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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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Ich schätze, ich will es deshalb wissen, weil mein Vater der Grund dafür ist, dass
ich
verkorkst bin.«
    Eine außergewöhnliche Feststellung. Mit Ausnahme ihrer nachlässigen Haltung zur Gesundheit hatte Rosie keine Anzeichen irgendwelcher Hirnstörungen gezeigt.
    »Was sind die Symptome, wenn man verkorkst ist?«
    »In meinem Leben läuft eine Scheiße, die ich lieber nicht erleben würde. Und ich kann nicht gut damit umgehen. Klingt das nachvollziehbar?«
    »Natürlich«, erwiderte ich. »Du erlebst unerwünschte Ereignisse, und dir fehlen gewisse Fertigkeiten, um die persönlichen Auswirkungen zu minimieren. Ich dachte, mit ›verkorkst‹ meintest du, dass du irgendeine Störung in deiner Persönlichkeit hast, die du beheben möchtest.«
    »Nein, ich bin eigentlich ganz zufrieden mit mir.«
    »Wie sieht denn dieser Schaden aus, den Phil verursacht hat?«
    Auf diese heikle Frage hatte Rosie nicht gleich eine Antwort parat. Vielleicht war genau das ein Symptom dafür, verkorkst zu sein. Schließlich brach sie ihr Schweigen. »Herrgott, was brauchen die so lange mit dem Essen?«
    Rosie ging zur Toilette, und ich nutzte die Gelegenheit, um die Geschenke von Gene und Claudia auszupacken. Sie hatten mich zum Flughafen gebracht, daher war es unmöglich gewesen, die Päckchen abzulehnen. Es war gut, dass Rosie beim Öffnen nicht dabei war. Genes Geschenk war ein weiteres Buch mit Sexstellungen, in das er eine Widmung geschrieben hatte: »Für den Fall, dass Dir die Ideen ausgehen.« Darunter hatte er das Gen-Symbol gemalt, das er als Unterschrift benutzt. Claudias Geschenk war nicht peinlich, für die Reise jedoch völlig irrelevant – ein Paar Jeans und ein Hemd. Kleidung war zwar immer nützlich, aber ich hatte bereits ein Ersatzhemd eingepackt und sah für die nur acht Tage keine Notwendigkeit für eine weitere Hose.
    Und wieder hatte Gene die Art meiner Beziehung zu Rosie fehlinterpretiert, aber das war verständlich. Den wahren Grund, warum ich mit Rosie nach New York fuhr, konnte ich nicht erklären, und Gene hatte eine Folgerung gezogen, die seiner Sicht der Welt entsprach. Auf dem Weg zum Flughafen hatte ich Claudia um Rat gebeten, wie ich damit umgehen solle, so viel Zeit mit einer einzigen Person zu verbringen.
    »Denk daran, zuzuhören«, hatte Claudia gesagt. »Wenn sie dich etwas Komisches fragt, frag sie, warum sie das wissen will. Spiel ihr den Ball zurück. Als Psychologiestudentin wird sie gern über sich selbst reden. Achte nicht nur auf Logik, sondern auch auf deine Gefühle. Gefühle haben ihre eigene Logik. Und versuch, locker zu bleiben … lass dich treiben.«
    Tatsächlich verbrachte Rosie den restlichen Flug nach Los Angeles mit Schlafen oder Film-Ansehen, versicherte mir jedoch – zweimal –, dass ich sie nicht beleidigt hätte und sie nur eine Auszeit brauche.
    Ich beschwerte mich nicht.

23
    Wir schafften es durch die Passkontrolle. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, hier keine Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge anzubringen, und ich brauchte auch nicht mein Empfehlungsschreiben von David Borenstein von der Columbia-Universität vorzuzeigen, das mich als geistig gesunde und kompetente Person auswies. Rosie wirkte extrem nervös – selbst auf jemanden mit schlechtem Beurteilungsvermögen emotionaler Zustände –, und ich hatte Angst, sie könnte sich verdächtig machen, so dass man uns die Einreise
ohne Angabe von Gründen
verweigerte, wie es mir schon einmal passiert war.
    Der Beamte fragte: »Was ist Ihr Beruf?«, und ich antwortete: »Genetik-Forscher«, und er sagte: »Der beste der Welt?«, und ich sagte: »Ja.« Damit waren wir durch. Durch den Zoll rannte Rosie fast und spurtete dann zum Ausgang. Ich lag einige Meter zurück, da ich beide Taschen trug. Offenbar war irgendetwas nicht in Ordnung.
    Als ich sie draußen vor den automatischen Türen wieder einholte, wühlte sie gerade in ihrer Handtasche.
    »Zigarette«, keuchte sie. Sie zündete sich eine an und inhalierte tief. »Sag einfach nichts, okay? Falls ich je einen Grund gebraucht hätte, um aufzuhören, hätte ich jetzt einen. Achtzehneinhalb Stunden! Scheiße!«
    Es war gut, dass Rosie mich gebeten hatte, nichts zu sagen. Ich schwieg also, war jedoch schockiert über den Einfluss der Sucht auf ihr Leben.
    Sie rauchte ihre Zigarette zu Ende, und wir gingen zur Bar. In Los Angeles war es erst 7 : 48  Uhr, aber bis zu unserer Ankunft in New York könnten wir uns ja noch nach Melbourner Zeit richten.
    »Was sollte

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