Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
sie ihn gebeten hatte, sie zu begleiten, doch die erste Überraschung hatte er heute Morgen in aller Frühe erlebt, als es noch dunkel war und alles in Mal Kallin noch geschlafen hatte. Cathyll hatte die Pferde schon gesattelt und Proviant verstaut. Sie hatte An’luin gefragt, ob er reiten könne und der Ca’el hatte verschlafen genickt. Sie wusste, dass er sich nur mäßig auf einem Pferd halten konnte, doch auf eine teuflische Art und Weise hatte es sie amüsiert.
Nun trabten die Pferde durch den engen Pfad im Wald vor der gr oßen Mauer, die von den Raemaci vor hunderten von Jahren erbaut worden war, um sich die Scicth vom Leibe zu halten. Der Wald von Woor’fan war schon unheimlich genug. Niemandem war es jemals gelungen einen Pfad in den Norden zu schlagen, der nicht innerhalb eines Jahrzehnts zugewachsen war. Dieser Wald war unheimlich und verzaubert, das wussten alle, die südlich des Hailswalls wohnten und normalerweise war niemand so leichtsinnig sich in den Wald zu begeben und sein Schicksal herauszufordern. Das war wohl ein weiterer Grund, weshalb An’luin elend vor sich hin starrte.
Cath kannte diesen kleinen Pfad, weil sie hier aufgewachsen war und die Geheimnisse des Woor’fan für sich selber entdeckt hatte. Andere Kinder waren zurückhaltender gewesen, aber sie hatte alle Mutproben g ewonnen, die verlangten in die Tiefe des Waldes vorzudringen.
So weit wie jetzt war sie allerdings noch nie gekommen.
Moltebeerensträucher überwucherten den kleinen Pfad, so dass sich Cathylls blauer Umhang des Öfteren in den Dornen verfing. Sie hatte sich vorgenommen zu warten, bis An’luin das Thema noch einmal angehen würde. Nachdem sie ein Dickicht von Erlenästen durchdrungen hatte, hörte sie von der anderen Seite des Grüns endlich seine Stimme:
„Cath, wann wirst du mir endlich sagen wo es hingeht?“
„Ich erbitte mir den nötigen Respekt. Es heißt Eure Majestät.“ Sie fragte sich, ob er ihre Worte tatsächlich ernst nehmen würde.
Tatsächlich tauchte ein verwirrtes Gesicht hinter dem Geäst auf.
Sie drehte sich nach vorne, denn sie wollte sehen wie weit sie gehen konnte und was passieren würde, wenn er die Fassung verlor. Ja, das war es. Er hatte nie die Fassung verloren in den letzten Tagen, als einziger in einem Haufen aufgeschreckte Hühner, die sich vor den herannahenden Feinden fürchteten. Aber als sie auf die Karte geschaut hatte und sich von drei Feinden umgeben sah, hatte sie eine Idee gehabt. Deshalb nahm sie auch ihn mit. Er war der einzige, der kühlen Kopf bewahrte, auch wenn sie ihn jetzt auf die Probe stellen wollte.
Sie hatte sich gestern an den letzten Tag erinnert, an dem sie noch ein Kind gewesen war, an den Tag, als sie auf der Fuchsjagd gew esen war, nach Hause gekommen war und herausgefunden hatte, dass ihr Berater Rabec und ihre Tante Eleanor ihre Eltern umgebracht hatten, um an ihrer statt an den Thron von Ankilan zu kommen. Sie hatte den Fuchs vor Augen, der sich von drei Seiten eingekreist gesehen hatte, unfähig sich zu bewegen, woraufhin sie einen tödlichen Schuss von ihrem Ebenholzbogen abgegeben hatte. Sie wusste, dass sie jetzt in einer ähnlichen Position war. Von drei Seiten umstellt, unfähig sich zu bewegen. Und dann hatte sie überlegt: Was hätte der Fuchs tun können, um zu überleben? Seine Schockstarre hatte ihm nichts gebracht. Während sie im Beratungszimmer der Burg von Mal Kallin saß, hatte sie auf einmal gewusst, was zu tun war. Der Fuchs hatte sich eingekesselt gefühlt, weil er Angst hatte, Angst vor den Geräuschen, die die Treiber gemacht hatten. Aber er hätte laufen können, zur Not direkt auf die Treiber zu, auf sie selbst zu. Was wäre passiert, wenn der Fuchs zu ihr gerannt wäre und sich zu ihren Füßen Platz niedergelegt hätte und sie angeschaut hätte? Cathyll wusste es und sie wusste, dass es jedem Jäger so gehen würde. Wenn das Wild zum Jäger kommt, dann ist die Jagd sinnlos. Und in jenem Moment hatte sie gewusst, was zu tun war. Sie würde zu den Scicth gehen und sie würde mit ihnen reden.
„Es tut mir leid.“
Sie schaute An’luin an und musste laut losprusten. Sie lachte in die Tiefe des undurchdringbaren Waldes und beugte sie dabei vornüber.
„Du hast mir geglaubt.“
An’luin musste selber lachen, teils aus Erleichterung, teils, weil er seine Untergebenheit lächerlich fand.
„Und ich habe Dich aus den Händen Rabecs gerettet…“
„Und das werde ich dir nie vergessen.“ Mit diesen Worten drehte sie
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