Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
ein Problem mit einem Vampir haben. Vampire sind selten einsichtig und greifen meistens an.“
Sie erreichten den Platz vor dem Hauptbahnhof. Es war eine Wohltat, die Füße auf eb e nen Boden zu setzen, nachdem sie erst aufwärts durch Höhlengänge und dann über die höckerige Wiese gegangen waren. Marc hatte ihren Wagen dort abgestellt, wo sie ihn geparkt hatte. O b wohl erst ein paar Stunden vergangen waren, fühlte sich Leyla, als wären es Tage gewesen. Jarno blieb vor dem Wagen stehen, nac h dem Leyla eingestiegen war.
„Soll ich Ihnen Bescheid geben, wenn er zurückkommt?“, fragte er.
Leyla beobachtete auf der anderen Straßenseite Marc und Marie, die mit den beiden So l daten in einen Fiat Doblo Cargo stiegen.
„Von mir aus“, antwortete sie und blickte Jarno hinterher.
Seufzend zog Leyla ihr Mobiltelefon und wählte die Nummer von Maries Vater. Sie informierte ihn kurz über den Abschluss i h rer E r mittlungen. Einen ausführlichen Bericht würde sie ihm mitsamt der Rechnung in den nächsten Tagen zukommen lassen. Sie startete den Motor und fuhr aus der Parkbucht. Ihre aufgeschürften Handflächen schmerzten, als sie das Lenkrad umfas s te und ihr ganzer Körper fühlte sich steif an. Morgen würde es noch schlimmer sein. Ihre physischen Blessuren konnten dann mit ihren au f gewühlten Gefühlen einen Reigen tanzen. Das waren die besten Voraussetzungen sich zu verkriechen und ei n fach abzuwarten, bis sich alles von allein regelte.
Das Haus ihrer Großmutter Cecilie umfing sie mit Dunkelheit und Stille, als hätte sich die Nacht auf ihrem Rückzug vor dem he r aufzi e henden Tag darin verkrochen. Am Stadtrand liegend war es umringt von hohen Tannen. Leyla war hier geboren und von Cecilie erzogen worden. Leyla hatte früh damit aufgehört, Fragen über das Ve r schwinden ihrer Mutter zu stellen, weil Cecilie sich standhaft weigerte, über ihre Tochter zu sprechen. Wenn Nachbarn sie darauf anspr a chen, drehte sie sich auf dem Absatz um und ging. Die Leute hörten auf zu fragen. Cecilie galt fortan als wunderlich.
Leyla schätzte die Einsamkeit der Nacht. Da sie häufig tagsüber schlief, hatte sie Jalousien an den kleinen Fenstern im Oberg e schoss anbringen lassen. Die Deckenlampe warf ihr gelbliches Licht auf die rustikalen Möbel im Eingangsbereich. Alles war zweckmäßig und gemütlich, wenn man von der neuen Einrichtung und den großen Fenstern im Wohnzi m mer absah. Die Idee stammte von ihrer Gro ß mutter, die beschlossen hatte, ihr Haus zu modernisieren. Sie lebten in einem halb fertigen Haus, in dessen Hauptraum es nach neuen Möbeln roch, während der Rest den leicht muffigen Geruch von Kindheitserinnerungen verströmte. Sie warf ihren Schlüssel auf die Eichenkommode im Flur und ging ins Badezimmer. Die grelle Beleuchtung hob den bläulichen Far b ton der Kacheln hervor und warf dunkle Augenringe in Leylas Spiegelbild. Sie sah aus wie ein Geist oder wie jemand, der einen gesehen hatte. Das eiskalte Wasser erfrischte sie zwar, vertrieb jedoch nicht das Summen in ihrem Kopf.
Als sie aufblickte, sah sie im Spiegel Rudgers Gesicht, umringt von lodernden Flammen. Erschrocken klammerte sie sich an den Becke n rand, als ihre Knie unter ihr nachzugeben drohten. Im nächsten Augenblick war alles vorbei und ihr eigenes Gesicht blickte ihr entgegen. Die Vision war intensiv und unterschied sich von den seltsamen A h nungen, die sie schon seit ihrer Kindheit erlebte. Sie fragte sich, ob es ein Zeichen war, dass Rudger von Fjodora vernichtet worden war. Abgesehen von den Visionen schien Rudger seinen festen Platz in ihren Gedanken eingenommen zu haben. Obwohl er eines der gefährlichsten Geschöpfe war, em p fand sie seine Gegenwart auf eigenartige Weise tröstend. Nicht nur das. Sie fühlte sich zu ihm hingez o gen und konnte sich nicht erklären, wann das angefangen hatte. Die Vorstellung, dass er sich in Gefahr befand, e r schwerte ihr das Atmen. Sie sorgte sich um Rudger von Hallen und musste bei dem Gedanken lächeln.
Im Kühlschrank fand Leyla eine Packung Milch, die sie mit zwei Schmerztabletten in e i nem Zug leerte. Sie stieg die knarrenden Holzstufen hinauf. Wenig später verschwand sie unter der dicken Daunendecke. Ihre Pistole lag griffb e reit auf dem Nachttisch und ein dolchförmiges, geschliffenes Kampfmesser mit einer fünfzehn Zentimeter langen Klinge aus purem Silber lag unter ihrem Kopfkissen. Das Messer war eine Spezia l anfertigung und diente als Schutz vor einem
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