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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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Lächeln kühlte etwas ab. „Mit wem habe ich die Ehre?“
    „Ich bin Eloïse of Coldhill“, stellte sie sich vor.
    „Sehr erfreut, Lady Eloïse.“
    Ihrem geringschätzigen Blick nach zu urteilen, wohl eher nicht , dachte Eloïse und zwang sich zu einem unverbindlichen Lächeln. „Ich hoffe, es gefällt Euch auf Greystone.“
    „Jeder Ort ist schön, wenn man mit Victorian zusammen ist“, erwiderte die junge Frau.
    Eloïse stutzte. Lag in den Worten von Lady Amira ein Hauch von Ironie? Doch sie konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn sie musste nun Victorian gratulieren. Sie knickste vor ihm, dann fixierte sie einen Punkt hinter seinem Kopf, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. „Ich wünsche dir alles Gute“, murmelte sie und drehte ihm dann sofort den Rücken zu. Er musste nicht sehen, dass ihre Augen mal wieder in Tränen schwammen. Zum Glück trat Raine sofort an ihre Stelle.
    „Glückwunsch, Euer Gnaden. Wie immer das Beste vom Besten, die schönste Frau.“ Raine beugte sich nach vorne und zischte Victorian ins Ohr: „Du bist so jämmerlich. Mir wirfst du vor, keine Manieren zu haben, aber du selbst besitzt keine Achtung vor den Gefühlen anderer! Eloïse deine Verlobte vor die Nase zu setzen, ist jenseits allen Anstands.“ Er schnaubte. „Ich hatte Eloïse gewarnt, dass du sie eines Tages fallen lassen würdest. Aber auf so geschmacklose Art und Weise ... das hätte ich nicht mal dir zugetraut!“ Raine trat einen Schritt zurück, und blickte Victorian in Erwartung einer herablassenden Erwiderung an.
    Doch Victorian schwieg und senkte den Blick.
    Verwundert betrachtete Raine ihn, da Victorian niemals die Gelegenheit für ein Wortgefecht zwischen ihnen ungenutzt gelassen hatte. Er wartete noch einen Moment, dann legte er demonstrativ seinen Arm um Eloïses Taille. „Komm, wir gehen. In dieser feinen Gesellschaft fühle ich mich nicht wohl.“
    Trotz der eisigen Temperatur führte Raine sie auf den Balkon, denn er schien zu ahnen, dass sie dringend frische Luft brauchte. Fürsorglich zog er sein Wams aus und hängte es ihr um die Schultern. „Ich hole uns etwas Heißes zu trinken“, sagte er und lief in den Saal zurück.
    Aber Eloïse spürte die Kälte nicht. Sie stand an der steinernen Brüstung und starrte in die Dunkelheit. Am liebsten hätte sie ihren Kummer und ihre Verzweiflung laut herausgeschrien, doch stattdessen rannen unaufhörlich Tränen über ihr Gesicht.
     
    Am nächsten Morgen saß Victorian im Unterricht und stützte den Kopf auf die Hände. Mit dem Verschweigen seiner Verlobung hatte er Eloïse schrecklich enttäuscht – wieder einmal. Die vergangene Woche hatte ihm Mut gemacht, dass sie wieder Freunde werden könnten. Deshalb hatte er ihr nichts von seiner Verlobung gesagt, damit Eloïse sich nicht erneut von ihm abwandte. Aber vielleicht war es auch ein Fehler gewesen, sie im Unklaren zu lassen. Victorian fuhr sich über die Augen. Er musste mit Eloïse reden, doch er hatte keine Ahnung, ob sie ihn anhören, geschweige denn seine Entschuldigung annehmen würde. Trotzdem musste er es versuchen, da die Hoffnung auf eine Freundschaft mit Eloïse das Einzige war, was das Leben, das vor ihm lag, erträglicher machte.
    Victorian nahm seine Schreibfeder und drehte sie zwischen seinen Fingern hin und her. Den ganzen Vormittag schon hatte Eloïse ihn ignoriert. Und sie hatte die Tische auseinandergeschoben, sodass sie nun nicht mehr bei ihm saß, sondern wie früher abseits in der hinteren Ecke – direkt neben Raine. Victorian bog die Feder in seiner Hand, bis sie zu knacken begann. Als Raine gestern Abend den Arm um Eloïse gelegt hatte, hätte er fast zu seinem Schwert gegriffen. Doch er musste sich damit abfinden, nur Eloïses Freund zu sein – auch wenn jede Faser seines Körpers nach etwas anderem verlangte.
    Als der Gong den Unterricht beendete und die Mittagspause ankündigte, stand Victorian entschlossen auf. Eloïse wollte gerade den Raum verlassen, und er trat schnell zu ihr. „Ich möchte mit dir reden“, bat er und legte seine Hand auf ihre Schulter, um sie am Gehen zu hindern.
    Zornig fuhr sie herum. „Oh, willst du mir mitteilen, dass du verlobt bist?“, fragte sie zynisch. „Stell dir vor, ich weiß es schon!“
    Er verstand ihre Wut nur zu gut. „Du hast selbstverständlich recht, ich hätte es dir vorher sagen sollen“, sagte er entschuldigend.
    „Allerdings!“, fauchte sie. „ Bevor ich mit dir ins Bett gegangen bin, wäre ein guter

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