Das Roemische Imperium
Wagenlenker in Thessaloniki wurde wegen „widernatürlicher“ homosexueller Handlungen vom dortigen Militärbefehlshaber ins Gefängnis geworfen. Das erregte die fanatisierten Anhänger des Fahrers, und es kam zu einem Aufruhr, in dessen Verlauf der Befehlshaber ermordet wurde. Theodosius befahl, mit Waffen gegen den Mob in der Arena vorzugehen. Zu spät widerrief er die Anordnung; es waren bereits unzählige Menschen vor allem durch Bogenschützen niedergemacht worden. 7000 Opfer sollen es gewesen sein. Auch wenn die Zahl übertrieben sein dürfte, so blieb das Blutbad unentschuldbar. So sah es auch der Mailänder Bischof Ambrosius, der verkündete, den Kaiser so lange von der heiligen Messe auszuschließen, bis dieser öffentlich Reue gezeigt habe. Theodosius kam daraufhin im Büßergewand in die Kirche und wurde wieder in Gnaden aufgenommen
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Nach einem Gemälde seines Lehrers Peter Paul Rubens gestaltete der flämische Maler Anthonis van Dyck die Szene „Der heilige Ambrosius verweigert Kaiser Theodosius dem Großen den Eintritt in die Kirche“ (1620). Der unerhörte Vorgang beschäftigte die Künstler vieler Epochen
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(c) akg, Berlin
Hang zum Symbolhaften
Die plastische Kunst im 4. Jahrhundert
Nur gut sechs Jahrzehnte liegen zwischen den Amtszeiten der „großen“ Kaiser Constantin I. und Theodosius I., und doch lässt sich an den künstlerischen Hinterlassenschaften ein deutlicher Wandel der Formensprache feststellen. Er zeigt sich schon beim Vergleich der beiden Hauptmonumente, dem Constantinsbogen in Rom und dem Obelisken in Constantinopel. Nach seinem 312 erfochtenen Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke widmete der Senat im Namen des Volkes Constantin einen Triumphbogen, der 315 eingeweiht wurde. Er ist der größte (21 Meter hoch, 25 breit, 7 tief) und jüngste in Rom und zeigt bereits einen gewissen Verfall der plastischen Kunst in zweierlei Weise: Die Perspektive, auf Reliefs ohnedies nicht sonderlich ausgeprägt, ist fast ganz zugunsten bloßer Staffelung der Motive aufgegeben, und viele Teile des Bauwerks sind einfach von älteren aus der Zeit Trajans und Hadrians (erste Hälfte 2. Jahrhundert) abmontiert und hier angebracht worden. Auch im Vergleich mit neueren Teilen wird die gesunkene Kunstfertigkeit sichtbar. Hier ging es um Monumentalität, weniger um Details.
Kunsthandwerk
Dass hinter dem künstlerischen Niedergang nicht Verfall des Könnens, sondern eher Ideologisches steckte, beweisen in großer Zahl auf uns gekommene Werke der Kleinkunst wie Schmuckstücke, Tafelgeschirr, verzierte Möbel, ziselierte Gläser. Reichhaltig auch die Funde von Elfenbeinschnitzereien, die kostbare Behälter zieren, Bucheinbände verschönern oder Urkunden aufwerten. Besonders bemerkenswert sind die recht häufigen Diptychen aus Elfenbein. Dabei handelt es sich um zwei mit Scharnier oder Kordel verbundene Holzbrettchen, deren Außenseiten mit Bildwerken aus Elfenbein geschmückt sind, und deren Innenseiten eine Wachsfüllung enthielten, in die Texte geritzt und von denen sie wieder gelöscht wurden. Bei feierlichen Gelegenheiten wie etwa dem Amtsantritt eines hohen Beamten oder bei Jubiläen erhielten die gefeierten Personen oft solche hochwertigen Diptychen geschenkt
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Frontal erstarrt
Gerade in der Verwendung alter Versatzstücke aber steckt auch die Betonung der Kontinuität. Es ging dem Senat offenbar gerade um die Integration des neuen Herrschers in die Reihe seiner ruhmvollen Vorgänger; ein gewisser Sparzwang mag mitgespielt haben. Von einem solchen nostalgisch-stolzen Rückblick ist auf den Reliefs der beiden Marmorsockel (zusammen 6 Meter hoch) des ägyptischen Obelisken nichts mehr zu spüren, den Theodosius 390 in der Mitte des Hippodroms von Constantinopel aufstellen ließ. Allenfalls Stolz auf die Ingenieursleistung ist bemerklich. Das Bild auf der Ostseite zeigt den Kaiser, der den Siegerkranz bereithält, zwischen seinen Söhnen und hohen Beamten in der Loge; die Größe der Figuren spiegelt ihren jeweiligen Rang. Hier fehlt nicht nur die Perspektive, auch auf eine Darstellung der Personen im Profil hat der Künstler verzichtet und alle Akteure frontal aufs Bild gebannt. Es scheint, als habe er kein einmaliges Ereignis, sondern einen Moment von ewiger Geltung festhalten wollen.
Diese Tendenz lässt sich auch an Ganzplastiken aus derselben Zeit feststellen. Schon dass sie weit seltener geworden sind als in früheren Epochen, belegt den Hang zum Symbolhaften. Der Schmuckgedanke,
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