Das rote Band
sich bald ändern. Und was die Einladung betrifft, darum kümmere ich mich.“
„Oh, Bennett“, lachte Galad, der dem Gespräch gelauscht hatte, „immer so selbstlos , wenn es um schöne Frauen geht.“
„Ja, ich helfe gerne Menschen in Notlagen“, erwiderte Bennett, „Damen genauso wie jüngeren Brüdern.“ Er tätschelte Galads Wange, der daraufhin das Gesicht verzog.
Ronen verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wäre … sehr freundlich“, stimmte er schließlich widerwillig zu.
„Dem kann ich mich nur anschließen“, erklärte Joanna rasch, bevor Bennett sein großzügiges Angebot wegen Ronens reserviertem Verhalten zurücknahm. „Charlotte würde das bestimmt freuen. Oh, da kommen die beiden ja!“
Ian und Charlotte traten zu ihnen. Charlottes Augen waren gerötet, und Ian hatte den Arm fürsorglich um die Schultern seiner Schwester gelegt. Joanna schmunzelte. Ihre Freundin war die einzige Frau, bei der sie diese Geste tolerierte.
„Joanna“, sprach Charlotte sie an, „du hast dein Versprechen, dich um Ian zu kümmern, mehr als erfüllt.“
Joanna lächelte. „Ja, obwohl er es mir nicht immer leicht gemacht hat.“
„Das scheint Ians neue Lieblingsbeschäftigung zu sein“, bemerkte Ronen kühl, „andere seinetwegen in Schwierigkeiten zu bringen.“
Ian ließ Charlotte los. Sein bis dahin glücklicher Gesichtsausdruck über das Wiedersehen mit seiner Schwester verschwand, und er sah Ronen mit zusammengezogenen Brauen an.
„Ronen! Das war unnötig“, wies Charlotte ihren älteren Bruder zurecht, woraufhin sich dessen Miene genauso verfinsterte wie Ians.
„Lasst uns zur Burg gehen und das Mittagessen einnehmen“, schlug Joanna schnell vor, um einen erneuten Streit zwischen den beiden Brüdern zu verhindern. „Charlotte ist bestimmt hungrig von ihrer Reise.“
„Eine gute Idee“, erwiderte Ronen. „Charlotte, lass dich bitte von Bennett zur großen Halle begleiten. Er hat dir einen Vorschlag zu unterbreiten. Und – Joanna“, er streckte ihr seinen Arm entgegen, „es wäre mir wieder eine Ehre, dich dorthin zu führen.“
Noch bevor Joanna in irgendeiner Weise reagieren konnte, stürmte Ian an ihnen vorbei aus der Waffenhalle. Sie wollte ihm hinterherlaufen, doch Ronen hielt sie fest.
„Joanna, es war Ians unumstößlicher Wunsch, aller Welt zu verkünden, dass er ein Ehrloser ist. Je schneller er begreift, welche Einschränkungen das nach sich zieht, umso besser für ihn.“
Joanna schluckte die harsche Antwort, die ihr auf der Zunge lag, hinunter. Natürlich hatte Ronen recht: Ian musste die Folgen, die seine Entscheidung nach sich zog, akzeptieren. Aber die Art, wie Ronen ihm das klarzumachen versuchte, missfiel ihr sehr.
Während des Mittagessens überlegte Joanna, wie man das Verhältnis zwischen Ian und Ronen verbessern könnte. Bis jetzt hatte sie die beiden Brüder nur ein einziges Mal zusammen erlebt – vor einem Jahr in Darkwood. Damals hatte sie den Eindruck gewonnen, dass sie sich sehr nahestanden. Und heute? Sie saßen am Tisch so weit auseinander wie nur möglich, und Charlotte mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck zwischen ihnen. Joanna verstand, dass ihre Freundin für keinen Partei ergreifen wollte, denn das würde die Spannungen nur verstärken. Bei der Nachspeise hatte sie schließlich eine Idee. „Wie wäre es, wenn wir heute Nachmittag alle zusammen einen Ausritt machen würden? Charlotte und Ronen haben Ian sicherlich noch nie auf einem Pferd gesehen.“ Ian hatte erst in Greystone reiten gelernt, da er seit einem schrecklichen Erlebnis als Kind Angst vor Pferden gehabt hatte. Erst seinem Freund und Mitstudenten Philipp war es gelungen, ihm diese Furcht zu nehmen und Ian in mühevoller Arbeit zu einem guten Reiter auszubilden.
„Oh ja, Ronen und ich kommen mit“, antwortete Charlotte und nahm Ronen damit die Entscheidung ab. Er sah zwar nicht begeistert aus, widersprach aber auch nicht.
„Es tut mir leid, aber Galad und ich können euch nicht begleiten.“ Jake hob entschuldigend die Hände. „Es steht wichtige Korrespondenz an, die keinen Aufschub duldet.“
„Bei mir leider auch“, sagte Bennett, wobei er bedauernd in Charlottes Richtung sah.
„Also abgemacht.“ Joanna nickte Ronen und Ian zu. „Charlotte und ich müssen noch unsere Reitkleider anziehen, und wir treffen euch dann gleich im Stall.“ Sie und Charlotte erhoben sich und verließen die große Halle, gefolgt von Jake, Bennett und Galad.
Ian und Ronen
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