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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Möhren und Lauch. Das könnte eine leckere Mahlzeit werden, wenn nicht Antonie sie zubereiten würde. Sie beschloss, doch lieber noch einen Apfel zu essen.

    Der Gedanke an Georg und das, was er tun würde, wenn er erfuhr, dass sie das Haus verlassen hatte, ließ sie den ganzen Morgen nicht los. Wahrscheinlich würde das Schiff erst am Nachmittag eintreffen, das hatte sie von einem ihrer Schreiber erfahren, den sie vor ein paar Tagen auf dem Markt getroffen hatte. Trotzdem traute sie sich nicht, aus dem Haus zu gehen.
    Den ganzen Tag nähte sie an ihrem neuen Sommerkleid in den frischen zarten Farben. Sie beherrschte inzwischen die Nähmaschine sehr gut, besonders die geraden langen Nähte der Röcke fertigte sie ungleich schneller als früher. Am Nachmittag bat sie Clara, deren Schneiderpuppe benutzen zu dürfen, um die Verzierungen des Rockes besser anheften zu können. Sie war gerade im Lagerraum damit beschäftigt, als sie aus dem Laden eine laute Stimme hörte, die jedes Gespräch der anderen Kunden, die Clara gerade bediente, verstummen ließ.
    «Wo ist meine Schwester?»
    Und dann stand Georg in der Tür zwischen Lager und Laden. Er hatte noch nicht einmal seine Reisekleidung gewechselt. «Auf der Stelle kommst du nach Hause, Lina», brüllte er.
    «Das werde ich nicht.» Lina blieb ruhig, obwohl sie im Innern bebte. «Ich wohne jetzt hier.» Sie steckte noch eine Nadel an das Band, das sie im unteren Bereich an den Rock heftete, und legte das Nadelkissen hin. «Wir sollten das nicht hier besprechen, wo der ganze Laden zuhören kann.» Sie ging an ihm vorbei, obwohl ihr die Knie dabei zitterten, und öffnete die Tür des hinteren Ladenzimmers zum Flur. «Bitte», sagte sie leise und machte eine einladende Geste.
    Sie gingen die Treppe hinauf. Lina spürte deutlich, dass es Georg schwerfiel, dabei zu schweigen, aber auch im Treppenhaus hätten die Kunden jedes Wort verstehen können.
    Als sich oben aber die Tür hinter ihnen schloss, hielt er sich nicht mehr zurück. «Ich komme heute von einer langen Reise zurück, erwarte, meinen geordneten Haushalt vorzufinden, und was erfahre ich? Meine Schwester hat sich ohne Erlaubnis auf und davon gemacht.»
    «Was wiegt schwerer? Dass du deiner Schwester oder deiner Haushälterin verlustig gegangen bist?» Lina hatte hier oben, in ihrem eigenen Heim, ein wenig ihrer Schlagfertigkeit wiedergewonnen.
    «Wage nicht, frech zu werden, Lina. Ich bin dein Vormund, und ich bestimme, wo du wohnst und was du tust. Nur ich.» Er kam ihr bedrohlich nahe, und Lina wich einen Schritt zurück.
    «Und komm mir nicht wieder mit diesem lächerlichen Papier, das du unserem todkranken Vater abgeschwatzt hast. Das Gesetz ist auf meiner Seite. Du bist eine unverheiratete Frau und hast dich zu fügen.» Er stampfte mit dem Fuß auf wie ein trotziges kleines Kind. «Ich erwarte, dass du auf der Stelle mitkommst. Die Sachen können wir morgen abholen. Die Kosten dafür werde ich dir selbstverständlich von deinem Geld abziehen.»
    «Von welchem Geld? Du verweigerst mir mein Erbe und die Renten, die mir zustehen.»
    «Zustehen?» Georgs ohnehin schon zornrotes Gesicht wurde noch eine Spur dunkler. «Du tust geradezu, als würde ich dich betrügen. Ich verwalte das Geld einer unmündigen, unverständigen Frau, wie es mein Recht ist. Woher hattest du überhaupt das Geld für die Miete hier?»
    «Aus den Ersparnissen einer unverständigen Frau», fauchte Lina, trat aber noch einen Schritt zurück.
    «Nun, ich sehe, bei den Möbeln hast du dich reichlich in unserem Haushalt bedient.» Er ging an ihr vorbei, öffnete die Schlafzimmertür und sah kurz hinein. «Das habe ich nicht erlaubt.»
    «Es sind alte Möbel aus meinem und Vaters Zimmer und aus dem Keller.»
    Georg schien sich etwas beruhigt zu haben, aber das war Lina noch unheimlicher. «Zieh dir deinen Mantel an, wir gehen.» Er ging zur Tür und öffnete sie.
    «Ich habe diese Zimmer gemietet, und ich bleibe hier.»
    Er drehte sich um. «Du weigerst dich also?»
    «Ja, ich weigere mich. Ich weigere mich, weiterhin dein Dienstmädchen und das deiner dicken, faulen Frau zu sein. Ich weigere mich, mit dem Menschen unter einem Dach zu leben, der mich um mein Erbe betrügt.»
    «So ist das also», sagte Georg fast tonlos. «Du willst dich um deine Pflichten drücken.»
    «Ich drücke mich lediglich darum, deiner Frau ihre Pflichten abzunehmen.»
    Georg machte wieder einen Schritt auf sie zu und stand jetzt ganz nah vor ihr. «Was bildest du dir

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