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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Großmutter kommen sahen, warfen sie sich mit Feuereifer in die Arbeit. Von seinem Sitz auf dem Brennholzstapel starrte Yu Zhan’ao, der aussah wie ein abgerissener, schmutziger Bettler, Großmutter mit einem kalten Licht in den Augen an.
    «Ich wollte sehen, wie die rote Hirse zu Hirsebrand wird», sagte Großmutter.
    Onkel Luohan zog einen Hocker für sie heran.
    Die Männer fühlten sich durch Großmutters Anwesenheit geehrt und arbeiteten wie nie zuvor. Der Heizer warf immer neues Holz nach und hielt die Flammen hoch, die den Boden des Kochers bedeckten. Das Wasser warf Blasen, und das Zischen des Dampfs, der sich seinen Weg durch den Destillator suchte, mischte sich mit dem Stöhnen der Arbeiter. Nachdem sie den Destillator mit Maische gefüllt hatten, setzten sie einen dicht schließenden wabenförmigen Deckel darauf und ließen die Mischung kochen, bis kleine Dampffäden aus den winzigen Öffnungen im Deckel aufstiegen. Dann trugen sie einen seltsamen Gegenstand aus Zinn und zwei Deckplatten herbei. Onkel Luohan erklärte Großmutter, dass das ein Destillator sei. Sie trat heran, um ihn näher anzusehen, und kehrte dann wortlos an ihren Platz zurück.
    Die Männersetzten den Zinndestillator über den hölzernen, um den Dampf festzuhalten. Das einzige, was man hörte, war das Röhren des Feuers unter dem Kocher. Der Holzdestillator leuchtete in einem Augenblick weiß, im nächsten orange und verströmte einen zarten, süßlichen Duft, der dem von Hirsebrand ähnlich und doch nicht gleich war.
    «Kaltes Wasser!» kommandierte Onkel Luohan.
    Ein paar Männer stiegen auf eine Bank und begannen, kaltes Wasser in die eingebuchtete Mitte des Zinndestillators zu gießen. Ein anderer, der ebenfalls auf der Bank stand, rührte das Wasser mit einem Gegenstand um, der aussah wie ein Ruder. Nach etwa der Hälfte der Zeit, die ein Räucherstäbchen braucht, um zu verbrennen, stieg der wohlbekannte Geruch von Hirsebrand in Großmutters Nase.
    «Macht euch bereit, den Brand aufzufangen», rief Onkel Luohan.
    Zwei Männer eilten mit Krügen herbei, die aus gewachstem Schilf gewoben, mit zehn Schichten Papier überspannt und dann mit Lack überzogen waren. Sie stellten sie unter die Hähne des Destillators, die aussahen wie Entenschnäbel.
    Großmutter stand auf und blickte gebannt auf die Hähne. Der Heizer schob mit Fichtenöl getränkte Holzstücke in die Öfen, die laut knisterten und weiße Rauchwolken von sich gaben. Funken glitzerten auf den fettigen, verschwitzten Brustkörben der Männer.
    «Wasser wechseln!» rief Onkel Luohan.
    Zwei Männer rannten auf den Hof und kamen mit vier Eimern kühlen Brunnenwassers zurück. Der Mann auf der Bank legte einen Hebel um, ließ das erhitzte Wasser von der Oberseite des Destillators ab, goss frisches Wasser nach und rührte dabei die ganze Zeit um.
    Die hohen Öfen ragten eindrucksvoll auf. Die Arbeiter erfüllten ihre Pflichten sorgfältig. Großmutter war vorn feierlichen, heiligen Wesen der Arbeit gerührt. Gerade in diesem Augenblick fühlte sie, wie mein Vater sich in ihrem Leib bewegte, und sie sah hinüber zu Yu Zhan’ao, der auf dem Brennholzstapel lag und sie bösartig ansah. Seine Augen waren die einzigen kalten Flecken in dem dampfenden, heißen Brennereizelt. Die Wärme in ihrem Herzen wich plötzlicher Kühle. Sie wandte die Augen von ihm ab und sah ruhig den zwei Männern mit den Krügen zu, die auf das Ausströmen des Branntweins warteten.
    Dampfschwaden stiegen aus dem hölzernen Destillator auf, und der Duft wurde immer stärker. Großmutter sah, wie die Hähne heller wurden, wie ihr Glühen für einen Augenblick erstarrte, wie sie sich dann leicht bewegten, als die ersten hellen Tropfen wie Tränen in die Schnapskrüge rollten.
    «Wasser wechseln», rief Onkel Luohan, «schürt das Feuer!»
    Die beiden Männer eilten zum Brunnen und kamen mit frischem Wasser wieder. Als das kühle Wasser nachgegossen wurde, strömte heißes Wasser aus den offenen Hähnen, so dass die niedrige Temperatur am Deckel erhalten blieb und der Dampf zwischen den beiden Platten des Destillators sich abkühlte und flüssig aus den Ablasshähnen strömte.
    Der erste Brand, der sich sammelte, war warm, durchsichtig und dunstig. Onkel Luohan griff nach einer sauberen Schöpfkelle, füllte sie zur Hälfte und reichte sie Großmutter. «Probier den Branntwein, Herrin.»»
    Der volle Duft ließ ihre Zunge zucken. Vater rührte sich wieder in ihrem Bauch. Er wollte Hirsebrand. Erst roch sie

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