Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Demütigung nicht ertragen. Er hatte sich zum größten Narren in ganz Ankilan gemacht. „Ich mag Dich, An’luin. Ich möchte gerne mit Dir befreundet sein, aber nicht mehr.“ An’luin schluckte und würgte ein: „Ja klar, ist kein Problem.“, hervor. Und, weil er es nicht länger ertragen konnte in ihrer Nähe zu sein: „Ich geh‘ mal schauen wo wir sind.“ Er stand auf und arbeitete sich zwischen schlafenden Männern und über das Deck verteilter Beute zum Ruder nach hinten hervor. Dort stand Starkir mit Syggtrygg und Pater Balain, welcher ihn für seinen Geschmack etwas zu breit anlächelte. Wenn er genau hinschaute, fand er, dass alle etwas zu breit lächelten. Am liebsten würde er schreien: „Nein, da war nichts, wir haben uns nur in den Armen gehalten, damit wir warm bleiben.“
Er stieg eine Stufe hinauf und sah auf der erhöhten Ebene, dass sie sich mitten im Meer befanden und ein klarer Tag anbrach. Syg gtrygg und Starkir redeten und lachten und An’luin schaute erwartungsvoll Balain an. Der erklärte: „Sie sagen, dass der tapfere Wolfinger nun nicht nur ein Schädelspalter, sondern auch ein Weiberheld ist.“ An’luin wollte das Thema so schnell wie möglich umgehen, damit nicht erkenntlich wurde, dass seine Bemühungen vergebens gewesen waren und er abgewiesen wurde.
„Wohin fahren wir?“, fragte er beiläufig. Balain nahm den Th emenwechsel an. „Wir fahren zunächst nach Throndje, dort hat Jarl Starkir geschäftlich zu tun, bevor die Mannschaft weiter in den Norden, zum Dreischafetal fährt.“ Mehr um die Konversation in Gang zu halten fragte An’luin: „Was hat er denn geschäftlich zu tun?“ Balain schaute auf die beiden Wolfinger und sagte: „Das erzähle ich Dir ein anderes Mal. Es wird nicht lange dauern, vermute ich.“
„Kann ich von Throndje zurück nach Ankilan kommen?“, fragte An’luin. Balain schaute ihn mit fast zärtlichem Blick an: „Ich fürc hte, so einfach wird es nicht gehen, Sohn. So wie ich die anderen über Dich habe reden hören und die Tatsache erachtend, dass Du einen Spitznamen hast, bist Du tatsächlich kein Gefangener der Norr, sondern eher einer der ihren. Allerdings keiner mit Schiffsrecht. Jeder Norr muss sich das Recht auf einem Schiff segeln zu können durch entweder Heldentaten oder mit Arbeit oder mit Gold erkaufen. Erst dann kannst Du auf einem beliebigen Schiff mitfahren. Somit kannst Du Dich also frei auf dem Festland bewegen, aber eben nicht über die See. Was allerdings noch schwerwiegender ist, ist, dass sowohl Cathyll als auch ich Deine Gefangenen sind. Würdest Du ohne uns weiterziehen, dann wären wir vogelfrei und würden dem nächsten gehören, der uns beansprucht.“
In An’luins Magen bildete sich ein Kloß, schon der zweite an di esem frühen Morgen. „Was heißt das? Werde ich bis ans Ende meiner Tage in diesem Dreischafetal leben müssen?“
„Nein, Junge, das musst Du nicht. Aber Du musst Dir Schiffsrecht erwerben. Ich nehme nicht an, dass Du viel Gold hast, also fällt diese Möglichkeit weg. Wie ein großer Held wirkst Du auch nicht. Ich befürchte, dass Du Dir das Recht fortzugehen erarbeiten müssen wirst.“
„Wie lange muss man arbeiten?“, keuchte An’luin. Syggtrygg krat zte sich in seinem Bart, so dass einige Krümel herausfielen. Balain sagte: „Es könnte, wenn es gut läuft, in acht Jahren vorbei sein.“
An‘luin schaute den älteren Mann an. Acht Jahre. Das war eine Ewigkeit. Er schaute auf die Männer die dieses Boot bevölkerten, rohe, grobe Protzer, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienten andere Menschen zu überfallen und auszurauben. Mit diesen Me nschen sollte er es acht Jahre lang aushalten? In diesem Moment wünschte er sich, dass ihn die Norr am Tage ihrer ersten Begegnung tatsächlich umgebracht hätten.
Balain sagte: „Die Wolfinger wirken, genauso wie die Drakinger übrigens, auf den ersten Blick nicht so wie Menschen, mit denen man Zeit verbringen möchte, geschweige denn, bei denen man l eben möchte. Ich erinnere mich gut, wie geschockt ich war, als der Verkünder Del‘soin, der damals mein Oberster war, mir befahl nach Birkesund zu gehen, eine Stadt, die damals noch nichts von den beiden Kirchen gehört hatte, wo jeder, der von außerhalb kam Gefahr lief als Axtwurfziel zu enden. Ich flehte ihn an mich in dem Glauben schon zugeneigte Winkel der Erde zu senden, doch er sagte mir, dass ich aufgrund meiner herausragenden Qualitäten als Verlauter der geeignete Mann sei,
Weitere Kostenlose Bücher