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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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nicht gemerkt, wie du gestern Nacht in ihr Zimmer geschlichen bist? Und wenn ich es weiß, wissen es die Dienstboten erst recht, und es wird nicht mehr lange dauern, bis ganz Telamen davon erfährt!“
    Mühsam beherrscht sah Ian ihn an. „Meine nächtlichen Besuche bei Joanna sind mit Jake abgesprochen.“
    „Dann muss Jake von Sinnen gewesen sein, als er erlaubt hat, dass seine Schwester die Geliebte eines Ehrlosen wird!“
    „Es reicht, Ronen!“, rief Ian, und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    „Nein! Mach endlich die Augen auf, Ian!“, verlangte Ronen. „Du hast unüberlegt gehandelt, und Joanna wird unter den Folgen leiden müssen. Wenn du deine Ehre nicht zurückbekommst, wird sie ihre ebenfalls verlieren. Wünschst du dir dieses Schicksal für die Frau, die du doch angeblich so liebst?“
    Ian sah Ronen bestürzt an, und sein Bruder nickte. „Soweit hast du noch nicht gedacht, ich weiß.“ Sein Tonfall wurde milder. „Allerdings gäbe es eine Möglichkeit, Joannas Ansehen zu retten und ihr ein sorgenfreies, angenehmes Leben zu ermöglichen, solltest du ein Ehrloser bleiben.“
    „Welche?“, fragte Ian leise. Ronens schockierende Schlussfolgerung lastete auf ihm wie ein Stein.
    „Sie müsste heiraten.“
    „Aber gerade sagtest du, Joanna sei durch mich gebrandmarkt“, entgegnete Ian verständnislos. „Wer würde sie dann ...“ Er sprang so plötzlich vom Stuhl auf, dass dieser krachend nach hinten umfiel. „Du?!“ Ian schlug mit der Faust auf den Tisch. „Verdammt, Ronen, du bist mein Bruder! Wie kannst du mir das antun?“
    „Beruhige dich, Ian.“ Ronen erhob sich ebenfalls. „Ich würde lediglich für deine Fehler geradestehen.“
    Ian lachte kalt. „Was du nicht sagst! Wie lange willst du Joanna schon? Oder begehrst du nur ihren Rang und ihre Mitgift für deinen gesellschaftlichen Aufstieg?“
    „Nein, ich mochte Joanna schon immer“, antwortete Ronan. „Sie ist ziemlich vorlaut, aber sehr anziehend.“ Er lächelte, doch Ian erwiderte es nicht.
    „Und jetzt siehst du deine Chance gekommen, ja?“ Ian umrundete den Tisch und ging auf Ronen zu. „Was bist du für ein Bruder? Es war leicht, großzügig und hilfsbereit zu mir zu sein, als ich noch wie ein Knecht in Darkwood gelebt habe. Aber, dass ich jetzt auch Erfolg habe, erträgst du nicht – genauso wenig wie Joannas Entscheidung für mich .“
    „Du verstehst es falsch.“ Ronen hob besänftigend die Hände. „Ich will euch nur helfen, wenn es zum Äußersten kommt. Jake wäre auch einverstanden.“ Er sah Ians Blick und redete schnell weiter: „Ein Leben als Baroness of Darkwood wäre für Joanna tausendmal besser, als mit dir wegzulaufen und dein Elend zu teilen.“
    Ians Gesicht verhärtete sich zu einer Maske, und seine Finger legten sich um den Griff seines Schwertes. „Komm Joanna nur einen Schritt zu nahe, sprich nur ein falsches Wort zu ihr ...“, er trat dicht an seinen Bruder heran, „... dann bist du derjenige, der davonlaufen muss!“
    Die Tür der großen Halle öffnete sich, und Joanna betrat mit Charlotte zusammen den Saal. „Da seid ihr ja“, rief sie vergnügt.
    „Wir warten seit Ewigkeiten bei den Ställen auf euch“, fügte Charlotte hinzu.
    Abrupt blieb Joanna stehen. „Was geht hier vor sich?“ Ihr Blick wechselte zwischen den beiden Brüdern hin und her, dann lief sie zu Ian und fasste ihn am Arm. „Was ist los?“
    „Nichts“, antwortete er. „Nur eine etwas hitzigere Diskussion.“
    „Na gut“, sagte sie unsicher, „dann können wir jetzt zu den Pferden gehen.“
    „Ich komme nicht mit“, erklärte Ronen. „Ich muss noch Briefe schreiben.“
    „Ian, kommst du?“, fragte Joanna verwirrt.
    Er blinzelte. „Ja, natürlich.“
    Die beiden Männer gingen mit starren Mienen an Joanna und Charlotte vorbei. Ronen lief zum Treppenturm und Ian in die entgegengesetzte Richtung zum Stall.
    Joanna sah Charlotte mit einem ratlosen Blick an.
    Ihre Freundin seufzte. „Ronen und Ian haben sich beide im letzten Jahr stark verändert. Bei Ian habe ich das erwartet, wie sehr sich die Umstände aber auch für Ronen gewandelt haben, begreife ich erst jetzt.“ Charlotte lächelte. „Meine Brüder müssen sich erneut kennenlernen und verstehen lernen. Doch, wie das aussieht, wird es wohl noch eine Weile dauern.“
     
    Am Abend betrat Joanna die große Halle vorsichtshalber an Galads Seite. Während des Ausrittes hatte sich Ians schlechte Stimmung zum Glück aufgehellt. Charlotte war von

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