Das Rosenhaus
Küche war wirklich beeindruckend, aber Peter interessierte sich
mehr für das Essen, das dort vorbereitet worden war, und scheuchte Lily auf
schnellstem Wege zurück in den Bankettsaal, wo der zehn Meter lange Tisch unter
den Essensmassen ächzte. Er zog Lily mit sich, drückte ihr einen Teller in die
Hand, nahm sich selbst auch einen und belud ihn sich in Windeseile.
»Also, eins muss man Elizabeth lassen. Sie lacht sich immer einen
guten Caterer an. Das hier ist phantastisch. Ich bin kurz davor, zu
verhungern.«
»Du hast immer Hunger.«
»Ja, es ist furchtbar, nicht? Aber das ist genau wie mit
großmotorigen Autos«, sagte er und tätschelte sich zufrieden den Bauch. »Die
müssen auch öfter tanken.«
Er warf einen Blick auf ihren halbvollen Teller.
»Isst du nicht mehr als das?«
»Ich habe keinen großen Appetit.«
Peter sah Lily eindringlich an. Sie hatte bestimmt fünf Kilo abgenommen,
seit sie aus London weggezogen waren. Sie vernachlässigte sich. Sie strahlte
nicht mehr so wie früher. Das bereitete ihm Sorge. Er dachte einen Moment nach.
»Wenn du dir eine ordentliche Portion nimmst, esse ich bei dir mit«,
sagte er. »Dann fällt es nicht so auf, dass ich so viel esse. Hier«, er nahm
ein Stück Lachs-Quiche mit dem silbernen Tortenheber auf und bugsierte es auf
ihren Teller, »nimm das für mich mit. Und das …« Er reichte ihr ein großes
Stück gebuttertes Baguette. »Und das Taramas ist einfach köstlich … Weißt du
was? Wenn wir schon hier sind, können wir doch auch gleich einen Teller für
Liam mitnehmen …«
Sie gingen wieder nach draußen, wo Peter einen freien
Tisch unter einer der riesigen Zedern ansteuerte, die sie vor der vom Meer her
aufkommenden frischen Brise schützte. Sie erwischten einen leicht sonnigen
Platz, sodass sie während des Essens nicht frieren mussten.
Peter streifte sich seinen Pullover über und machte sich dann über
seinen Teller her. Er versuchte, auch Lily zum Essen zu animieren, scheiterte
aber kläglich. Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick.
»Hattest du nicht mal gesagt, dass du so wahnsinnig gern eine
Freundin hättest?« Lily sah schonungslos auf seine Wampe.
Peter blieb nichts anderes übrig, als sich einzugestehen, dass die
»paar Kilo«, die er im Laufe des letzten Jahres zugenommen hatte, inzwischen
ein gutes halbes Dutzend waren. Er nahm sich wieder einmal vor, endlich öfter
in das teure Fitnessstudio zu gehen, bei dem er sich – sein Geschenk an sich
selbst – kurz nach Weihnachten angemeldet hatte. Aber hier und jetzt gab er
einem masochistischen, trostsuchenden Impuls nach und begann, auch von Liams
Teller zu essen.
»Ich weiß, ich weiß«, seufzte er, als Lily lachte, »aber ich liebe
doch nun mal das Essen. Ja, ich würde gerne eine Frau finden, die ich
mindestens genauso lieben könnte. Ich muss nur eine finden, die nichts gegen
einen Mann mit Speck auf den Rippen hat. Die gibt’s! Vor ein paar Monaten habe
ich auf einem dieser merkwürdigen Privatsender eine Reportage darüber gesehen!
›Model sucht Moppel‹ hieß die, glaub ich. Untertitel: ›Liebe XXL ‹.
Über Frauen, die auf Kerle wie mich stehen! ›Rubensmänner‹ nennt man uns in der
Szene.«
Lily musste lachen. Dann fiel ihr angesichts Peters Angriff auf
Liams Teller auf, dass sie Liam seit einer dreiviertel Stunde nicht gesehen
hatte.
»Wo Liam wohl steckt?«
Peter hielt mit dem Kauen inne und sah sie an.
»Wahrscheinlich genau da, wo ich ihn vorhin zurückgelassen habe.«
»Und das wäre?«
»In Cordays Höhle. Also, seinem Arbeitszimmer. Haben übers Geschäft
geplaudert. Oder vielleicht steht er unter der Dusche. Da hätte ich vielleicht
auch erst vorstellig werden sollen, aber ich war von der körperlichen
Anstrengung einfach so erschöpft, dass ich mich erst mal wieder aufpäppeln
musste. Sonst hätte ich es ja nicht mal geschafft, den Wasserhahn aufzudrehen.
Ich stinke doch nicht, oder?« Peter schnupperte an sich selbst.
»Höchstens nach Knoblauch.«
»Super. Notieren: Ich brauche eine Frau, die nichts gegen einen
fetten, übelriechenden Mann hat.«
»Du bist doch nicht fett «, widersprach
Lily sofort.
»Ach nein? Was bin ich denn dann?«
»Na ja … bärig.«
»Das ist doch bloß ein nettes Wort für fett.«
Lächelnd schüttelte sie den Kopf.
»Du bist nicht fett.«
»Gut, dann bin ich eben nicht fett, aber das ändert nichts daran,
dass ich immer noch auf der Suche nach einer netten Frau bin. Meinst du, es
würde helfen, wenn ich
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