Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
die Küche. Reefer folgte ihr schwanzwedelnd und rieb sich dann an ihrem
Bein. Lily ging in die Knie, umarmte den Hund und vergrub das Gesicht in seinem
dicken Fell, um sich zu beruhigen.
    Kurz darauf kam Dylan hereinspaziert und suchte in den Schränken
nach Keksen.
    Lily richtete sich auf und lehnte sich gegen den warmen Herd.
    »Hast du mit Liam gesprochen?«
    »Hmhm. Er musste ziemlich dringend zwei Liter Tee zur Toilette
tragen.«
    »Dieser Segeltörn …«
    Er wusste, dass sie sich Sorgen machte.
    »Was soll schon passieren? Ich finde es toll, dass er so begeistert
ist und gerne raus will, um was zu unternehmen. Du kennst Cordays Boot nicht,
stimmt’s? Ist eher ein Kreuzer als ein Ruderboot. Auf dem Pott ist bestimmt
mehr Platz als in eurem Haus hier, und moderner ausgestattet ist er auch. Es
gibt sogar eine Crew. Und einen Koch. Wenn du Wert darauf legst … Ich bin
sicher, er würde sogar eine Krankenschwester anheuern.«
    »Meinst du, Liam braucht eine?«
    »War doch nur ein Scherz, Lil, jetzt mach dich mal locker. Es wird
ihm guttun, und dir wird es auch guttun, ihn mal eine Weile los zu sein.«
    »Ihn los zu sein? Ich bin ihn jeden Tag los, weil du so gut wie
alles für ihn tust, Dylan …«
    »So gut wie, aber letztlich eben doch nicht alles, Lily, und du bist
ständig in Bereitschaft, du brauchst auch mal ne Pause. Ich sorge dafür, dass
sie ihn den ganzen Tag unter ihre Fittiche nehmen, und du gönnst dir mal eine
Massage, gehst zur Maniküre oder sonst irgendwas …«
    »Massage? Maniküre?« Sie zog die Augenbrauen hoch.
    »Sitze ich da einem Vorurteil auf?«, grinste er verschmitzt.
    »Nein, das meinte ich nicht … Ich weiß nur fast gar nicht mehr, was
das ist …« Sie zuckte mit den Schultern. »Ist auch nicht so wichtig. Liam ist
jetzt wichtiger.«
    »Es geht ihm zunehmend besser, Lily. Die letzten Röntgenaufnahmen
waren gut, das weißt du doch, und wenn der Gips tatsächlich bald ab kommt, wird
es von da an rasend schnell gehen.«
    »Ich meinte eigentlich mehr seine geistige Verfassung, Dylan. Ich
mache mir Sorgen um seine Psyche. Er ist … er ist …« Ihr fehlten die rechten
Worte.
    »So launisch wie das Wetter in Cornwall?«, schlug Dylan vor.
    Lily nickte so verzweifelt, dass Dylan zum ersten Mal seinem Drang,
sie in den Arm zu nehmen, nachgab.
    »Ich hab’s dir doch schon mal erklärt, Lily, das ist völlig normal.
Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist, aber du musst versuchen, es nicht
persönlich zu nehmen.«
    »Es fühlt sich aber verdammt persönlich an«, murmelte sie und löste
sich aus der Umarmung.
    Dylan nickte verständnisvoll.
    »Ich weiß, aber versuch doch mal, es wie einen Tube Ride zu sehen.
Der absolute Hammertrip, aber ab und zu fliegt man auf die Fresse.«
    Lily sah ihn aus ihren großen grauen Augen an, als hätte er gerade
Chinesisch geredet.
    »Verstehst wohl kein Surferlatein, was?«
    Er war froh, dass sie wieder lächelte, auch wenn es nicht lange
anhielt.
    »Er ist vollkommen unberechenbar, Dyl«, gestand sie und setzte sich,
ohne ihn anzusehen. Beging sie Verrat an Liam? »Manchmal macht er mir richtig
Angst. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, das zu sagen, aber es ist
wirklich so.«
    Er setzte sich ihr gegenüber.
    Reckte den Hals nach unten, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Auf
einmal war er wieder ganz der ernsthafte, professionelle Dylan.
    »Es ist alles andere als ungewöhnlich, dass jemand, der wie Liam ein
Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat, hinterher gewisse psychische Probleme hat.
Das können Angstzustände sein oder Stimmungsschwankungen, das ist völlig
normal. Es kann aber auch eine ernsthafte Depression folgen oder Aggressionen …
Ich habe Liam sehr genau beobachtet, Lily, und ich weiß, dass Liam manchmal ein
richtiger Arsch mit Ohren sein kann, aber ich verspreche dir, ich sehe nichts
Beunruhigendes. Er ist nur nicht so belastbar, er ist schnell gestresst. Dinge,
mit denen du und ich leicht oder auch nicht so leicht umgehen können, machen
ihn völlig fertig, und plötzlich schreit er und tritt um sich wie ein Kind. Ich
bin mir aber ziemlich sicher, dass das bei ihm eine reine Frustreaktion ist und
nichts Gravierenderes dahintersteckt.«

 

    21
    C ordays
Ankunft in aller Herrgottsfrühe am nächsten Morgen war nicht zu überhören. Erst
röhrte sein riesiger Geländewagen über die Landstraße am Driftwood Cottage
vorbei, sodass Abi aus dem Bett fiel, und als er vorm Rose Cottage hielt,
dröhnte der Motor so laut, dass

Weitere Kostenlose Bücher