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Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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zum großen Tisch, und sie setzten sich dort nieder.
    »Ich will Ihnen sagen, was ich mir antue«, erwiderte er mit einem Ton grimmigen Triumphs in der Stimme. »Zum erstenmal seit 1917 habe ich volle achtundvierzig Stunden ohne Whisky gelebt. Sie können sich kaum vorstellen, was mich das gekostet hat. Sie können nicht ahnen, was ich auf mich nehmen mußte, um achtundvierzig Stunden frei zu sein.«
    Knowles holte einmal tief Atem, dann erzählte er ihr, was er vorher schon Bony berichtet hatte – von dem Mädchen, das er geliebt und das bei einem Bombenangriff umgekommen war.
    »Diese junge Frau hier ist das Abbild des Mädchens, das damals in meinen Armen starb«, erklärte er der erstaunten Elizabeth. »In dieser Nacht bin auch ich gestorben. Aber ich war zu feige, um mir das Leben zu nehmen. Statt dessen flüchtete ich mich in den Alkohol und suchte dort Vergessen. Und dann – dann sehe ich hier in diesem Zimmer in der Gestalt dieser jungen Frau das Mädchen wieder, das ich damals geliebt habe. Die Ähnlichkeit ist unglaublich. Vom ersten Moment an war mir klar, daß ich sie unbedingt retten muß, aber ich wußte auch, daß ich mich aus den Fesseln des Alkohols befreien muß, wenn ich das schaffen will. Und es ist mir gelungen – ich habe mich befreit. Ich habe den Alkohol besiegt. Ich weiß, daß ich ihn nie wieder brauchen werde. In diesen langen Wochen habe ich mit tausend Teufeln gekämpft – realen Teufeln –, und ich habe gesiegt. Ihretwegen habe ich gesiegt.«
    Elizabeth liefen die Tränen über die Wangen. »Ja, ich habe gesiegt«, fuhr er fort. »Aber wozu? Wozu habe ich gekämpft, wenn es uns nicht gelingt, sie zu retten? Ich liebe sie. Ich bin achtunddreißig Jahre alt. Sie ist vielleicht dreiundzwanzig. Sie könnte mich niemals lieben – wenn wir sie retten sollten –, aber das ist weit weniger wichtig als die Tatsache, daß ich sie liebe. Ein Lächeln von ihr wäre mir Lohn genug für alle Kämpfe. Ich erwarte nichts. Ich erwarte nichts von ihr und nichts von Gott, außer daß ihr Leben erhalten bleibt … und jetzt – jetzt dieses schreckliche Gewitter.«
    Er schwieg nach diesem Ausbruch, und eine Zeitlang konnte Elizabeth kein Won sagen.
    »Ich habe gemerkt, daß sie Ihnen sehr am Herzen liegt, Doktor«, sagte sie schließlich leise. »Aber sie wird nicht sterben. Sie darf nicht sterben nach allem, was wir für sie getan haben. Nach dem, was sie, ohne es zu wissen, für Sie getan hat. Wenn Inspektor Bonapartes Freund, der Häuptling, kommt …«
    »Es wäre vielleicht möglich gewesen, Miss Nettlefold, wenn er letzte Woche gekommen wäre«, erklärte Knowles. »Aber jetzt – wie soll ein Mensch die Gedanken eines anderen lesen, wenn dessen Geist ausgelöscht ist? Für sie kommt jede Hilfe zu spät.«
    Es war elf Uhr in Golden Dawn, und es hatte zu regnen aufgehört. Im Osten zeigten sich die Sterne, doch fern im Westen erleuchteten noch immer Blitze den dunklen Himmel.
    In Cox’ Büro saß Bony am Telefon, auf dem Schreibtisch die große Karte ausgebreitet. Er nahm den Hörer ab und rief die Vermittlung an.
    »Ist es Ihnen gelungen, nach Tintanoo oder zu Gurner’s Hotel durchzukommen?«
    »Nein. Die Leitung ist immer noch gestört«, antwortete der Nachttelefonist.
    »Hm. Bitten Sie Mr. Watts ans Telefon.«
    Es dauerte einen Moment, dann meldete sich der Postbeamte.
    »Es tut mir leid, daß ich Sie gezwungen habe, so lange Dienst zu machen, Mr. Watts«, sagte Bony mit Bedauern. »Offenbar sind im Westen alle Leitungen zusammengebrochen. Wahrscheinlich ist ein Mast vom Blitz getroffen worden.«
    »Ja, das wird es sein. Es ist sehr nett von Ihnen, daß Sie so lange im Dienst geblieben sind, aber ich denke, jetzt ist es wirklich nicht mehr nötig.«
    »Das geht schon in Ordnung, Mr. Bonaparte«, erwiderte Watts eilig. »Ich versuche, St. Albans auf einem Umweg zu erreichen. Ich bin nach Springvale im Norden durchgekommen.«
    »Gut. Unserer Berechnung nach könnte Loveacre weit im Süden bei Monkira gelandet sein. Wann schicken Sie einen Mann los, um die Leitung reparieren zu lassen?«
    »Gleich morgen früh.«
    »Folgen die Masten der Straße?«
    »Nicht überall. Aber mein Mann fährt mit dem Wagen raus, und es wird sicher nicht lange dauern, bis er die Schadstelle entdeckt und repariert hat. Ich melde mich, sobald ich St. Albans erreichen kann.«
    »Vielen Dank.«
    Bony legte auf, schob den Apparat weg und machte sich wieder über das Studium der Karte. Cox saß neben ihm in seinem

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