zum Gigantischen
Badebauten der Severer (Anfang 3. Jh.)
Septimius Severus stammte, wie erwähnt, aus Africa, genauer: aus der Hafenstadt Leptis Magna, gut 100 Kilometer östlich von Tripolis gelegen. Zur Macht gekommen, ließen der Kaiser und seine Nachfolger diese Wiege ihrer Dynastie aufwendig schmücken mit Theatern, Foren, Prachtstraßen, Ehrenbogen. Das seit 1921 ausgegrabene Ensemble gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt auch durch Badeanlagen, die wegen der Bildmotive ihrer Ausmalung als Jagdthermen bezeichnet werden. Anders als die meisten vergleichbaren römischen Bäder sind die Jagdthermen mit einigem Mauerwerk teils ganz, teils ergänzbar erhalten, so dass sogar Abzüge der Wandrohrheizung zu erkennen sind. Vorhanden sind noch: das Kreuzgewölbe über dem Schwimmbecken, das längliche Tonnengewölbe über dem Kaltraum, zwei Rundkuppeln über achteckigen Baderäumen mit gut erkennbarer Hohlfußbodenheizung, das Tonnengewölbe über dem Warmwasserbaderaum.
Was in der libyschen Heimat eher klein und fein gestaltet worden war, trieben die Severer in Rom ins Gigantische. Schon Septimius hatte den Auftrag für eine Badeanlage gegeben, die im Jahr 216 von seinem Sohn Caracalla (188- 217, Kaiser seit 211) eröffnet wurde und nicht ganz korrekt nach ihm Caracalla-Thermen hießen. Es waren die bis dato gewaltigsten öffentlichen Badeeinrichtungen: Sie bedeckten eine Fläche von 124 000 Quadratmetern; allein das dreistöckige Hauptgebäude war 353 Meter lang. Den Besuchern standen 66 Baderäume, 1600 Badesessel aus Marmor, 4
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