Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Leiche. Immerhin waren die Spezialisten noch nicht vor Ort und sie wollte keine ve r wertbaren Spuren beseitigen.
Rolf hatte den Blick abgewandt und nickte ihr nur kurz zu.
Sie hob das T-Shirt des Mädchens an, und fand bis auf ein paar beginnende Totenflecken im unteren Bereich, eine ebenmäßige Fläche von junger Haut.
„So gut wie keine Livores am Rücken.“
„Sie sind ja auch in der aufrechten Position gestorben. Das Gesäß dürfte die entsprechenden Verfärbungen aufweisen. Es sei denn, die Leichen sind blutleer …“
„Nein, sind sie nicht. Trotzdem dürfte es bei einem natürlichen Verwesungsprozess in dieser Körperhaltung auch keiner verei n zelten Totenflecke geben. Schließlich treten sie schon eine halbe Stunde nach Kreislaufstillstand auf, wegen des schwerkraftbedin g ten Absinkens des Blutes. Hier dürften sich auf keinen Fall Verfärbungen am Rücken b e finden, wie du schon sagtest.“
„Von natürlichem Prozess kann wohl keine Rede sein“, bemerkte Rolf, und warf einen schnellen Blick auf das Gesicht der T o ten, hielt sich aber weiterhin in geruchssicherer En t fernung.
„Richtig. Selbst wenn die Leichen an einem glutheißen Tag hier gesessen hätten, wäre die Fäulnis nicht so weit fortgeschritten. Es könnte sich um eine Form der Nekrose handeln, dabei kommt es zu einer Geweb e auflösung an einem lebendigen Organismus.“
„Du meinst, wie Fäulnis bei größeren Brandverletzungen? Glaubst du das?“
„Ich würde es gerne. Wenigstens wäre das eine Erklärung.“ Am oberen Kragenrand der Toten verlief eine nahezu exakte Tren n linie zw i schen vermodertem Fleisch und normaler Haut, als hätte der Stoff den Prozess aufgehalten. „Hier waren andere Mächte am Werk, in welcher Form auch immer.“
Ihr Blick fiel auf einen schwarzen Fleck am Hals. Er hob sich von der bräunlichen Haut ab, lag halb verborgen zwischen verfau l ten Hautfalten. Behutsam strich Leyla über die Stelle, wobei sie einen leichten Druck ausübte, damit sie die Tätowierung genauer betrachten konnte. Obwohl sie Handschuhe trug, übermannte sie der W i derwille die ledrige Haut zu berühren. Schnell prägte sie sich das Muster ein. Dann stand sie auf und zog ihren N o tizblock aus der Tasche. Konzentriert malte sie drei Spiralen, die in einem gleichschenkligen Dreieck angeordnet waren, und an ein keltisches Symbol e r innerten.
„Davon kann ich dir auch nach der Obduktion ein Foto zuko m men lassen.“ Rolf war neben sie getreten, um die Zeichnung zu betrachten.
„Gern, aber bis dahin habe ich schon mal was in der Hand. Wenn wir einen Ritualmord in Betracht ziehen, könnten Symbole Hinweise geben. Ich sehe mal, was ich herausfinden kann. Ansonsten habe ich keine Erklärung für den Zustand der Leichen. Wir sollten abwarten, was die P a thologie dazu sagt.“
„Ritualmord?“ Rolf runzelte die Stirn. „Du meinst Satansanbeter haben hier eine Messe abg e halten? Von denen gibt es in letzter Zeit immer mehr in der Stadt. Die werden immer jünger.“
„Es deutet einiges darauf hin.“ Sie ging zu der anderen Leiche und fand an deren Hals das gle i che Tattoo. Mit einem Blick zog sie Rolfs Aufmerksamkeit auf ihre Entdeckung. Er nickte und nahm es schwei gend zur Kenn t nis.
Vielleicht handelte es sich um eine Art ewiges Freundschaftsband, mit dem die Mädchen ihre Verbundenheit zum Ausdruck bringen wollten. Ebenso könnten die Tätowierungen ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe bedeuten. Oder es waren Symbole, die einen ang e himmelten Star ehren sollten. Fans neigten mitunter dazu, ihren Star zu imitieren, indem sie Frisuren oder Kleidung kopierten. Ein Tattoo war da nichts Besond e res.
„Ich dachte schwarze Messen werden nur in geweihten Gebäuden vollzogen. Dazu b e stechen die Anhänger des Kults schon mal einen Pfarrer, damit sie in der Nacht seine kleine Kirche b e nutzen können.“
Sie blickte in Rolfs fragendes Gesicht. Scheinbar war ihm ein solcher Fall bislang nicht unte r gekommen.
„Du kannst mir glauben, das funktioniert öfter als uns lieb ist“, erklärte sie und zog die Han d schuhe aus.
Dabei hatte sie sich erhoben und umschritt langsam den Platz, auf dem die Leichen lagen. „Auch wenn diese Mädchen so auss e hen, waren sie keine Satanisten, sondern Gothics. Das ist etwas völlig a n deres.“
Satanische Ideologien hatten nicht unweigerlich mit der Anrufung des Teufels zu tun, sondern vielmehr mit der Förderung eig e ner Göttlichkeiten sowie des Auslebens von Sexualität.
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