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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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warum …?“
    Sie hörte nicht mehr, was Raine ihr hinterherrief. Sie musste raus, denn sie würde ersticken, wenn sie noch länger in der großen Halle blieb. Tagelang hatte sie sich bemüht, ihre Erinnerungen an ihren Aufenthalt in Walraven zu verdrängen, und jetzt kehrte er zurück ! Was sollte sie tun? Wie sollte sie nach allem noch seine Gegenwart ertragen oder ihm in die Augen sehen? Sie hatte den Treppenturm fast erreicht, als sie Schritte hinter sich vernahm.
    „Eloïse, bitte warte!“
    Sie blieb stehen und verachtete sich im gleichen Moment dafür, dass sie es tat. Dass sie wider alle Vernunft hoffte, Victorian hätte seine Meinung geändert und würde sie nun bitten, seine Frau zu werden. Langsam und mit aller Würde, die sie aufbringen konnte, drehte sie sich zu ihm um.
    Victorian neigte den Kopf vor ihr. „Eloïse, mein Benehmen in Walraven dir gegenüber war in jeder Hinsicht eine Katastrophe“, sagte er rasch, als befürchtete er, sie könne davonrennen. „Ich bitte dich um Verzeihung. Du bist meine Freundin, und ich habe dein Vertrauen missbraucht. Du hast immer zu mir gestanden, und ich habe es dir schlecht gedankt. Du musst unendlich enttäuscht von mir sein.“
    Eloïse presste die Lippen aufeinander, und der kleine Funken Hoffnung in ihr erlosch wieder. Sie hätte es wissen müssen! Victorian hatte seine Meinung nicht geändert. „Warum bist du zurückgekehrt?“, fragte sie kalt, ohne auf seine Entschuldigung einzugehen.
    „Weil es falsch war zu gehen.“
    Zweifelnd sah sie ihn an. „Und das hat deinen Vater überzeugt, nachdem deine Rückkehr vor zwei Wochen noch außerhalb des Möglichen lag?“
    „Alles hat seinen Preis, Eloïse“, erwiderte er leise.
    Sie zuckte mit den Schultern. Letztendlich konnten ihr seine Gründe egal sein. „Dann hoffe ich, die Sache hier ist ihren Preis wirklich wert“, erwiderte sie gleichgültig.
    Der Ansatz eines Lächelns erschien auf seinem Gesicht. „Das ist sie, Eloïse, glaub mir, das ist sie.“ Er legte den Kopf schief. „Wie sieht es aus, vergibst du mir?“
    „Dir vergeben?“, fuhr Eloïse ihn an. „Nach allem, was du mir angetan hast, wagst du es, mich das zu fragen? Glaubst du wirklich, du kannst mit ein paar netten Worten alles ungeschehen machen?“ Ihr Blick verfinsterte sich, und sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Nenn mir nur einen einzigen Grund, warum ich jemals wieder auch nur ein Wort mit dir wechseln sollte!“
    „Coldhill.“
    Eloïse zog scharf die Luft ein. „Was meinst du damit?“
    „Ich habe in Delaria das Saatgut gekauft, das sich in unseren Versuchen als am widerstandsfähigsten erwiesen hat“, erklärte er. „Die Säcke stehen hier im Keller von Greystone. Ich würde mit dir zusammen nach Coldhill reisen und sie deiner Familie schenken. Bald, in den nächsten Wochen schon, damit dein Bruder und dein Vater das Getreide sofort nach der Schneeschmelze aussäen können und wir wissen, ob es bei euch gedeiht.“
    Wütend stemmte sie ihre Fäuste in die Taille. „Das ist Erpressung! Du weißt, dass ich dein Angebot um meiner Familie Willen annehmen muss.“
    Er nickte. „Ich gebe zu, mein Vorgehen ist nicht ganz ehrenhaft. Aber es ist der einzige Weg, dein Vertrauen zurückzugewinnen.“
    Eloïse ließ die Arme sinken und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe dich nicht, Victorian. Ich verstehe nicht, warum du mich wegstößt und mir dann wieder helfen willst.“
    Victorian senkte den Blick. Er dachte an den Morgen in Walraven zurück, als Eloïse sich die Muschelkette vom Hals gerissen hatte. In diesem Moment hatte er erkannt, dass er ihre Verachtung nicht ertragen konnte. Selbst wenn er sie nie mehr wieder gesehen hätte, ihre verzweifelten Abschiedsworte hätten ihn bis an sein Lebensende verfolgt. Er wollte Eloïse nicht mit Tränen in den Augen in Erinnerung behalten, und er wollte erst recht nicht, dass sie schlecht von ihm dachte. Und so hatte er beschlossen, nach Greystone zurückzukehren. Seine Stellung verbot ihm seine Liebe zu ihr, doch eine Freundschaft war weiterhin möglich – wenn es ihm gelang, ihr Vertrauen wieder zu erlangen. „Eloïse, ich … ich will dich nicht bedrängen. Wenn du nicht mehr mit mir sprechen willst, verstehe ich das. Die Säcke mit dem Saatgut gehören trotzdem dir.“
    Sie sah ihn lange an, bevor sie antwortete: „Also gut. Ich werde deine Hilfe annehmen, und ich werde mit dir reden. Aber ... ob ich dir je verzeihen kann, weiß ich nicht.“
    Erleichterung

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