Das Rote Kornfeld
wie verloren im Kreis umher und murmelte unverständlich vor sich hin. Vater sah ihm in das schweißüberströmte, fettige Gesicht. Seine Augenlider zuckten wie der Kopf eines pickenden Huhns.
Ein schmaler Blutfaden tröpfelte aus den Löchern, die Onkel Luohans Ohren gewesen waren. Ohne sie glich sein Kopf einem glatten, formvollendeten Ei.
Wieder brüllte der japanische Offizier etwas.
Der Übersetzer befahl: «Los, mach schneller!»
Sun Fünf bückte sich und schnitt mit einem Streich Onkel Luohans Geschlechtsteile ab. Dann legte er sie auf die Platte, die der japanische Soldat hielt. Der trug die Platte in Augenhöhe vor sich her und marschierte wie eine Puppe vor der Menge vorbei. Vater fühlte, wie sich Großmutters eisige Finger in seine Schultern bohrten.
Der japanische Soldat stellte dem Hund die Platte vor die Schnauze. Der knabberte ein wenig daran und spuckte das Zeug aus.
Onkel Luohan brüllte vor Schmerz. Sein hagerer Körper hing wild zuckend an dem Gerüst.
Sun Fünf ließ das Metzgermesser fallen, warf sich auf die Knie und begann laut zu weinen.
Der japanische Offizier ließ die Leine los, und der Wachhund stürzte vor, grub seine Klauen in Suns Schulter und entblößte die Zähne vor seinem Gesicht.
Der japanische Offizier pfiff, und der Hund sprang, die Leine hinter sich herschleifend, zu seinem Herrn zurück.
«Zieh ihm die Haut ab, und mach schnell!» verlangte der Übersetzer.
Sun Fünf erhob sich mühsam, hob sein Metzgermesser auf und torkelte auf Onkel Luohan zu.
Alle richteten ruckartig die Köpfe auf, als sich aus Onkel Luohans Mund eine Flut von Beschimpfungen ergoss. Sun Fünf bat: «Älterer Bruder ... älterer Bruder ... versuch es noch eine Weile auszuhalten ...»
Onkel Luohan spuckte ihm blutigen Schleim ins Gesicht.
«Zieh ihm die Haut ab! Verflucht seien deine Vorfahren. Zieh ihm schon die Haut ab!»
Sun Fünf setzte die Klinge an der Stelle an, wo sich auf Onkel Luohans Kopfhaut eine Schorfkruste gebildet hatte. Einmal, zweimal ... exakt geführte Schnitte. Onkel Luohans Kopfhaut fiel ab und legte zwei grünblaue Augen und ein paar unförmige Fleischklumpen frei.
Vater hat mir später erzählt, dass sich noch nachdem Onkel Luohan kein Gesicht mehr hatte, Schreie und gurgelnde Geräusche dem Mund entrangen, der jede Form verloren hatte, und endlose Ströme von hellem rotem Blut über seinen blassen Kopf liefen. Sun Fünf schien keinem Menschen mehr zu gleichen. Sein makelloses Messer erzeugte einen perfekt geschnittenen Balg. Als sich Onkel Luohan in einen Haufen Fleischbrei verwandelt hatte, kochten und wallten seine Eingeweide, und Schwärme von grünen Fliegen tanzten über ihm in der Luft. Die Frauen lagen auf den Knien und heulten herzzerreißend. In dieser Nacht fiel ein schwerer Regen und wusch den Platz von jedem Tropfen Blut rein. Er schwemmte Onkel Luohans Leiche und die Haut, die sie umgeben hatte, weg. Die Nachricht, dass die Leiche verschwunden war, verbreitete sich im Dorf. Sie ging von einem Mund zu zehn anderen, zu Hunderten, von dieser Generation zur nächsten, bis sie zu einer wunderschönen Legende wurde.
«Wenn er sich einbildet, er kommt mit seinen Spielchen durch, reiß ich ihm den Kopf ab und benutze ihn als Pisspott!» Die Sonne schien kleiner zu werden, als sie am Himmel aufstieg und weißglühende Strahlen aussandte. Ein Schwarm Wildenten flog durch den sich schnell zerstreuenden Nebel über den Hirsefeldern, dann noch ein Schwarm. Die Trupps von Zugführer Leng waren immer noch nicht aufgetaucht. Allenfalls ein wilder Hase störte gelegentlich den Frieden der Landstraße. Ein wenig später flitzte ein Rotfuchs aufmerksam über die Straße. «He!» rief Kommandant Yu, nachdem er Zugführer Leng ausgiebig beschimpft hatte. «Alles aufstehen. Es sieht aus, als hätte dieser Schweinehund, der pockennarbige Leng, uns reingelegt.»
Genau darauf hatten die Männer, die es müde waren, herumzuliegen, gewartet. Sie waren schon aufgestanden, noch bevor Kommandant Yus Befehl verklungen war. Einige saßen auf der Böschung und rauchten eine Zigarette, andere, die lange genug gewartet hatten, pissten erleichtert.
Vater sprang auf die Böschung. Sein Kopf war voller Erinnerungen an das vergangene Jahr. Der Kopf des gehäuteten Onkel Luohan schwamm vor seinen Augen vorbei. Vom plötzlichen Auftauchen der Männer am Ufer aufgescheucht, ließen die Wildenten sich in kleinen Gruppen wieder auf einer nahegelegenen Sandbank nieder und watschelten dort
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