Das Rote Kornfeld
schleppte die Bank an die Mauer. Als er darauf stieg und sich aufrichtete, reichte ihm die Mauer bis zur Brust. Ein Licht hinter dem Fenster beleuchtete den Scherenschnitt. Die Herrin spielte auf ihrem Bett mit Lian’er. «Was seid ihr doch für ungezogene kleine Affen»», hört er die alte Liu sagen, «Schluss jetzt, Schlafenszeit.» Dann sagte sie noch: «Lian’er, sieh nach, ob der Teig schon aufgegangen ist.»»
Das Schwert im Mund, kletterte er auf die Mauer. Die fünf Hunde witterten ihn, stürzten auf ihn los, blickten in die Höhe und begannen so furchterregend zu bellen, dass er das Gleichgewicht verlor und von der Mauer in den Westhof stürzte. Wäre Großmutter nicht aus dem Haus geeilt, um nachzusehen, was vor sich ging, hätten ihn die Hunde wohl in Stücke gerissen.
Erst rief Großmutter die Hunde zurück, dann rief sie nach Lian’er und einer Laterne.
Mit dem Nudelholz in der Hand kam die alte Liu auf ihren großen Füßen, die früher einmal gebunden gewesen waren, angerannt und schrie: «Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!»»
Dann kam Lian’er mit der Laterne, und Licht fiel auf sein angeschlagenes Gesicht. «Du bist es also!» stieß Großmutter zwischen den Zähnen hervor.
Sie hob das Schwert vom Boden und drehte es in den Händen, sah es sich gründlich an und steckte es dann in den Ärmel. «Lian’er, hol Onkel Luohan!»
Kaum hatte Lian’er das Tor geöffnet, da stand Onkel Luohan schon im Hof. «Was gibt es, Herrin?»
«Dein Arbeiter da ist betrunken.»
«Das ist er»», bestätigte Onkel Luohan.
« Lian’er», sagte Großmutter, «bring mir meine Rute!»
Lian’er holte die weiße Weidenrute. «Das wird dich ernüchtern», sagte Großmutter.
Sie ließ die Gerte durch die Luft schwirren und hart auf Yu Zhan’aos Hintern aufprallen.
Unter dem Schmerz verspürte er eine betäubende Wollust, die ihm in den Hals stieg, seine Zähne in Bewegung setzte und sich als sinnloses Stammeln aus seinem Mund ergoss: «Mama, Mama, Mama ... Mama ... Mama ...»
Großmutter prügelte auf ihn ein, bis ihr Arm lahm wurde. Dann ließ sie die Gerte sinken und stand erschöpft und keuchend da.
«Bring ihn zurück», sagte sie.
Onkel Luohan wollte Yu Zhan’ao auf die Füße helfen, aber der weigerte sich aufzustehen und stammelte immer nur: «Mama, noch ein paar Schläge ... Mama, noch ein paar Schläge ...»
Großmutter schlug ihn mit aller Kraft zweimal auf den Nacken. Wie ein kleiner Junge rollte er auf dem Boden herum und strampelte mit den Beinen in der Luft. Onkel Luohan holte ein paar Arbeiter, die ihn in den Schlafsaal schleppten und aufs Bett warfen. Zuckend und zitternd wie eine Libelle lag er da, und aus seinem Mund ergoss sich ein unablässiger Strom von schmutzigen Flüchen. Onkel Luohan nahm einen Krug Branntwein, befahl den Arbeitern, ihn an Händen und Füßen festzuhalten, und goss ihm den Schnaps in die Kehle. Als die Männer ihn losließen, fiel sein Kopf zur Seite, und er sagte kein Wort mehr. «Hast du ihn ertränkt?» fragte ein Arbeiter ängstlich und hob die Laterne. Mit verzerrtem Gesicht nieste Yu Zhan’ao einmal kräftig, und die Lampe erlosch.
Er wachte nicht auf, bevor die Sonne drei Stock hoch am Himmel stand. Neugierig beobachteten ihn die Männer, als er zur Brennerei ging, als laufe er auf Watte. Er erinnerte sich an die Prügel, die er am Abend zuvor bezogen hatte, und strich sich über Hals und Hintern, aber es schmerzte ihn nichts. Durstig griff er nach einer Kelle, schöpfte eine halbe Kelle voll Hirsebrand aus dem Durchfluss, warf den Kopf in den Nacken und trank gierig.
Du der Fiedler sagte: «Kleiner Yu, deine Mama hat dich aber gestern tüchtig verprügelt. Wette, du kletterst nicht so bald wieder auf die Mauer.»
Bis dahin war der düstere junge Mann den anderen ein wenig furchteinflößend erschienen, aber die Furcht war verflogen, als sie seine mitleiderregenden Schreie hörten, und jetzt überboten sie sich gegenseitig mit ihren Neckereien. Ohne ein Wort zu erwidern, griff er nach einem von ihnen, ballte die Faust und schlug sie ihm voll ins Gesicht. Ein rascher Blickwechsel, und die anderen stürzten sich auf ihn, warfen ihn zu Boden und begannen, mit Händen und Füßen auf ihn einzuprügeln. Als sie genug hatten, zogen sie ihm den Gürtel aus, steckten ihm den Kopf zwischen die Beine, banden ihm die Hände hinter dem Rücken zusammen und ließen ihn so auf dem Boden liegen.
Wie ein Tiger in der Wüste oder ein Drache in den Dünen kämpfte Yu
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