Das Roemische Imperium
dass er ihr Zeitgenosse war, vieles selbst miterlebt hatte und auf Zeitzeugen zurückgreifen konnte. Die dadurch erreichte Lebendigkeit dämpft Ammian durch sehr sachliche Darlegungen, wollte er doch dem Ideal des Tacitus gerecht werden, „ohne Zorn und Eifer“ (
sine ira et studio
) zu berichten. Das ist ihm fast besser gelungen als seinem Vorbild, auch wenn er nicht immer persönliche Zu- und Abneigungen zu verbergen vermag.
Vertrauen in die Reichsstabilität
Dieser letzte der großen nichtchristlichen Geschichtsschreiber des Römischen Reiches hatte durchaus ein Gespür dafür, dass er in Zeiten des Niedergangs lebte; die Gründe dafür aber scheint er nur geahnt zu haben. Was die Völker, die gegen die Grenzen des Imperiums anbrandeten in Bewegung gebracht hatte, blieb ihm dunkel. Auch die eigentümliche Erstarrung der Gesellschaft in privilegierte Oberschicht und ausgebeutete Masse kam ihm kaum zu Bewusstsein. Hingegen behandelte er das Thema Christentum, das sonst von heidnischen Autoren meist übergangen wurde, durchaus tolerant, wie er denn überhaupt weltanschaulich offenbar wenig festgelegt war. Sein Werk endet mit der Katastrophe von Adrianopel und doch zuversichtlich: Das über tausend Jahre alte Reich würde auch solche schweren Rückschläge überwinden.
Roms Größe, die Ammian so faszinierte, hatten sie erkämpft; nun, im Abwehrkampf waren sie wichtiger denn je: die Legionäre, hier mit Feldzeichen vor ihrem Oberbefehlshaber Kaiser Mark Aurel, ein Relief, das 315 am Triumphbogen seines anderthalb Jahrhunderte jüngeren Nachfolgers Constantin I. angebracht wurde
.
(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Eine ungewöhnliche Karriere
Bischof Ambrosius von Mailand und der Kaiser
Christliche Historiker haben Kaiser Theodosius schon bald nach seinem Ende als „den Großen“ gefeiert. Sie würdigten damit seine großen kirchenpolitischen Leistungen und seinen Kampf gegen das Heidentum. Was für eine Macht dadurch neben dem Kaisertum entstanden war, musste Theodosius schon zu Lebzeiten erfahren. Ihm erwuchs nämlich im Bischof seiner Residenzstadt Mailand eine Persönlichkeit von derartigem Format, dass selbst der Kaiser gewisse Rücksichten nehmen musste: Ambrosius (339-397), als Sohn eines hohen Beamten in Trier geboren, trat in die väterlichen Fußstapfen, wurde Jurist und übernahm 374 die Präfektur in Ligurien mit Sitz in Mailand unweit des kaiserlichen Hofes. Als im Jahr darauf der dortige Bischofsstuhl vakant wurde und sich kein Nachfolger fand, wählte man Ambrosius, obwohl er erst in der Taufvorbereitung stand und keine theologische Qualifikation hatte.
Kompromisslos im Glauben
Obwohl er sich gegen die Wahl sträubte, musste er sich auf kaiserliche Anordnung hin fügen. Er nahm die neue Aufgabe äußerst ernst, eignete sich rasch die nötigen Kenntnisse an und gewann als weithin gerühmter Prediger schnell an Autorität. Einer, den er mit seiner Wortgewalt so beeindruckte, dass er sich taufen ließ, war der spätere Kirchenvater Augustinus. Die Arianer, von denen es viele am Kaiserhof gab und die seine Wahl zunächst begrüßt hatten, mussten erleben, dass der Bischof zu einem entschiedenen Vertreter des Glaubenbekenntnisses von Nicaea und damit der Lehre von der Wesensgleichheit Christi mit Gottvater wurde. Selbst die Bitte um ein eigenes Gotteshaus vor den Toren der Stadt wurde den Arianern auf Druck des Ambrosius hin abgeschlagen. Heidnische Wünsche wie etwa der des Symmachus, dem wir schon begegnet sind, nach Aufstellung eines Altars in Rom fanden erst recht kein Gehör.
Doch auch die Kaiser hatten im Mailänder Bischof einen unbequemen Mahner. Zum Konflikt kam es 388 mit Theodosius: Ein Bischof im Osten hatte seine Gemeinde dazu angestiftet, an die Synagoge des Ortes Feuer zu legen. Nach Recht und Gesetz befahl der Kaiser, den Volksverhetzer zu bestrafen. Ambrosius setzte sich umgehend für den Amtsbruder ein und forderte den Kaiser auf, seinen Befehl zurückzunehmen. Symbolisch bezichtigte er sich selbst, das jüdische Gebetshaus angezündet zu haben, „um den Ort zu beseitigen, an dem Christus geleugnet wird“. Der Kaiser solle in sich gehen und einsehen, dass die betroffenen „Ungläubigen“ selbst am Volkszorn schuld seien und dass die Synagoge nicht mit von Christen erhobenen Steuern wieder aufgebaut werden dürfe. Theodosius beugte sich ebenso wie im noch gravierenderen Streit zwei Jahre später (siehe Kasten).
Massaker von Thessaloniki
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