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Das rote U

Das rote U

Titel: Das rote U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Matthießen
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Bernhardiner ein Terrierhündchen besieht...
    „Na ja“, sagte er
gutmütig, „wenn du Lust hast...“
    Der Junge wurde womöglich
noch röter.
    „Wir wollen nämlich
Kahn fahren“, sagte Boddas , „wenn du
dafür vielleicht nicht zu bange bist.“
    Herr Boden und der Richter
hatten sich schon begrüßt und die Frauen schon freudig festgestellt,
dass es wirklich herrliches Wetter wäre, und dass man an so einem Sonntag
gar nichts Besseres tun könnte, als aufs Land zu fahren, gerade hierhin,
in diese Waldeinsamkeit – sagte Frau Boden, und Silli und Boddas fanden das sehr komisch. Aber es wurde
doch ganz schön, das Essen schmeckte allen herrlich, und noch feiner war
die Kahnfahrt nachher auf der Anger . Der komische Ühl kreischte nicht einmal, wenn Silli im Kahn so schaukelte, dass das Wasser beinahe hineinschwappte. Selbst Boddas wurde das zuviel .
    „Ich haue dir gleich mit
dem Ruder auf die Finger!“ rief er seiner Schwester zu, aber als er dann
seine Mutter fern am Ufer im Wirtshausgarten stehen sah, wie sie die Hände
entsetzt zusammenschlug, schaukelte er selber noch kräftig mit.
    Es war das erste Mal, dass die
beiden Kinder mit dem blassen Jungen allein zusammen waren, und als sie nach
einer Weile langsamer zurückruderten, fragte Boddas den Ühl :
    „Sag mal, weshalb bist du
noch bei uns in der Volksschule? Dein Vater müsste dich doch eigentlich
aufs Gymnasium schicken... Bei mir ist das was anderes. Ich komme auf die
Bauschule, und dann geh’ ich gleich ins Geschäft von meinem
Vater.“

    Der Junge war wieder rot
geworden. „Ja“, sagte er, „ich kann ja gar nichts werden...
weil ich so schwach bin. Kannst du dir einen buckligen Pastor
vorstellen?“ – er lächelte ganz schmerzlich, „oder solchen
Oberförster oder Rechtsanwalt? Nein, die Mutter will auch nicht, dass ich
mich jetzt schon so anstrenge. Ich soll bis vierzehn Jahre in der Volksschule
bleiben und dann einen Privatlehrer kriegen... Aber wisst ihr...“, Boddas sah genau, dass sein Gesicht jetzt rot wurde, nicht
mehr vor Scham, sondern vor Zorn, „das meinen die nur alle! Und dabei bin
ich doch wirklich nicht so schlapp... Ob ihr mich doch nicht mal auch auf dem
Schulhof mit euch spielen lassen könnt?“
    „Ja, vielleicht
später mal“, sagte Boddas , „muss
erst mit den anderen sprechen... Vorläufig ist natürlich noch nicht
dran zu denken. Wir haben jetzt da so Sachen... Aber darüber kann ich bei
Fremden selbst-verständlich nicht reden...“
    Doch der Ühl war schon froh, dass Boddas nicht ganz nein gesagt
hatte. Sogar auf dem Landungssteg half er ihm jetzt.
    „Ich werde sich also
vormerken, frag gelegentlich mal wieder nach...“, sagte er noch. Diese
schöne Redensart hatte er natürlich von seinem Vater gelernt.
    Mittlerweile war es drei Uhr
geworden, und sie marschierten nun alle zusammen ab nach Ratingen. Dort wollten
sie Kaffee trinken und dann wieder mit der Bahn nach Hause.
    Herr Boden ging mit dem
Landrichter Bernhard voran, dann kamen die Kinder, und zuletzt, ein gutes
Stück hinterher, Frau Boden mit der schönen Frau Bernhard.
    Auf einmal spitzte Silli die Ohren, und dann griff sie leis’ ihren
Bruder am Arm.
    „Du, hör mal“,
sagte sie, „was da die Frau Bernhard sagt...“
    „Ach, das kann ich mir
schon denken!“ rief der kleine Bernhard, „meine Mutter spricht
beinahe den ganzen Tag nichts anderes. Die hat solche Sorgen, meinem Vater
könnte was passieren... Der hat ja vor zwei Jahren die Verbrecher aus dem
öden Haus da bei unserer Schule verurteilt, und da haben sie ihm Rache
geschworen... Wenn sie rauskämen aus dem Gefängnis, dann machten sie
ihn kalt, haben sie gesagt... Und in ein paar Wochen ist ihre Zeit herum. Aber
mein Vater macht sich nicht soviel draus.“
    Silli lief es kalt den Rücken
herab. Räuber spielen, das war ja wunderschön,
aber richtige Verbrecher... Brrr ! Und sogar in der
Höhle, wo diese Kerle gehaust hatten, war der Knöres schon gewesen! Wenn das der kleine blasse Ühl wüsste!
    „Dein Vater soll sie doch
gleich wieder verhaften lassen!“ meinte Boddas jetzt.
    „Als wenn das so
ginge!“ erwiderte der Sohn des Richters, „erst müssen sie sich
mal neue Straftaten zuschulden kommen lassen; dann allerdings fliegen sie
gleich ins Zuchthaus, als rückfällige Verbrecher...“
    Ja, der Junge hatte daheim gut
die Ohren aufgemacht. Und Boddas besah ihn
allmählich mit etwas mehr Achtung. Schade, dass er so zart war und keine
richtigen Knochen hatte! Einen, der mit

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