Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
gähnte. Vielleicht sollte sie sich mal um ganz banale Angelegenheiten kümmern. Wie essen und schlafen.
*
Rudger legte die schriftliche Mitteilung beiseite und lehnte sich in se i nem Bürostuhl zurück. Bragis Manager hatte ihm mitgeteilt, dass vorerst keine weiteren Konzerte im Roten Palais g e plant waren. Nachdem der rockende Vampir sich vor zwei Tagen den Anweisungen seines Personals widersetzt hatte, und im Begriff war, eine Privatparty zu veranstalten, konnte Rudger nicht abstre i ten, über diese Entscheidung erleichtert zu sein. Ihm war der geregelte Ablauf im Haus lieber. Außerdem war er es leid, sich mit den exzentrischen Eskapaden eines Gottvampirs herumzuschlagen. Eine eingehende E-Mail lenkte ihn von seinen Geda n ken ab.
Bitte empfangen.
Boris.
Einen Moment starrte er die kurze Nachricht an und überlegte, wessen Besuch ihm ins Haus stand, als er ein zaghaftes Klopfen an der Tür vernahm. Kurz darauf lugte Konrad durch den Türspalt.
„Unten steht ein Sergej Gabulov und bittet zum Meister vorgelassen zu werden. Drückt sich albern altmodisch aus, für so ’n ju n gen Bu r schen.“
Offenbar hatte Boris seine Meinung über die Gefahr von göttlicher Präsenz geändert, und nun doch beschlossen, einen seiner Leute nach Krinfelde zu schicken. Da das Syndikat für gewöhnlich mit äußerster Vorsicht agierte, war dieses Verhalten ungewöh n lich. Rudger unterdrückte seinen aufwallenden Zorn, ausgerechnet Sergej gegenüberzutreten, wo er Boris doch ausdrücklich mitg e teilt hatte, dass er den Kerl nicht mehr sehen wollte. Doch Boris dürfte seine Gründe haben.
„Schick ihn rauf“, entgegnete er und verkreuzte seine Beine über dem Schrei b tisch.
Kurz darauf stand Sergej vor ihm und schlug zur Begrüßung geräuschvoll die Hacken zusammen. Viele Vampire behielten in Fleisch und Blut übergegangene Angewohnheiten für immer bei. Eine Weile genoss er schweigend, wie Sergej mühsam versuchte, seine Fassung zu bewahren, und erwiderte dessen lauernden Blick. Mit einer auffordernden Handbew e gung gebot Rudger ihm, zu sprechen.
„Boris Saenko hat mich herbeordert, um Euch meine Dienste anzubieten“, antwortete er unve r züglich.
Interessant. Nur vielversprechenden Anwärtern wurde vom Syndikat bei einem Fehlve r gehen eine weitere Chance eingeräumt. Man hatte Sergej also eine Strafe auferlegt, indem er seinem Erzfeind gegenübertreten, und dadurch Demut lernen sollte. Boris war in solchen Dingen einfallsreich, wodurch sich sein Ansehen gekräftigt hatte. Wohl wi s send, dass Boris Rudgers Zuspruch für den neuen Rekruten erhoffte, verschränkte Rudger die Arme vor der Brust und musterte den Vampir. Trotz ordentlich zurückgebund e nem Haar und dezent grauem G e schäftsanzug wirkte seine stolze Haltung leicht verstaubt.
„Nun, dann überzeuge mich davon, dass deine Dienste für mich sinnvoll sind.“ Allein die Tatsache, dass er Russe war, und am Hofe von Katharina der Großen verkehrt hatte, reichte Rudger nicht aus. Zwar kon n te er davon ausgehen, dass Boris längst von Sergejs Nutzen für das Syndikat überzeugt war, doch ganz so einfach wollte er es ihm nicht m a chen.
„Ich könnte Euch bei der Suche nach dem Bernsteinzimmer helfen“, sagte Sergej zaghaft, und nahm auf dem gegenüberliege n den Stuhl Platz.
„Warum sollte ich dabei deine Hilfe brauchen?“ Bewusst ließ Rudger seine Stimme gelangweilt klingen. Sergej rieb mit den Hä n den über seine Oberschenkel und senkte mit flatternden Lidern den Blick. Rudger nahm an, dass man dem Mann nahe gelegt hatte, sich gut mit ihm zu stellen, dann dachten sie vielleicht über seine Aufnahme im Sy n dikat nach.
„Ich habe 1941 den Transport des Bernsteinzimmers von Russland nach Deutschland beau f sichtigt und angeführt“, antwortete er hastig.
Mit einem Schwung hob Rudger seine Beine vom Tisch. „Wie hast du das angestellt?“
„Indem ich mich als Rittmeister Laubach ausgegeben habe.“
Das waren unerwartet interessante Neuigkeiten. Tatsächlich war Sergejs Deutsch nahezu akzentfrei. Er musste die Sprache schon seit La n gem beherrschen. Doch Rudger hatte nicht vor, dem Kerl jedes einzelne Wort aus der Nase zu ziehen.
„Sprich. Und zwar von A n fang bis Ende.“
Sergej zuckte kurz zusammen, und erzählte von der Besatzung des K a tharinenpalastes durch die Wehrmacht. Nachdem es ihm und seinen sowjetischen Landsleuten nicht gelungen war, die Wandtafeln in Siche r heit zu bringen, wechselte er rechtzeitig das
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