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Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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paar Stunden wenigstens konnte John Nettlefold die Ruhe normaler Zeiten genießen. Den Rest des Morgens saß er im Büro über seinen Büchern. Gegen vier Uhr, als er allein seinen Nachmittagstee trank, rief Knowles an, um ihm zu sagen, daß er jetzt aus Golden Dawn abfliege. Ohne Eile fuhr Nettlefold etwas später zum Flugfeld, um ihn abzuholen.
    Im Wagen rauchte er seine Pfeife, während er wartete. Er hörte den Motor, bevor er die schwarze Maschine hoch oben am Himmel entdeckte. Wie ein fallendes Blatt schwebte sie abwärts, immer tiefer, bis auf tausend Fuß, dann schoß sie plötzlich in steilem Bogen himmelwärts, kreiste und jagte mit Geschwindigkeit auf das Flugfeld zu. Ihre Räder rissen den grauen Boden zur wirbelnden Staubwolke auf, dann kippte sie vorwärts und bohrte sich mit der Schnauze aufheulend in die Erde. Als sie schließlich stand, war der Propeller zertrümmert und das Fahrwerk abgerissen.
    Noch ehe Nettlefold die schwer beschädigte Maschine erreichte, war Knowles herausgeklettert.
    »Können Sie mir vielleicht erklären«, brüllte er wütend, »wieso ich nicht fliegen kann, wenn ich nüchtern bin?«
     
     
     
    19
    Tintanoo
     
    Napoleon Bonaparte fuhr in Nettlefolds offenem Lieferwagen durch den windstillen Tag, der vom beinahe unablässigen Grollen fernen Donners erfüllt war, und weil er allein war, sang er. Seit seinem Aufbruch aus Coolibah eine Woche zuvor war er viel gefahren und hatte viel gesungen. Jetzt, auf der Fahrt durch das endlose Gewirr der Flußkanäle zu John Kanes Haus, war er heiterer Stimmung. So wie die Zeit den Menschen den besten Kurs zur Durchquerung dieses ungewöhnlichen Flusses gezeigt hatte, so hatte sie ihm wachsendes Vertrauen in seine Fähigkeiten gegeben, die Fäden dieses Falles zu entwirren.
    Etwa in der Mitte des Flusses hielt er auf einer breiten Böschung an, die zwei Kanäle voneinander trennte, und drehte sich eine Zigarette. Im Norden und im Süden schlängelten sich die Flußarme in vielfältigen Verschlingungen unter den Coolibah–Bäumen dahin.
    Etwas im Norden standen in Reih und Glied die Telefonmasten der Verbindungsstrecke Golden Dawn–St. Albans. Sie trugen drei Kabel: Das eine endete in Tintanoo; das andere bei Gurner’s Hotel; das dritte reichte bis zur Vermittlungsstelle in St. Albans. Die starken Masten waren dazu geschaffen, den schweren Fluten des Flusses standzuhalten, dennoch mußte man immer damit rechnen, daß die Verbindung zusammenbrach, wenn dieser oder jener Mast unter dem vereinten Ansturm der Wassermassen und der Termiten umstürzte.
    Die Fahrt durch den Fluß war anstrengend. Bony hätte sie vielleicht weniger ermüdend gefunden, wäre der Weg eben und gerade gewesen; doch er schlängelte sich in unzähligen scharfen Biegungen auf und ab, die dauerndes Bremsen und Schalten erforderlich machten. Mit jeder Böschung, die Bony jetzt erklomm, konnte er die roten Dächer der Tintanoo–Farmgebäude deutlicher sehen, die unter hohen Bäumen auf einer Anhöhe inmitten niedrigerer Sanddünen verstreut waren.
    Er war noch auf dem kurvigen Pfad, als die Hofhunde ihm bellend entgegenhetzten und den steilen Weg zur Höhe hinauf begleiteten. An Stallungen vorbei und um das geräumige Leutehaus herum ging es zum Tor, von dem eine kurze Auffahrt zur Hauptveranda des weitläufigen Hauses führte.
    Alles war wie geleckt. Hinter dem Arbeiterhaus beförderten zwei geräuschlose Windmühlen Wasser in mehrere große Eisentanks, die hoch auf stabilen Gerüsten standen.
    Die Tür im Fliegengitter wurde von einem großen, kräftigen jungen Mann aufgestoßen, der gemächlich zum Tor kam, sich dort an den Zaun lehnte und Bony mit leicht geringschätziger Miene musterte. Er hatte links ein Glasauge, und an der Hand, die auf dem Zaunpfosten lag, fehlte das erste Glied des Zeigefingers.
    »Suchen Sie jemanden?« fragte er hochnäsig.
    »Äh – ja«, antwortete Bony, als hätte er den jungen Mann erst jetzt bemerkt. »Ich suche Mr. John Kane.«
    Der junge Mann fixierte ihn mit seinem rechten Auge und wies mit dem Kopf zum Bürogebäude. »Ich glaube, er ist da drüben«, sagte er und wandte sich wieder zum Haus.
    Ein feines Lächeln auf den Lippen, ging Bony zu dem weißgestrichenen Gebäude, stieg die drei Stufen zur Veranda hinauf und trat in den Büroraum, wo ein Mann in Hemdsärmeln am Schreibtisch saß.
    »Was wollen Sie?« fragte der Mann, ohne aufzublicken.
    »Ich hätte gern Mr. John Kane gesprochen.«
    »Wozu?«
    »Ich bin Inspektor Bonaparte

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