Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
gegenüber?“
Dr. Kilian wandte ihr den Rücken zu und starrte auf die beleuchtete Wand für Röntge n bilder. Seine Schultern zuckten, als er mit sich rang.
„Ich war nicht vorbereitet auf ein derartiges Anliegen. Schließlich kommen Menschen allenfalls mit Sterbehilfe Bitten zu mir …“ Er zöge r te und drehte sich wieder um.
„Ich verlange doch keine Sterbehilfe. Sie sollen mich ja zurückholen“, sagte sie in beschwicht i gendem Tonfall. „Ich muss in diese Anderswelt, nach Niflheim.“
Sein ratloses Gesicht überraschte Leyla. Dr. Kilians Blick schweifte ab, als versuche er, sich krampfhaft an etwas zu erinnern. E i nen ähnlichen Gesichtsausdruck hatte sie bei Ru d ger im Stadtwald bemerkt.
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen … obwohl dieser Ort Niflheim, etwas in mir au s löst“, sprach er mehr zu sich.
Vielleicht war er noch nicht lange genug Vampir und nur die Alten kannten diese andere Dimension. Allerdings kannten sich auch einige Sterbliche mit den altgermanischen Göttersagen aus. Manche sogar zu sehr, sodass bis in alle Ewigkeit ein schaler Be i geschmack z u rückblieb. Andere hatten wunderbare Opern geschrieben.
„Hören Sie, Dr. Kilian, ich werde alles tun, um Rudger zu retten. Ve r stehen Sie nicht? Er wird dort festgehalten. Wenn Sie nicht bereit sind, mir zu helfen, finde ich andere Wege. In Ihren Händen würde ich mich sicherer fühlen, doch wenn es nicht anders geht …“
Langsam verlor sie die Geduld. Es stand ihr nicht der Sinn nach Debatten über Ethik und Moral. Sie wandte sich ab, damit er die A n zeichen der aufkommenden Verzweiflung nicht sah.
„Ist ja gut“, sagte Kilian und ließ die Schultern hängen. „Ich helfe Ihnen. Doch wie wollen Sie dorthin gelangen? Mir ist kein B e richt über Nahtoderlebnisse bekannt, in welchem der Patient seine Reise hätte steuern kö n nen.“
Eine drückende Last fiel von ihren Schultern, machte Platz für erneuten Tatendrang. Vor Erleichterung hätte sie am liebsten g e weint. Wenigstens zweifelte er nicht, ob es ihr übe r haupt gelingen würde, ihren Körper zu verlassen. Sie war sich selbst nicht sicher und baute bei diesem Unterfangen auf ihre Verbindung zu Rudger. Die medizinische Verso r gung ihres Körpers würde Dr. Kilian übernehmen. Hoffentlich stand es in seiner ärztlichen Macht, ihr Überleben zu s i chern. Die kalte Kralle der Angst in ihrem Nacken schien sich zu lockern. Es war an der Zeit, ein Eingeständnis zu machen, dem Arzt ihre Bedenken mitzuteilen und vor allem wollte sie die Ve r antwortung von ihm nehmen.
„Ich weiß auch nicht, ob ich in der Lage sein werde, mich in die gewünschte Richtung fortzubewegen. Möglicherweise erfahre ich es erst, wenn ich einen astralen Zustand erreicht habe. Ich muss es einfach vers u chen. Einen anderen Weg gibt es nicht.“ Leyla blickte dem Arzt in die Augen. „Doch egal, was passiert, ich bitte Sie, sich nicht verantwortlich zu fü h len.“
Auf Kilians Stirn bildete sich eine tiefe Falte, doch er nickte. „Kommen Sie mit. Wir g e hen in den Operationssaal. Ich muss auf alle nötigen Geräte Zugriff haben, um ein Höchstmaß an S i cherheit gewähren zu können.“
Leyla folgte ihm durch einen grün gekachelten Gang. Neonlichter erhellten die me n schenleere Umgebung. Ein paar verlassene Krankenbetten standen an den Wänden. Wie Reliquien aus längst vergangenen Zeiten. Darüber konnten die frisch bezogenen Ki s sen nicht hinwegtäuschen. Obwohl ohnehin nie Tageslicht in den Operationstrakt des Krankenha u ses drang, konnte Leyla die Nacht förmlich fühlen.
„Setzen Sie sich bitte auf den OP-Tisch“, sagte Kilian und verschloss hinter ihnen die Doppe l tür.
Sie tat, wie ihr geheißen. Durch ihre Jeans spürte sie nach wenigen Momenten die kalte Oberfläche des Operationstisches. Frö s telnd rieb sie sich über die Arme. Ein leises Flattern in ihrem Inneren ließ sie zittrig den Atem ausstoßen. Der Arzt desi n fizierte seine Hände und streifte etwas ungelenk Latexhandschuhe über. Für g e wöhnlich half ihm dabei eine Krankenschwester.
„Noch können sie zurück.“ Dr. Kilian hantierte an einem offenen Eisschrank herum. Leises Klirren von aneinanderschlagenden Glasfläschchen drang zu ihr her ü ber.
„Nein, meine Entscheidung ist getroffen.“
Er kam mit einer Spritze in der Hand zurück. „Ich werde Ihnen eine hoch dosierte kardiopleg i sche Lösung spritzen, um einen Herzstillstand zu induzieren.“
Das Blut wich ihr aus den Wangen. Mit
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