Das rote Band
alt.“
„Trotzdem scheint sich der Lord dort drüben für Euch zu interessieren, denn er kommt geradewegs auf Euch zu.“
„Nein, er möchte bestimmt nur …“ Lady Charlotte verstummte, und in ihrem Gesicht erschien ein Strahlen, als der große blonde Mann vor ihr zum Stehen kam. „Bennett of Lionsbridge, es ist mir eine Freude, Euch wiederzusehen!“, sagte sie.
Lord Lionsbridge verbeugte sich vor ihnen. „Der König hat mich mit einer Nachricht zum Earl of Greystone geschickt“, erklärte er und bot Lady Charlotte seinen Arm. „Lust zu tanzen, Mylady?“
Lächelnd nahm Lady Charlotte sein Angebot an. Lord Lionsbridge nickte Eloïse kurz zu und schritt mit Ians Schwester auf die Tanzfläche.
Na ja, dachte Eloïse, wie immer – sie stand alleine herum. Alle anderen Studenten tanzten, Lord Lionsbridge besprach immer noch etwas mit Ian, und selbst Victorian ließ sich nicht bei ihr blicken, trotz seiner Behauptung, mindestens drei Tänze mit ihr durchzuhalten. Aber sie verstand ihn ja. Wer wollte sich schon mit ihr auf der Tanzfläche zeigen? Andererseits war es seltsam, dass sie ihn überhaupt nicht sah. Nach den Prüfungstänzen, die dem Bankett vorausgegangen waren, war Victorian von einem Diener angesprochen worden und hatte mit ihm zusammen den Festsaal verlassen. Sie hatte mit Lord Lionsbridge am anderen Ende der Tanzformation gestanden, und Victorian hatte ihr zugezwinkert. Und seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gesehen. Merkwürdig! Vielleicht sollte sie auf die Suche nach ihm gehen …
„Eloïse of Coldhill?“
Erst jetzt bemerkte Eloïse den hochgewachsenen, rothaarigen Mann, der vor ihr stand.
„Mein Name ist Philipp of Melsing”, stellte er sich vor. „Darf ich Euch um den nächsten Tanz bitten?“
Völlig verblüfft stimmte Eloïse zu, und Lord Melsing führte sie auf die Tanzfläche. Kaum hatte sie die ersten Schritte getanzt, stand sie ihrem unbekannten Partner auf den Zehen. „Verzeiht bitte!“, murmelte sie verlegen.
„Kein Problem, Mylady.“ Er lachte. „Ich bin Kummer gewohnt! Ich arbeite viel mit Pferden, die treten mir auch öfter auf die Füße.“
Eloïse verzog das Gesicht. Sollte das ein Kompliment sein? Als die Musik verklang, bedankte sie sich bei Lord Melsing und eilte zurück an den Rand des Saales. Doch kaum stand sie dort, wurde sie erneut angesprochen. Alexander of Barlington, den sie ebenfalls nicht kannte, bat sie zum nächsten Tanz. Und nach der Abschlussreferenz konnte Eloïse nicht einmal mehr die Tanzfläche verlassen, denn sofort streckte ihr ein junger Lord namens Francis seine Hand entgegen, um Lord Barlingtons Platz einzunehmen. Kaum hatte dieser Tanz geendet, kam ein Mann zu ihr, der sich mit Colin vorstellte. Ergeben nahm sie auch dessen Aufforderung zum Tanz an. Doch, als der nächste Lord vor ihr stand, der sich Laurentin of Crosslands nannte, wurde Eloïse argwöhnisch. „Ian hat Euch alle geschickt, gebt es ruhig zu, Lord Crosslands!“, rief sie.
Der junge Mann grinste. „Ja, er hat uns darum gebeten. Und wir tun ihm gerne einen Gefallen.“
Neugierig sah Eloïse ihn an.
„Ian ist unser Freund, Mylady“, erklärte der junge Lord. „Wir haben alle letztes Jahr zusammen die Akademie besucht. Ohne ihn wären Colin, Francis und ich durch die Fechtprüfung gefallen, er hat uns Nachhilfe gegeben.“
„Nachhilfe im Fechten“, murmelte Eloïse. „Das kommt mir bekannt vor.“
Er nickte. „Stimmt, Ian hat mir von Euch geschrieben und erzählt, dass Ihr ihn mehr fordert, als wir drei damals zusammen.“
Eloïse ließ die Schultern hängen. „Und noch habe ich die Prüfung nicht bestanden. Mir wird furchtbar schlecht, wenn ich nur an morgen früh denke“, gestand sie.
„Wenn Ian Euch trainiert hat, dann werdet Ihr auch bestehen“, erwiderte Lord Crosslands voll Überzeugung. „Lady Eloïse“, sprach er zögernd weiter, „durch Ians Briefe gewann ich den Eindruck, Ihr steht ihm sehr nah.“
„Aber nicht so nah !“, rief Eloïse sofort.
Besänftigend hob der stämmige junge Mann die Hände. „Das meinte ich auch nicht. Ich mache mir Sorgen um Ian und bin nicht mehr hier, um auf ihn achtzugeben!“
Eloïse nickte wissend. „Ihr habt recht, Lord Crosslands …“
„Laurentin.“
„… Ian mag ein fantastischer Kämpfer sein, aber er kann keine fünf Minuten auf sich selbst aufpassen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten.“ Sie lächelte ihn an. „Laurentin, ich erzähle Euch gerne, was in den letzten Monaten in
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