Das rote Band
Moment gewesen!“
Victorian seufzte. „Es tut mir wirklich leid. Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich befürchtete, dass du dich ganz von mir abwenden würdest“, erklärte er. Er wies auf die beiden auseinandergeschobenen Tische. „Und ich hatte recht.“
„Du bist nun verlobt, Victorian. Da schickt es sich nicht, neben einer unverheirateten Frau zu sitzen, auch wenn diese Frau nur ich bin.“
„Ist das deine Meinung oder die von Raine?“, wollte er wissen. Das Bild, wie die beiden zusammen auf dem Balkon gestanden hatten, ging ihm nicht aus dem Kopf. Und die Vorstellung, dass Raine möglicherweise jetzt zu Eloïses Vertrautem wurde, ärgerte ihn.
Eloïse errötete. „Raine hat mich darauf hingewiesen, aber ich stimme ihm voll zu.“
„Und warum, wenn ich fragen darf?“
„Damit es keine Missverständnisse gibt! Es kann nur eine Frau an deiner Seite geben, und das ist ab jetzt Lady Amira. Und da du mich mit eurer Verlobung so überrumpelt hast, musste ich ebenfalls schnell handeln und habe meinen Tisch in die Ecke gerückt.“
Victorian atmete tief durch. So kam er nicht weiter. Er musste die Sache von einer anderen Seite anpacken. „Amira ist ein verständnisvoller, großzügiger und liebreizender Mensch“, erklärte er. Doch dieser Ansatz war wohl ebenfalls ungünstig, denn Eloïses Brauen zogen sich gefährlich zusammen.
„Ach, sind das seit Neustem deine Kriterien für eine passende Ehefrau?“, fragte sie spöttisch. „Ich dachte, es wären Reichtum und Status.“
„Das besitzt sie beides auch“, gestand er.
Eloïses Augen wurden schmal. „Warum ist sie mit dir in Greystone?“
„Es war Amiras eigener Wunsch, mich in die Akademie zu begleiten. Ich finde, das spricht sehr für sie. Und unsere Fahrt nach Coldhill ...“
„Waren genauso leere Worte wie alles andere!“, fiel sie ihm ins Wort.
„… findet in drei Wochen statt“, fuhr er fort. „Ich habe Amira die Notlage deiner Familie geschildert, und sie war sofort bereit, mit uns zu kommen.“
„Wie überaus großherzig von ihr“, erwiderte Eloïse ironisch. „Jetzt ist mir auch klar, warum sie mich gestern Abend so mitleidig angesehen hat.“
„Das bildest du dir nur ein!“ Victorian schüttelte den Kopf. „Niemals würde Amira auf jemanden herabsehen, nur weil er mit dem Makel eines niedrigen Standes behaftet ist.“
„Dem Makel eines niedrigen Standes?“ Eloïses Stimme überschlug sich fast. „Victorian, das reicht! Unser Gespräch ist beendet.“ Sie drehte sich der Tür zu.
„Nein!“, rief er und packte sie an der Schulter. Verdammt, wieso lief alles schief? Wieso fand er nicht mal die passenden Worte? „Eloïse, ich will, dass ...“
Sie fuhr herum und stieß seine Hand weg. „Du willst, du willst, du willst!“, schrie sie. „Hast du dich auch nur einmal gefragt, was ich will? Oder deine zukünftige Frau?“
Zornig funkelten sie einander an, und schließlich brach Victorian das Schweigen. „Eloïse, ich hatte gehofft, du und Amira könntet Freundinnen werden.“
Eloïse betrachtete ihn fassungslos. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“
Er warf ihr einen bittenden Blick zu.
„Und was willst du ihr sagen?“, erkundigte sie sich. „Amira, das ist meine gute Freundin Eloïse. Aber sei unbesorgt, sie ist hässlich, mittellos und hat ein Mundwerk wie ein Bierkutscher, und bevor du fragst: Ja, ich habe mit ihr geschlafen, aber nur aus Mitleid, damit sie in ihrem Leben wenigstens einen Mann hatte. “
„Hör auf! Du weißt überhaupt nicht, was du da sprichst!“ Ihre Worte brachten ihn an den Rand des Wahnsinns! Victorian ging zur Wand und schlug mehrmals mit den Händen gegen das Mauerwerk. Die rauen Steine schürften seine Haut auf, aber er merkte es nicht. Eloïse war das, was er am meisten begehrte – und doch nicht haben durfte. Und er wusste, dass der Schmerz darüber niemals enden würde. Kraftlos rutschten seine Hände an der Mauer herab, und er blieb mit dem Rücken zu ihr stehen.
Erstaunt sah Eloïse, dass Victorians gesamter Körper bebte. Er war vollkommen außer Fassung, ein Zustand, in dem sie ihn noch nie erlebt hatte. Trotz der schwierigen Lage musste sie lächeln. „Victorian, das wird nicht gutgehen“, sagte sie versöhnlich. „Lady Amira ist nicht dumm. Wenn du mich als deine Freundin präsentierst, wird sie sich den Rest denken können. Und ich kann mir nichts Unangenehmeres vorstellen, als die ehemalige Geliebte meines zukünftigen Gemahls kennenzulernen.“
„Sag
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