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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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wirklich –«
    »Schön«, unterbrach er mich. »Sie beide geben ein gutes, ähm –«
    »Hören Sie«, sagte ich rasch. »Ich glaube, ich sollte besser richtig stellen –« Ich unterbrach mich, weil wir gerade durch das Großraumbüro gingen, das ein bisschen so aussah, als hätte dort vor kurzem ein Einbrecher sein Unwesen getrieben – bei den Aktenschränken standen sämtliche Schubladen offen, Akten lagen ausgebreitet auf einem Tisch, Pappkartons waren zur Hälfte mit schmutzigen Tassen gefüllt.
    »Wir ziehen um«, erklärte Oban, während er eine Rolle Klebeband aus dem Weg kickte.
    »Das habe ich irgendwie mitbekommen.«
    »Eine absolute Katastrophe. Sind Sie jemals umgezogen?«
    »Ja. Schrecklich.«
    Ich blickte mich nach Furth um, konnte ihn zu meiner Erleichterung aber nirgendwo entdecken. Plötzlich ärgerte ich mich über mich selbst. Wieso hatte ich seinetwegen ein schlechtes Gewissen? Ich hatte um das alles nicht gebeten. Wir blieben am Ende des Büros in einer Ecke stehen. Oban winkte mehreren Leuten zu, die über Schreibtische gebeugt saßen. Telefone wurden aufgelegt, Akten geschlossen. Eine kleine Gruppe von Beamten, männlich und weiblich, versammelte sich um uns. Oban räusperte sich.
    »Das hier ist Dr.
    Kit Quinn. Sie arbeitet für die
    Welbeck-Klinik und das Market-Hill-Hospital für geisteskranke Verbrecher.« Er wandte sich an mich. »Ich werde Sie jetzt nicht jedem Einzelnen vorstellen. Mit den meisten werden Sie sowieso früher oder später zu tun haben.«
    »Hallo«, sagte ich und lächelte in die Runde. In diesem Moment kam Furth herein. Er blieb neben der Tür stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Aufgrund von Dr. Quinns Gutachten«, fuhr Oban fort,
    »haben wir Michael Doll laufen lassen.« Diese Feststellung wurde nicht gerade mit einer Runde Applaus begrüßt. Stattdessen hörte man von den weiter hinten Stehenden einige murmeln und mit den Füßen scharren.
    »Und falls jemand damit ein Problem hat, soll der Betreffende bitte zu mir kommen, dann besprechen wir das. Wenn dieser Fall vor einen Richter gegangen wäre, hätte man ihn uns umgehend wieder vor die Füße geworfen. Ich möchte an dieser Stelle nicht wiederholen, was Guy unter vier Augen von mir zu hören bekommen hat, aber ab jetzt ist altmodische Laufarbeit angesagt, okay? Und gleichzeitig unterstützt ihr bitte Dr. Quinn mit allem, was sie braucht.« Erneutes Gemurmel. Ich spürte, dass nicht alle davon begeistert waren. »Kit, möchten Sie etwas dazu sagen?«

    Ich fuhr zusammen. Darauf war ich nicht gefasst gewesen. Ich betrachtete die auf mich gerichteten, leicht missmutigen Gesichter. »Nun ja«, begann ich. Ich hasste es, einen Satz anzufangen, wenn ich noch keinen blassen Schimmer hatte, wie ich ihn fortsetzen würde. »Ich möchte eigentlich nur anmerken, dass ich nicht hier bin, um Ihnen zu sagen, wie Sie Ihren Job machen sollen.
    Bestenfalls kann ich Ihnen – vielleicht – helfen, indem ich Sie in eine bestimmte Richtung weise und Ihnen Vorschläge unterbreite.«
    »Es war Doll«, sagte jemand. Ich konnte nicht sehen, wer.
    »Tatsächlich?«, erwiderte ich, weil mir keine bessere Antwort einfiel.
    »Ja.«
    Inzwischen hatte ich die Stimme aus dem Hintergrund identifiziert. Sie gehörte zu einem großen, hemdsärmeligen Mann, der wie ein Rugbyspieler aussah.
    Oban trat vor. »Dann finde handfeste Beweise, Gil.«
    »Was, wenn Sie Unrecht hatten?«, fragte der Mann an mich gewandt. »Was, wenn Doll es doch war?«
    »Hören Sie, ich habe nie behauptet, dass Doll unschuldig ist. Ich habe nur gesagt, dass es keine Beweise gibt. Ich stelle mir das Ganze so vor: Ich sehe mir an, was Sie haben, und tue dabei so, als hätte ich seinen Namen noch nie gehört.« Jemand murmelte etwas, das ich nicht verstand, ein anderer lachte.
    »Das reicht!«, erklärte Oban in scharfem Ton. »Die Besprechung ist beendet. Tut mir Leid, Kit.« Mit einem Ausdruck der Verachtung ließ er den Blick über seine Detectives schweifen.
    »Ich würde jetzt gern sagen, dass sie im Grunde kein so übler Haufen sind, aber das wäre gelogen. Zum Glück weiß ich, dass Sie sich selbst behaupten können. Ich lasse Sie jetzt mit Guy allein. In Ordnung?«
    »Natürlich«, antwortete ich, obwohl ich es keineswegs in Ordnung fand.
    Oban ging. Die anderen schlenderten ohne große Eile davon. Ich drehte mich zu Furth um. »Darf ich Ihnen eine Tasse Tee bringen?«, fragte er vorsichtig.
    »Das wäre nett, vielen Dank.«
    »Haben Sie schon

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