Das rote Band
grinste „Und da ich keinen Ehering an deinem Finger sehe, habe ich weiterhin Aussichten auf Erfolg bei dir.“
Galad räusperte sich, und Jake drehte sich schuldbewusst zu ihm und Ian um. Über Samuels Ankunft schien der Earl ihre Anwesenheit völlig vergessen zu haben.
„Nun, Samuel“, sagte Jake, „ich sollte dich vorstellen: Das ist Samuel of Redcliff, wir haben zusammen vor neun Jahren im Heer des Königs gedient. Und das sind Galad of Lionsbridge, Lehrer für Recht und Literatur, sowie Ian, der Fechtmeister der Akademie.“
„Sehr erfreut.“ Samuel nickte ihnen ohne sonderliches Interesse zu und wandte sich wieder an Jake und Joanna. „Jake, mein Erscheinen in Greystone ist unangekündigt, aber das hat gute Gründe. Ich will sie dir und Joanna gleich erklären, doch vorher“, er warf einen abschätzigen Blick auf Galad und Ian, „schicke das Personal weg.“
Die Tür der Bibliothek schloss sich hinter Ian und Galad, und der junge Lehrer zog Ian in den ersten freien Unterrichtsraum.
„Ich hatte noch nie den Wunsch, jemanden zu töten“, rief Galad aufgebracht, „aber jetzt ist es soweit.“
„Da musst du dich anstellen“, entgegnete Ian. „Ich bin zuerst dran! Wie dieser Kerl Joanna angesehen hat!“
Doch Galad hörte überhaupt nicht zu. „Ich kenne Jake seit acht Jahren, aber den Namen Samuel of Redcliff habe ich von ihm noch nie gehört! Und ich frage mich, warum.“
„Kennst du die Familie Redcliff?“, wollte Ian wissen.
„Nicht persönlich, aber ich weiß, dass die Burg des Barons of Redcliff im Grenzland im Südwesten Telamens liegt.“ Er sah Ian düster an. „Verlass dich drauf, ich werde herausfinden, wer dieser Samuel genau ist und vor allem, was er hier will.“
Ian schloss die Tür zu Joannas Zimmer und sah sie grimmig an. „Hast du Samuel gebadet, oder hat er es selbst getan?“, fragte er sarkastisch.
Joanna, die im Nachthemd auf dem Bett saß, lachte. „Kein Grund zur Eifersucht! Sam und ich sind alte Freunde.“
Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Und ich bin dein zukünftiger Mann.“
„Du weißt, dass ich ihm das nicht sagen darf.“ Sie rieb sich die Stirn. „Zwischen Sam und mir ist es wir bei dir und Eloïse.“
„Mit dem Unterschied, dass Eloïse mich nicht heiraten will!“, widersprach er.
„Lass uns das Thema beenden.“ Joanna lächelte. „Komm lieber her, zukünftiger Gemahl , und erfülle deine ehelichen Pflichten.“
Ian ging auf sie zu, nahm jedoch demonstrativ auf dem Stuhl neben dem Bett Platz. „Erst will ich wissen, warum Samuel hier ist.“
Joanna seufzte. „Samuel war viele Jahre Offizier im Heer König Theodorics. Jetzt will er sesshaft werden und war auf der Rückreise zu seiner Familie. Auf dem Weg dorthin ist er überfallen und ausgeraubt worden. Er hat lange Wochen in einem Kloster verbracht, bis er wieder halbwegs reisefähig war. Nun ist er in Greystone, um sich vollständig zu erholen und Jake um Mittel zu bitten, die Reise zu seiner Familie fortsetzen zu können.“
„Hat Samuel keine anderen Freunde, die er mit seinem Besuch beehren könnte?“, fragte Ian verdrossen.
„Sie sind alle noch mit dem König auf dem Feldzug“, erklärte Joanna.
„Wie lange wird er bleiben?“
„Ein paar Wochen. Jake freut sich sehr über seinen Besuch“, fügte sie an.
„Ich nicht“, erwiderte Ian. „Gibt es sonst noch etwas, was ich – oder Galad – über Samuel wissen sollte?“
Joanna lächelte. „Galad braucht sich ebenfalls keine Sorgen zu machen.“
„Schade, wäre es so, wüsste ich wenigstens, dass du vor ihm sicher wärst.“
Sie rollte mit den Augen, erhob sich vom Bett und trat auf ihn zu. „Morgen Abend findet ein Bankett zu Samuels Ehren im Festsaal statt“, sagte sie und ignorierte die Grimasse, die Ian schnitt. Sie setzte sich auf seinen Schoß, schob eine Hand unter sein Hemd und begann ihn zu küssen.
Ian schnaubte. „Joanna, du bist eine miserable Schauspielerin. Was ist noch?“
Sie stellte ihre Küsse ein und umfasste seine Hand. „Samuel wird morgen Nachmittag mit dir zum Fechttraining kommen.“ Sie zögerte. „Er soll dich während seiner Anwesenheit beim Unterrichten unterstützen.“
„Wie bitte?!“
„Nicht aufregen, Ian! Jake will dich dadurch entlasten.“
„Indem er mir Samuel schickt?“ Ian schob Joanna von seinen Knien herunter und sprang auf. „Warum hast du das nicht verhindert?“
„Ich habe es versucht“, beteuerte sie, „aber mein Bruder war von seiner
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