Das Rote Kornfeld
schienen zu schrumpfen, ihre Gesichter wurden tonfarben und schwarz. Die Krähen und Spatzen verstummten plötzlich, und man konnte das Hecheln des Wachhunds hören. Der Offizier, der ihn an der Leine hielt, furzte laut. Bevor die Marionettensoldaten das seltsame blutige Wesen zu dem Gerüst hinüberzerrten, ließen sie es wie einen toten Haufen knochenloses Fleisch auf den Boden fallen.
«Onkel Luohan»», schrie Vater auf.
Großmutter hielt ihm wieder den Mund zu.
Onkel Luohan begann, sich unter dem Gerüst auf dem Boden hin und her zu wälzen. Er bäumte sich auf und streckte den Hintern in die Luft. Dann hob er sich auf die Knie, stützte sich auf die Hände und streckte die Arme aus. Sein Gesicht war so geschwollen, dass die Haut glänzte. Die Augen waren nur noch Schlitze, aus denen schmale grünliche Lichtstrahlen drangen. Vater war überzeugt, dass Onkel Luohan ihn sehen konnte. Sein Herz schlug wie ein Hammer gegen den Brustkorb, aber er wusste nicht, ob vor Angst oder vor Wut. Er wollte schreien, aber Großmutters Hand lag fest auf seinem Mund.
Der Offizier mit dem Hund rief der Menge etwas zu, und ein Chinese mit kurzgeschorenem Haar übersetzte.
Vater hörte nicht alles, was der Übersetzer sagte. Großmutters Hand war so fest auf seinen Mund gepresst, dass er kaum atmen konnte und seine Ohren rauschten.
Zwei Chinesen in schwarzen Uniformen zogen Onkel Luohan nackt aus und banden ihn an das Gerüst. Der japanische Offizier gab ein Handzeichen, und zwei weitere Männer in schwarzen Uniformen zerrten und schoben Sun Fünf, den geschicktesten Schweinemetzger im Dorf, ja in der ganzen Gemeinde Nordost- Gaomi, aus der Umzäunung.
Sun Fünf war ein kleingewachsener, fetter kahlköpfiger Mann mit einem gewaltigen Wanst, einem roten Gesicht und winzigen, eng beieinanderstehenden Augen, die beinahe unter dem Nasenrücken verschwanden. Er hielt ein Metzgermesser in der linken Hand und einen Eimer Wasser in der rechten. So taumelte er auf Onkel Luohan zu.
Der Übersetzer sagte: «Der Kommandant will, dass du ihn häutest. Wenn du keine anständige Arbeit leistest, wird sein Hund dir das Herz aus dem Leib reißen.»
Sun Fünf gab undeutlich murmelnd zu verstehen, dass er den Befehl verstanden hatte. Seine Augen zuckten nervös. Das Messer zwischen den Zähnen haltend, hob er den Eimer und goss Wasser über Onkel Luohans Schädel. Als ihn das kalte Wasser traf, riss Onkel Luohan den Kopf hoch. Blutiges Wasser strömte ihm über Gesicht und Nacken und sammelte sich in schmutzigen Pfützen vor seinen Füßen. Einer der Aufseher brachte einen zweiten Eimer Wasser vom Fluss. Sun Fünf tränkte einen Lappen mit Wasser und säuberte Onkel Luohans Gesicht. Als er fertig war, zuckte sein Hintern. «Älterer Bruder ...»
«Bruder», sagte Onkel Luohan, «bring mich schnell um. Ich werde es dir nicht vergessen, wenn ich bei den Gelben Quellen bin.»
Der japanische Offizier brüllte irgend etwas.
«Mach schon!» sagte der Übersetzer.
Sun Fünfs Gesicht verdunkelte sich, während er nach Onkel Luohans Ohr griff und es zwischen zwei Fingern festhielt. «Älterer Bruder»», sagte er, «ich kann nichts daran ändern ...»
Vater sah, wie Suns Messer sich mit sägender Bewegung in die Haut über Onkel Luohans Ohr bohrte. Onkel Luohan schrie vor Schmerz, und ein Strahl gelber Pisse fiel zwischen seinen Beinen zu Boden. Vater zitterten die Knie. Ein japanischer Soldat mit einer Porzellanplatte stellte sich neben Sun Fünf. Der legte das große knubbelige Ohr auf die Platte. Dann schnitt er das andere Ohr ab und legte es neben das erste. Vater sah, wie die Ohren auf der Platte zuckten. Es machte ein pochendes Geräusch.
Der japanische Soldat marschierte langsam an den Zwangsarbeitern und den Dorfbewohnern vorbei und hielt ihnen die Platte vors Gesicht. Vater blickte auf die blassen schönen Ohren. Das Pochen war jetzt noch deutlicher zu hören.
Der japanische Soldat präsentierte die Ohren dem japanischen Offizier, der ihm zunickte. Dann stellte er die Platte neben die Leiche seines toten Kameraden. Nach einem Augenblick des Schweigens nahm er sie wieder und stellte sie dem Hund vor die Schnauze.
Die hin und her schlenkernde Zunge des Hundes zog sich in das Maul zurück. Mit seiner spitzen, feuchten schwarzen Nase schnüffelte er an den Ohren. Dann schüttelte der Hund den Kopf, ließ die Zunge heraushängen und setzte sich auf die Hinterbeine.
Der Übersetzer schrie Sun Fünf an: «Los, mach weiter!»
Sun Fünf lief
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