Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
zerfallen.“
Es war offensichtlich, dass der Berater damit kämpfte die Fassung zu wahren. Es schien ihm zu gelingen, denn in ruhigem Ton sagte er: „Das Königreich wird zerfallen, wenn wir diesen Feldzug nicht erfolgreich beenden. Und wir werden ihn nicht erfolgreich beenden, wenn die Männer, die für das Königreich kämpfen niemanden h aben, zu dem sie aufblicken können.“
„Und deshalb macht Ihr Euch zu jemandem, zu dem sie aufblicken können?“
„Aye, mein König. Ich habe Euch in all der Zeit unterstützt und vor den anderen Adeligen in Schutz genommen. Habe gesagt, dass Ihr eine Menge Potential habt. Da wusste ich noch nicht, dass Ihr mich so enttäuschen würdet.“
Der Satz wirkte wie ein Stich. Schon wieder hatte er jemanden en ttäuscht. Nicht seinen Vater, den er tief im Inneren verachtete, sondern Edmund, zu dem er immer ein gutes, fast freundschaftliches Verhältnis gehabt hatte. Aber noch etwas anderes verwirrte Gareth.
„Was meint Ihr damit, dass Ihr mich vor den anderen in Schutz g enommen habt?“
Edmund hielt sein Pferd an und stieß einen Seufzer aus.
„Warum glaubt Ihr, dass Ihr frühzeitig aus dem Konvent geholt worden seid? Die Krone ist nicht sicher. Es gibt unzählige Adelige, die nur auf eine Schwäche warten, damit sie die Thanes auf ihre Seite ziehen können. Grol, Aethor, Kilman, Mapp, alle regen sich und warten auf ihre Chance. Ich habe gedacht, mit dem Angriff auf Ankilan könnten wir Stärke demonstrieren, aber das wird sich erst herausstellen.“
Gareth war konsterniert. Grol, Thane von Scolding hatte es auf seinen Thron abgesehen. War er deshalb in Mal Tael geblieben und hatte Derek, seinen Sohn, mitgeschickt? Edmund ritt nach vorne in die Formation. Gareth wartete noch einen Moment. Er wollte nicht wie das Anhängsel von seinem Raethgir wirken. Bald, dachte er, bald werden wir sehen, ob die Männer ihrem König folgen.
Nordwestlich von Mal Kallin
52. Rast im Laub
s ging kein Wind mehr als sie durch den Wald zurückritten. Wenigsten das. Kein schreckliches Pfeifen tönte durch die Nacht. An’luin hatte genug damit zu tun seine eigenen Gedanken zu ordnen und sich nicht zu viele Sorgen zu machen. Diesmal ritt er voran, wobei er hauptsächlich sein Pferd die Arbeit machen ließ, das den Weg zurück besser kannte als er. Cathyll saß hinter ihm zusammengekrümmt auf ihrem Pferd. Nicht, dass es ihr schlecht ging – sie war nur müde und hatte An’luin dazu gedrängt nach Hause zu reiten, da sie es eilig hätten. Aber immer, wenn An’luin sich mit sorgenvoller Miene zu ihr umdrehte, erklang ihre klare Stimme: „Weiter, An’luin, weiter.“ Als er jedoch durch das dichte Geäst des Waldes nach vorne ritt und sich eine längere Weile nicht umdrehte, war Cathyll verschwunden. Er drehte die Zügel und ritt zurück. Er hatte längst aufgehört innerlich zu fluchen. Als Cathyll vom Ritual zurückgekommen war, wirkte sie erschöpft und blickte stumpf ins Leere. Dennoch waren ihre Worte klar gewesen: „Wir haben was wir brauchen.“ „Wir reiten jetzt zurück.“ Er hatte ihr aufs Pferd geholfen und gefühlt wie ihn ein Schlag durchfuhr. Sie schien innerlich zu vibrieren. Die Scicth hatten stumm zugeschaut, wie die beiden davonritten.
Nach 500 Metern fand An’luin Cathyll auf dem Boden liegend, n eben einem ruhig grasenden Eiswind. Sie schien nicht vom Pferd gefallen zu sein, sondern eher hinabgeglitten. Als er sich zu ihr hinabbeugte, lächelte sie ihn mit strahlenden Augen an, so als habe sie erwartet, dass er sie aufheben würde. Er machte ein Lager etwas abseits des Pfades und zündete ein provisorisches Feuer an. Cathyll flüsterte aus ihren Decken: „Nur drei Stunden. Wir müssen morgen da sein.“ An’luin drehte sich um, erstaunt, wie viel Kraft in ihren Worten war. Er nahm eine Wasserflasche und führte sie an ihren Mund, sah zu wie sie gierig trank. Wieder schaute sie ihn an, als sähe sie durch ihn durch.
„Du willst wissen, ob ich noch andere Tätowierungen habe.“ Der Bogen, der sich über ihre linke Wange drehte, würde nun für immer für alle erkennbar sein. Cathyll öffnete die Riemen ihres Lederwa mses und zog ihr Unterhemd hoch. An’luin sah nun einen weiteren blauen Bogen, der sich von der Unterseite der Schulter über ihren gesamten Oberkörper zog. Er hatte den Impuls, den Bogenstrich nachzuzeichnen, doch erschrak im selben Moment über seine Gedanken. Wieder war es, als könne Cathyll seine Gedanken lesen. Sie nahm seine Hand und führte
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