Das rote Flugzeug
wird mir nicht gelingen, die junge Frau zu retten.«
Bonys Gesicht zeigte deutlich seine tiefe Niedergeschlagenheit. Unerbittlich wälzten sich die Wolkenmassen auf Golden Dawn zu, verschlangen die gefiederten Wolkenfetzen, die vom letzten Gewitter zurückgeblieben waren, und schluckten die sonnenglänzenden Gipfel. Es begann zu regnen, noch ehe die Sonne besiegt war. Dicke goldene Tropfen fielen schwer zur Erde nieder und lösten sich dort in vielfarbigen Dunst auf.
Bony hatte gerade noch Zeit, den Wagen in Cox’ Garage zu fahren und auf die Veranda zu springen, bevor der große Regen losbrach.
23
Drohende Wolkenwand
Captain Loveacre beobachtete mit Besorgnis die wogende Wand schneeweißer Wolken, die wenig mehr als anderthalb Kilometer von der Spitze seiner Tragfläche auf Backbord entfernt war. Um die Entfernung von dieser drohenden Wand, die wie aus Schnee und Eis gemeißelt zu sein schien, zu halten, mußte er seine Maschine weiter nach Westen ziehen und den direkten Kurs nach Golden Dawn verlassen. Er hatte etwas mehr als die Hälfte der Strecke von Cloncurry zurückgelegt.
Rasch zog er die Maschine von fünf- auf zwölftausend Fuß hoch, aber immer noch türmte sich die Wolkenwand über ihm. Obwohl die Maschine für große Höhen nicht ausgerüstet war, stieg er auf fünfzehntausend Fuß, nur um eine weitere Wand zu entdecken, die sich in der Ferne Tausende von Fuß höher erhob als die erste.
Mit dieser Maschine konnte er nicht über die Wolken hinwegfliegen, und durch das Gewitter hindurchzufliegen, wäre Wahnsinn gewesen. Er warf einen Blick auf seinen Passagier, der die Flugmütze weit über die Ohren gezogen hatte. Der Alte lachte mit fast zahnlosem Mund, deutete auf die Wolkenwand und klatschte in die Hände.
»Mir soll noch mal einer sagen, die Schwarzen wären feige«, brummte Loveacre, der sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Mit donnerndem Motor ging er auf dreitausend Fuß hinunter.
Hier brummte die Maschine wieder ruhig und gleichmäßig. Ab und zu spürte Loveacre die Erschütterungen der Donnerschläge, aber ihr Krachen hörte er nicht. Hier und dort leuchteten tief orangefarbene Streifen in der mächtigen Eiswand. Die Uhr am Armaturenbrett zeigte zehn nach vier an.
Die Welt unten präsentierte sich als ein von Sonnenlicht blendend erleuchteter Halbkreis. Der Fuß der gewaltigen Wand schien auf der Erde zu lasten, die sich schnell in die Wolken hineindrehte, ganz so, als sei nur sie allein in Bewegung und nicht auch die sturmgetriebenen Wolken und das kleine Flugzeug. Direkt unter ihnen zerfiel das Land in mehrere Farben: Grau und Braun und Blaugrün. Westwärts war die Färbung eintöniger, ein durchgehendes Dunkelgrün, Zeichen, daß das Land dort eben war.
Weit westlich von seinem ursprünglich abgesteckten Kurs, sagte sich Loveacre, daß er wenigstens so nahe wie möglich bei Golden Dawn landen müsse. Zwei Minuten später beschloß er, auf dem natürlichen Flugfeld nördlich von Coolibah aufzusetzen, selbst auf das Risiko hin, daß die Maschine auf dem weichen Boden Schaden nehmen würde. Seines Wissens gab es westlich davon keinerlei Landemöglichkeiten außer dem Emu Lake. Es gab hier keine Weizenfelder oder Wiesen, keine brachliegenden Weiden. Das Land, das aus der Luft bretteben erschien, konnte in Wirklichkeit so wellig und zerklüftet sein, daß die Maschine bei einer Landung unweigerlich zerschellen würde.
Jetzt erschien die Erde unter ihnen wie ein dunkelgrüner Teppich, auf dem ein Anstreicher achtlos hellbraune Farbkleckse verstreut hatte – Sanddünen inmitten des Buschs. Die Maschine näherte sich einem breiten Landstreifen, auf dem in klar wahrnehmbaren geordneten Reihen Bäume standen. Loveacre wußte, daß dies das vielarmige Flußbett der Diamantina war, zu dem das Gewitter ihn unaufhörlich nähertrieb.
Immer noch m der Hoffnung, nördlich von Coolibah landen zu können, flog er weiter, doch die Hoffnung erlosch, als er auf die Ostseite des Flusses abgedrängt worden war und nun weder die Häuser von Tintanoo noch von Coolibah sehen konnte. Er folgte den auf der Ostseite gelegenen Kanälen eine Weile, doch schließlich drückte das Gewitter ihn allmählich über den Fluß auf die Westseite.
Alle Hoffnung, bei Coolibah zu landen, verflog. Auf seinem Notizblock machte er einige hastige Kalkulationen und kam zu dem Schluß, daß er sich knapp siebzig Kilometer nördlich der Tintanoo–Farm befand. Siebzig Kilometer – zwanzig Minuten in
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