Das rote Flugzeug
übrigen – auch wenn sie es gestohlen hätte, konnte sie es unmöglich in Brand gesetzt haben.
Bony kam nicht von der Überzeugung los, daß das Flugzeug durch Menschenhand zerstört worden war. Es gab nicht den Schatten eines Beweises dafür, und doch …
Die Frage nach dem Motiv verlangte eine Antwort, und Bony glaubte, sie liefern zu können. Die Maschine war durch Feuer zerstört worden, weil sich durch Feuer Fingerabdrücke am leichtesten löschen ließen. Dr. Knowles hatte keine Handschuhe angehabt, als er Bony nach Coolibah geflogen hatte. Wenn der Pilot der gestohlenen Maschine keine Handschuhe getragen hatte, weil er geglaubt hatte, daß sein Plan, die Maschine zum Absturz zu bringen, glücken würde, dann mußten auf den Armaturen und auf anderen Teilen des Flugzeugs seine Fingerabdrücke gewesen sein.
Dennoch, dies alles war reine Theorie, und Bony haßte Theorien, die sich nicht auf Fakten stützten. Wenn er nur eine Spur finden könnte, die bewies, daß sich ein Mensch heimlich dem verlassenen Flugzeug genähert hatte!
Nachdem sie ihr Mittagbrot gegessen hatten, gönnte er seinen Gefährten keine Ruhe. Sie kehrten an ihre Positionen zurück und nahmen die Suche wieder auf. Die Sonne setzte ihren Weg über den kobaltblauen Himmel erbarmungslos fort, und ebenso erbarmungslos suchten die drei Männer weiter nach einer Spur.
Zwanzig Minuten nachdem sie die Mittagspause beendet hatten, schallte ein Triumphschrei durch die Stille. Bony sah Shuteye neben seinem Pferd stehen und winken. Er und Bill Sikes ritten rasch zu ihm, und Bony schwang sich eilig aus dem Sattel, als er sah, daß Shuteye einen kurzen Stock in der Hand hielt.
»Der kleine Ast da ist auf dem Boden verschoben worden, das hab’ ich deutlich gesehen«, erklärte Shuteye aufgeregt.
Bony nahm das Hölzchen, und Shuteye zeigte ihm die Stellung, wo es gelegen hatte. Die Geschichte des Holzstücks – nachdem es vom Mutterast abgebrochen worden war – war klar zu lesen. Nachdem es zu Boden gefallen war, hatte der Wind auf einer Seite von ihm Sandkörner aufgehäuft. Die weißen Ameisen hatten seine Unterseite angegriffen, und nun haftete ihr klebriges Sekret an dem Holz. Die Stelle, wo der Stock vielleicht mehrere Wochen lang gelegen hatte, war durch eine leichte Vertiefung im Boden und durch das in dieser Vertiefung befindliche Termitensekret gekennzeichnet. Selbst die Stelle war deutlich erkennbar, an die der Stock aus seiner ursprünglichen Lage verschoben worden war.
Shuteye hatte, als er ihn aufgehoben hatte, sorgfältig darauf geachtet, nichts auf dem Grund ringsum zu verändern, und hätte eine Krähe auf der Jagd nach Termiten den Stock verschoben gehabt, so hätten ihre Füße Abdrücke hinterlassen. Keinerlei solche Zeichen waren zu sehen.
Bony untersuchte den Stock aufmerksam. Er war ungefähr sechzig Zentimeter lang und wog weniger als ein halbes Pfund. Von einem zackigen Ende entfernte er eine silbrig schimmernde Faser von etwa fünf Zentimetern Länge. Sie war gekräuselt und so fein wie der Faden eines Spinnennetzes. Als Bony in die lächelnden Gesichter seiner Helfer blickte, blitzten seine blauen Augen.
»Auf Coolibah werden doch keine Schafe gehalten, nicht wahr?« sagte er.
Die Schwarzen schüttelten die Köpfe.
»Und trotzdem hing hier am Ende dieses Stocks eine Schafwollfaser«, erklärte Bony. »Wie weit westlich von hier gibt es die nächsten Schafe – wißt ihr das?«
»Westlich von Coolibah ist Unesadoone. Eine große Farm. Nur Rinder«, berichtete Bill Sikes. »Mr. Kane hat immer ein paar Schafe zum Schlachten auf Tintanoo.«
»Wo werden sie gehalten?«
»In der Nähe der Farmgebäude.«
»Die Farm befindet sich nordöstlich von hier. Habt ihr schon mal Wirbelböen aus Nordosten kommen sehen?«
»Keine Spur«, antwortete Bill Sikes. »Jedenfalls nicht in diesem Sommer.«
»Folglich«, fuhr Bony fort, »kann diese Wollfaser nicht von einer Wirbelböe hierhergetragen worden sein. Kein gewöhnlicher Wind hätte sie so weit befördert. Sie wäre unterwegs an einem der vielen Bäume und Sträucher hängengeblieben. Vielleicht hat dieser Mann Wolle an den Füßen gehabt, so wie sich die Schwarzen Federn an die Füße kleben, hm?«
»Vielleicht«, stimmten sie zu.
»Auf welchen Farmen hier in der Gegend gibt es noch Schafe?«
»Windy Creek und Olarie Downs. Und der Metzger in Golden Dawn hat welche. Die läßt er auf dem Anger weiden«, antwortete Bill Sikes.
»Hm. So weit, so gut«, meinte Bony
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