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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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vorgeschlagen?
    »Maniküre und Massage«, sagte sie und lachte bei der Vorstellung, um
kurz darauf über den Umstand zu lachen, dass sie darüber lachte. War es
wirklich so lächerlich, sich mal so etwas zu gönnen? Oder lag es daran, dass es
nach allem, was passiert war, so unendlich selbstsüchtig, frivol und unnötig
wirkte? Schon erstaunlich, wie Schuldgefühle einem an allem und jedem den Spaß
verderben konnten.
    Sollte sie den Tag womöglich besser mit etwas zubringen, das ihr
überhaupt keinen Spaß machte?
    Zu dem Thema fielen ihr sofort wieder die desolaten Rosenbüsche
hinter dem Haus ein.
    Sie hatte sich ganz bestimmt nicht darauf gefreut, das Projekt
wieder in Angriff zu nehmen.
    Durfte man Rosenbüsche überhaupt zu dieser Jahreszeit beschneiden?
    Es wäre doch eine Schande, wenn sie dem Rosengarten komplett den
Garaus machte. Sie konnte nicht gerade behaupten, mit einem grünen Daumen auf
die Welt gekommen zu sein. Aber gut, wenn sie den Rosengarten ruinierte, hätte
sie wenigstens einen weiteren Grund, schlecht drauf zu sein.
    Und im Moment gefiel es ihr doch gut, schlecht drauf zu sein, oder?
    Auch Liam half ihr ganz großartig dabei, schlecht drauf zu sein.
    Wenn sie in seinen Augen zurzeit eine solche Niete war, dann konnte
sie ihm doch den Gefallen tun und seinem Bild entsprechen.
    Lily dachte nicht mehr weiter nach, sondern holte kurz entschlossen
ihre Arbeitshandschuhe.
    Er konnte den Rauch vom Dorf aus sehen.
    Dick und grau quoll er in den klaren blauen Himmel, wo er sich von
den vereinzelten, schneeweißen Schäfchenwolken absetzte.
    Sein erster Gedanke war: Rose Cottage brennt!
    War das außer ihm denn niemandem aufgefallen?
    Er sah sich um. Die Eis essenden Menschen am Strand und die Surfer,
die er fotografiert hatte, bekamen überhaupt nichts mit.
    Angesichts ihrer Selbstvergessenheit kamen ihm Zweifel, und anstatt
laut »Feuer!« zu schreien und allgemeine Unruhe zu verbreiten, beschloss er,
hinaufzulaufen und nachzusehen, was los war.
    Er rannte, so schnell er konnte die Küstenstraße entlang und auf dem
Wanderweg bis hin zum Rose Cottage. Der Qualm stieg hinter dem Haus auf, das
Gebäude brannte zu seinem Erstaunen nicht lichterloh. Atemlos lief er ums Haus
herum. Auf der hinteren Terrasse hatte Lily jede Menge Rosenzweige zu einer Art
Scheiterhaufen aufgeschichtet, der nun beeindruckend loderte. Dass sie mit dem
unangemeldeten Gartenfeuer für Aufruhr sorgen könnte, war ihr überhaupt nicht
in den Sinn gekommen.
    Zwar tanzte sie nicht wie Rumpelstilzchen um das Feuer herum, aber
sie hatte Erdstriemen im erhitzten Gesicht und Blätter in ihrem Haar, als sie
mit einem weiteren Arm voller Dornenzweige auf das Inferno zuspazierte.
    »Was zum Teufel tun Sie sich da an?«, rief er ihr zu.
    »Ich tue mir gar nichts an«, antwortete sie verärgert. »Ich will
bloß endlich dieses Chaos loswerden.« Sie warf die Zweige in die Flammen.
    »Machen Sie immer so große Gartenfeuer so dicht an Ihrem Haus?«
    Sie hielt inne und sah ihn an. Ihre Nasenspitze war schwarz von
verkohltem Holz. Sie pustete sich den Pony aus dem Gesicht.
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, das ist das erste Mal in meinem Leben,
dass ich überhaupt ein Gartenfeuer mache.«
    »Glaube ich gerne.«
    Und zum ersten Mal, seit er sie kannte, sah er sie lächeln.
    »Haben Sie wenigstens überprüft, woher der Wind kommt?«
    Lily ließ alles, was sie noch im Arm hatte, auf der Stelle fallen,
leckte sich einen Finger ab und hielt ihn in die Höhe.
    Es war aber nicht der Zeigefinger, sondern der Mittelfinger, wie ihm
kurz darauf auffiel.
    »Gilt der mir?«, fragte er gespielt beleidigt.
    »Nicht Ihnen persönlich. Eigentlich der ganzen Welt.«
    »Sie zeigen der Welt den Stinkefinger?«
    »Dem Leben, der Welt, dem Universum. Allem.« Dazu fuchtelte sie mit
den Armen, als wolle sie die ganze Welt umarmen.
    Da endlich begriff er, dass sie betrunken war. Voll wie eine
Strandhaubitze.
    Er sah etwas genauer hin. Das Törchen zum Rosengarten stand offen,
die hinter der Mauer befindlichen Büsche streckten nicht mehr ihre Zweige
zwischen den eisernen Stäben hindurch wie Gefangene ihre Arme, das Feuer
prasselte, die Blätter tanzten in der Luft, und auf dem Gartentisch stand eine
fast leere Flasche Gin.
    »O nein, Lily«, seufzte er, als er die Flasche in die Hand nahm.
    »Ich brauchte etwas, um das Feuer anzuzünden«, verteidigte sie sich,
entwand ihm die Flasche und drückte sie an sich.
    »Und sich selbst wollten Sie gleich mit

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