Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
wem?“, fragte Rudger, den Blick auf den Tunnel gerichtet, aus dem die Hunde gekommen waren. Mögl i cherweise führte der Weg nach draußen, da die Höllenhunde normalerweise den Aufstieg nach Niflheim bewac h ten.
„Das fragst du noch? So bescheiden, mein Schöner.“ Mit langsamen Schritten kam sie auf ihn zu. „Gegenüber diesen Primaten, den Sterblichen“, stieß sie veräch t lich aus. „Es wird Zeit, ihnen zu zeigen, wer ihre Schöpfer sind.“
Offenbar lösten ihre körperlichen Veränderungen eine Art Größenwahn aus. Sie war nicht das erste übermächtige Wesen mit Herrscherambiti o nen.
„Das würde Hel nicht gefallen“, entgegnete Rudger.
„Ich bin der Göttin Stellvertreterin im Diesseits und im Jenseits.“ Ihre Stimme schnitt durch die Luft, einem Kreischen nahe. Die Höllenhunde spitzten die Ohren und knurrten bedrohlich, als reiche ein Befehl von ihr, um sie auf ihn loszulassen. Sämtliche Avancen, ihn zu verführen, schienen vorerst auf Eis gelegt. Die Schwingungen ihrer erhobenen Stimme wogten wie Wellen eines Nachbebens zu ihm herüber. „Hel verachtet diese gottl o sen Menschen mit ihrer Selbstgefälligkeit. Sogar Odin hat das Interesse an seiner Schöpfung verloren. Doch die Göttin hat ihre Ziele nie aus den Augen verloren, und ich handele in ihrem N a men.“
Das kam Rudger allzu bekannt vor. Auch einige weltliche Oberhäupter hatten göttliche Eingebungen vorgeschoben, wenn sie danach trachteten, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Allerdings befürchtete er, dass es Modgudr weniger ums Herrschen, als ums Ze r stören ging. Hels erklärte Feinde waren die Asen. Bisher waren jegliche Versuche Odin und seinen Götterclan anzugreifen fehlgeschlagen. Er war zu mächtig. Was Hel b e traf, kannte Rudger niemanden, der sie in den letzten fünfhundert Jahren zu Gesicht bekommen hatte. Wahrscheinlich noch länger. Ebenso wenig wie Odin in der Menschenwelt herumspazierte. Modgudr nahm nach der langen Zeit ihre Aufgabe als Torwächterin wohl inzwischen zu ernst und trac h tete danach, den Platz der Göttin einzunehmen.
„Du willst die Menschheit auslöschen und gleichzeitig Odin und sein Reich zu Fall bri n gen?“
Fällt man einen Baum, verliert die Krone an Halt und stürzt. Doch die Wurzeln bleiben unversehrt, fest verankert in den Tiefen des Erdreichs. Die Welt der Me n schen war im Gefüge des Weltenbaums zwar das schwächste Glied, hatte jedoch eine wahrlich tragende Rolle inne.
Ihr absichtlich gelangweilter Gesichtsausdruck sollte wohl Zustimmung bedeuten. Rudger brachte mit einem weiteren Schritt z u rück ein wenig Abstand zwischen ihnen.
„Du bist also verantwortlich für die Wetterveränderungen in Krinfelde.“
„Krinfelde? Was soll das sein?“, erwiderte sie lakonisch. „Es ist nur der Anfang. Irgendwo muss man ja beginnen. Die kleine Stadt ist nichts weiter als ein strat e gisch gut gelegener Posten, ein winziger Punkt auf der Landkarte Midgards. Gerade ausreichend, um dort …“ Geziert nachdenklich legte sie eine Pause eine. „Sagen wir mal, einen Palast zu erric h ten.“
„Du willst die Dunkelheit über das ganze Land legen?“
Das Knurren kam dieses Mal nicht von den Hunden, sondern glich dem einer Leopa r din, der man die Beute rauben will.
„Du stellst zu viele Fragen, Vampir.“ Plötzlich stand sie unmittelbar vor ihm. Ihre Lippen berührten fast sein Ohr, als sie mit ei n schme i chelnder Stimme fortfuhr. „Stell dich auf meine Seite und du sollst reich belohnt werden.“
„Was könnest du mir bieten? Über ewiges Leben verfüge ich b e reits.“
Ein weiteres kehliges Grollen ließ die Wände erbeben, als sie herumfuhr und sich ihr G e sicht im nächsten Moment unmittelbar vor seinem befand. „Du unterschätzt mich, mein furchtloser Freund. Ich gebe dir Macht über deine Menschenstadt. Es dauert nicht mehr lange, dann liegt Midgard in meinen Händen.“ Sie hielt inne und musterte ihn aus rot gl ü henden Augen, als wolle sie die Wirkung ihrer Worte a b schätzen.
Eine Vision zog nebelverhangen durch seinen Kopf. Bilder tauchten auf, wie Erinneru n gen, die nicht seine waren. Bedrohliche schwarze Wolken durchzogen von implodierenden Blitzen, ängstliche Gesichter von Menschen, eine Stadt in Dunkelheit. Er schü t telte den Kopf, um die herannahende Flut von Emotionen abzuwenden. Im selben Moment übe r kam ihn eine dunkle Ahnung. Hass blitzte angesichts seiner drohenden Machtlosigkeit wie weißer Stahl hinter seinen Augen auf. Verstärkte
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