Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
diese unmögliche Aufgabe zu übernehmen. Ich verfluchte ihn innerlich und überlegte, die Sonne möge mir verzeihen, ob ich mich vom Pfad abwenden sollte, denn mir schien die Aufgabe wie Selbstmord zu sein. Del’soin aber schaute mich an und sagte, dass wir alle Aufgaben bekommen, die uns selbst zwar als zu groß erscheinen, die aber wie maßgeschneidert für uns seien und dass ich vertrauen müsse. Ich hasste und verachtete ihn damals, doch sieh‘ was geschehen ist. Heute tragen die Segel der Drakinger den Doppelkreis.“ „Und plündern und morden weiterhin“, ergänzte An’luin.
„Nun, manche tun das nach wie vor . Es gibt allerdings auch Norr, die nicht mehr hauptsächlich rauben und brandschatzen. Starkir aus dem Dreischafetal zum Beispiel ist eigentlich ein fahrender Händler, der den berühmten Met aus seiner Heimat, Robbenfelle und andere Waren verkauft und mit anderen Waren handelt. Insofern wundert mich dieser inszenierte Überfall auf Mal Kallin auch. Und Starkirs Männer glauben noch an die alten Götter. Aber je mehr sich der Glaube an die Wahrheit der Sonne verbreitet, desto mehr von den Norr werden langsam aber sicher zu fahrenden Händlern, denn sie müssen nicht mehr dafür sorgen, dass sie im Kampfe fallen, um an Aedins Tafel speisen zu können, wenn sie tot sind.“
An’luin wusste, dass der Pater ihn trösten wollte und es gut mit ihm meinte. Dennoch konnte er keinen Trost in seinen Worten finden.
Acht Jahre lang würde er bei den Wahnsinnigen leben, und neben ihn in ständiger Erinnerung seiner Unzulänglichkeiten hätte er Cathyll, deren Leben er gerettet hatte und die ihn „nett“ fand, doch mehr nicht. Als er zurück an die Demütigung des Vormittags dachte, wünschte er sich fast, ein richtiger Wolfinger zu sein, der sich einfach nehmen würde, was ihm gefiel.
Balain schaute ihn an und sagte: „Auch wenn Du kein Schiffrecht hast, Du kannst vielleicht Deiner Mutter eine Nachricht zukommen lassen über fahrende Händler in Throndje.“
Mal Tael
15. Vom Prinzling zum Anwärter
urch das Rütteln an seiner Schulter wurde er wach. Er hatte das Gefühl gerade erst ins Bett gegangen zu sein. Er wus ste, dass er ewig brauchen würde, bis er sich an das frühe Aufstehen gewöhnen würde – zumindest so lange, bis die 18 Monate im Konvent vorbei wären. Überhaupt – dass er hier 18 Monate verbringen würde, und nicht 12, wie es beim Sonnendienst der Fall gewesen wäre, das war eine überaus frustrierende Erkenntnis, die er erst nach seinem Aufenthalt in der vierten Kammer des Mondes gemacht hatte. Die Mutter Oberin hatte ihm dies beiläufig gesagt. Sie hatte es ihm lächelnd gesagt und Gareth war sich nicht sicher, ob sie aus Häme die Mundwinkel verzogen hatte, oder ob sie wirklich glaubte, dass es ihn freuen würde. Immerhin hatte sie ihn ob seiner gewonnenen Einsicht in der Kammer gelobt – aber auch gleichzeitig gewarnt.
„Du hast etwas Neues erkannt.“, hatte sie schlicht gesagt, ohne, dass er gewusst hätte, wie sie dahinter gekommen war, dass er, beschlo ssen hatte nie wieder schwach zu sein. „Es ist eine gute Erkenntnis“, sagte die Mutter, „aber auch eine gefährliche.“ Er war direkt nach seiner Zeit in der Dunkelheit zur Oberin gebracht worden und saß benommen vor ihr. Innerlich hatte er sich auf ihre kalten Augen vorbereitet und hatte sich vorgenommen kein Wort der Klage zu erheben, um sich keine Blöße zu geben, aber er musste erstaunt feststellen, dass sie fast so etwas wie Wärme ausstrahlte. Das kam aber vielleicht auch nur daher, dass er vermutlich seit Wochen keinen Menschen mehr gesehen hatte und jede menschliche Regung als angenehm empfand – er wusste es nicht.
„Du hast nun nicht mehr die anstrengende und überzogene Erwa rtungshaltung eines Kindes und eines Prinzlings – das ist gut. Du hast einen wichtigen Teil unserer Lehre in Dein Sein aufgenommen – das Leiden. Du wehrst dich nicht mehr und lässt dich nicht mehr überraschen. Wie gesagt, das ist gut. Aber du musst aufpassen, Gareth.“ Nun wusste er, dass sie ihm gegenüber tatsächlich eine andere Grundhaltung eingenommen haben musste, denn nie vorher hatte sie ihn beim Namen genannt. „Setze nicht Leid mit Mistrauen gleich. Du wirst diesen Weg nicht alleine gehen können.“ Als sie das sagte, hinter ihrem Schreibtisch sitzend und ihn eingehend beobachtend, fühlte er sich hingezogen zu dieser Frau, die älter als seine eigene Mutter war. Er ärgerte sich, dass sein geheimes Gelübde so
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