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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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die Nachricht erhielt, dass ihr Mann ermordet worden sei, überwältigte sie unerträglicher Kummer, ihr Mund spie Blut, und ihr schwarzes Haar löste sich in kindlich pietätvoller Ehrfurcht. Wie könnte eine gute Frau wie diese eine Ehebrecherin sein und den Tod ihres eigenen Gatten planen? Dorfvorsteher Shan Wuhou, deine kranke Blässe verrät den Opiumraucher und den Spieler. Wie kannst du, der Dorfvorsteher, es wagen, die Gesetze zu brechen? Das ist unverzeihlich; und dann erst die Verleumdungen, mit denen du den guten Ruf einer Unschuldigen besudelt hast! Die Liste deiner Verbrechen wird immer länger. Mich kannst du nicht betrügen. Die Anhänger der Übeltat und der Gesetzlosigkeit werden dem Auge des Gesetzes nicht entgehen. Du musst es gewesen sein, der Shan Tingxiu und seinen Sohn ermordet hat, um an das Vermögen der Familie Shan und die liebliche Frau aus der Familie Dai heranzukommen. Du wolltest die Behörden hinters Licht führen und mich betrügen. Das ist, als wolltest du vor der Türe Lu Bans, des Gottes der Zimmerleute, vorführen, wie geschickt du mit einer Axt umgehen kannst, als wolltest du deine Schwertkünste vor der Tür des Kriegsgottes Fürst Guan vorführen, als hättest du beschlossen, Konfuzius den Drei-Zeichen-Klassiker vorzulesen, als wolltest du dem großen Naturforscher Li Shizhen das Gedicht vom Wesen der Pflanzen ins Ohr flüstern. Nehmt ihn fest!»
    Ein paar Soldaten stürzten herbei und fesselten Shan Wuhou die Hände hinter dem Rücken. «Ich bin nicht schuldig, Euer Ehren, ich bin unschuldig. Hoher Richter, Euer Ehren . ..», schrie er und hörte nicht auf, um Gnade zu flehen.
    «Stopf ihm das Maul mit der Schuhsohle!»
    Der kleine Yan zog einen extra zu diesem Zweck angefertigten großen Schuh aus dem Gürtel und schlug Shan Wuhou dreimal über den Mund.
    «Hast du sie umgebracht oder nicht?»»
    «Ich bin unschuldig, unschuldig, unschuldig ...»
    «Wenn du es nicht warst, wer war es dann?»
    «Es war ... um Gottes willen, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht ...»
    «Vor ein paar Minuten wusstest du noch genau Bescheid, und jetzt willst du von nichts wissen. Noch einmal die Schuhsohle!»
    Der kleine Yan schlug Shan Wuhou ein dutzendmal mit dem Schuh auf den Mund. Von den aufgeschlagenen Lippen sprudelte blutiger Schaum. «Ich glaube ... ich meine ...»
    «Wer ist der Mörder?»»
    «Es ist . ..es ist ...es war ein Bandit, Blatternacken war es!»
    «Du hast ihn dazu angestiftet, oder?»
    «Nein! Es war, es war ... bitte nicht schlagen, Väterchen!»
    «Hört auf mich», sagte Cao Mengjiu, «seit ich mein Amt als Richter und oberster Beamter im Bezirk übernommen habe, habe ich mich bemüht, Opium, Glücksspiel und Banditentum auszurotten, und ich habe bei den ersten zwei Aufgaben schon beachtliche Erfolge erzielt. Nur das blühende Banditenwesen stellt in der Nordostgemeinde noch ein schwerwiegendes Problem dar. Die Bezirksregierung hat alle gesetzestreuen Bürger aufgefordert, Informationen weiterzugeben, ungewöhnliche Vorfälle zu melden und die Schuldigen zu entlarven, um dem Land Frieden zu schenken. Da die Frau aus dem Hause Dai durch gültigen Ehevertrag mit der Familie Shan verbunden war, kann sie deren Hab und Gut in Besitz nehmen. Wer den Versuch macht, diese arme Witwe zu übervorteilen oder sie dessen zu berauben, was ihr von Gesetzes wegen zusteht, wird des Banditentums angeklagt und entsprechend bestraft werden.»»
    Großmutter trat drei Schritte vor, kniete vor Richter Cao nieder, hob ihr liebliches Gesicht dem seinen entgegen und rief aus : «Väterchen! Du bist mein wahrer Vater!»
    «Ich bin nicht dein Vater»», verbesserte sie Richter Cao. «Dein Vater steht da drüben und hält seinen Esel.»
    Auf Knien kroch sie näher an den Richter heran und umklammerte seine Beine.
    «Väterchen, mein wahrer Vater! Jetzt, wo du Bezirksrichter geworden bist, kennst du deine eigene Tochter nicht mehr? Vor zehn Jahren bist du mit deiner Tochter vor der Hungersnot geflohen und hast sie verkauft. Vielleicht kennst du mich nicht mehr, aber ich erkenne dich ...»
    «Oh, oh! Was ist das für ein wirres Gerede? Das ist doch alles Unsinn!»
    «Väterchen, wie geht es Mutter? Mein kleiner Bruder muss jetzt dreizehn sein. Geht er in die Schule? Vater, du hast mich für zwei Scheffel rote Hirse verkauft. Ich habe deine Hand umklammert und wollte nicht loslassen. Da hast du gesagt: