Das Roemische Imperium
und er wusste Offiziere und Soldaten richtig zu nehmen und zu motivieren. Ihm gelang die Rückgewinnung Kölns und 357 durch einen Sieg über ein fränkisches Heer bei Straßburg auch insgesamt eine Stabilisierung der Rheingrenze, so dass er neben Lutetia (Paris) auch Trier wieder zu einer seiner Residenzen machen konnte. So sehr die Erfolge im Interesse des Reiches waren, so eher besorgt nahm sie der Kaiser zur Kenntnis. Der junge Feldherr wurde ihm unheimlich, und er forderte ihn auf, einige kampferprobte Verbände zu seiner Hilfe an die bedrohte Ostgrenze abzugeben. Das stieß bei Julians Leuten auf Widerstand; die betroffenen Truppenteile meuterten und riefen Julian 360 zum Augustus aus.
Perserkrieg
Eigentlich war die Ostgrenze ruhig; das Reich der Sassaniden hatte offenbar keine Ambitionen, sich mit den Römern anzulegen. Und so kamen denn auch gleich Verhandlungsangebote, als Julians Rüstung ruchbar wurde. Der Kaiser aber wies alle Vermittlungen zurück und brach mit etwa 65000 Mann nach Osten auf, wohl weniger aus Ruhmsucht als zum Beweis der ungebrochenen Vitalität des Reiches auch und gerade unter einem nichtchristlichen Führer. Der Vormarsch ging zügig voran. Julian teilte sein Heer in Mesopotamien. Während er Babylonien und Assyrien besetzte, ließ er zwei seiner Generäle im Norden den Armeniern gegen die Perser zur Hilfe kommen. Er gewann einige Bundesgenossen, bekam aber bei sich immer weiter dehnenden Versorgungswegen zu wenig Nachschub, ein Problem, das durch die persische Taktik, alles für den Feind womöglich Brauchbare zu vernichten, noch verschärft wurde. Julian musste den Rückmarsch antreten
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Der lehnte das zunächst aus taktischen Gründen ab, spielte dem Vetter gegenüber auf Zeit und ließ sich schließlich doch zur Annahme des Herrschertitels bewegen. Krieg wurde unausweichlich. Ehe jedoch die Streitkräfte aufeinander prallen konnten, starb der erst 44-jährige Constantius Ende 361 in Kilikien. In den wenige Monaten der folgenden Herrschaft Julians legte der neue Kaiser ein atemberaubendes Reformtempo vor. Er verschlankte den Hofstaat, reduzierte den Beamtenapparat, verfügte Höchstpreise für Getreide, ergriff Maßnahmen gegen die Korruption und entrümpelte das Zeremoniell. Vor allem drängte er das Christentum zurück und versuchte, durch eine Vereinheitlichung der traditionellen Religion und der orientalischen Kulte eine Art heidnische Gegenkirche zu schaffen. Tempel wurden restauriert, Christen bevorzugt entlassen, und ein Verbot erging, nach dem sie Klassiker nicht mehr auslegen durften („Philosophengesetz“). Diese Autoren seien Heiden gewesen und würden durch die falsche Sicht christlicher Lehrer besudelt. Julian erhielt in der christlichen Geschichtsschreibung den Beinamen „Apostata“ (= der Abtrünnige).
Tödlicher Pfeil
Wie weit Julian letztlich gegangen und ob er nicht doch vor dem sich versteifenden Widerstand aus der übermächtigen Kirche zum Rückzug gezwungen worden wäre, darüber ist viel spekuliert worden. Eine wirkliche heidnische Restauration wäre wohl nicht nur an Christentum und Kirche, sondern auch daran gescheitert, dass die alten Kulte keine Strahlkraft mehr hatten. Die Probe aufs Exempel fiel aus, weil Julian einen großen Feldzug gegen das Perserreich (siehe Kasten) unternahm. Am 26.6.363 erlag er einer Pfeilverwundung.
Lebensgroß (175 Zentimeter) hat der Bildhauer das Standbild von Kaiser Julian angelegt. Und er hat den traditionsbewussten Herrscher in der altrömischen Staatstracht mit Toga und Krone dargestellt (Paris, Louvre)
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(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Grenzen unter Druck
Valentinian, Valens, Gratian (364–383)
Mit Julian war die Constantinische Dynastie erloschen. Nach dem Rückzug aus Mesopotamien bestimmte das Heer 364 den pannonischen General Valentinian (* 321) zum Augustus, der seinen jüngeren Bruder Valens (* 328) zum Mitregenten erhob. Obwohl sich Valentinian den Westen des Reiches als Herrschaftsgebiet wählte, lag hier keine Reichsteilung vor, denn er blieb stets der ranghöhere Herrscher, der sich die letzte Entscheidung vorbehielt. In erster Linie aber kümmerte er sich um die schon wieder mehrmals von Germanenstämmen durchlöcherte Rheingrenze. Durch politische Zugeständnisse an die Gegner und erfolgreiche Strafexpeditionen gelang ihm eine Festigung der römischen Position. 367 erhob er seinen achtjährigen Sohn Gratian zum Mitaugustus, vielleicht ahnend, dass ihm nicht mehr allzu viel Zeit blieb.
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