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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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sagte ich am Telefon zu Bushy. »Ich werde diesen Typen ansprechen. Wenn ich ihn kenne und wenn er nicht besonders furchterregend ist, lade ich ihn zu mir in die Wohnung ein und rede mit ihm. Wenn ich die Jalousie hochziehe, stürmst du die Bude.«
    »Du lieber Himmel, nein, dazu kann ich auf keinen Fall raten!« »Nur keine Sorge.«
    »Du weißt doch nicht mal die halbe Zeit, was so alles abgeht«, sagte Bushy. »Nein?«
    »Du glaubst, du könntest die Leute mit den Augen röntgen, aber das klappt nicht immer.« Er fuhr fort: »Wenn ich dich auf der Straße sehe, denke ich immer: Da geht der Student.«
    »Wieso Student?«
    »Na, du trägst diese schäbige Jacke, siehst aus, als wärst du völlig pleite, schleppst diese Bücher mit dir herum, den Kopf gesenkt, als wolltest du mit keinem reden ...«
    Ich legte auf, ein beunruhigter Mann mit vielen Sorgen, verließ das Haus und ging zu dem Auto.
    Der Mann schlief, jedenfalls hatte er die Augen geschlossen. Ich wollte gerade an die Scheibe klopfen, als er die Augen öffnete. Er war schlagartig munter und kurbelte die Scheibe hinunter.
    »Ah, Jamal! Endlich! Hast du gewusst, dass ich es bin?«
    »Hallo, Wolf. Ich halte die Augen offen«, sagte ich und warf einen Blick die Straße hinauf, wo Bushy in seinem Auto saß.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Lass uns lieber in ein Cafe gehen«, sagte ich.
    »Wir haben einander so viel zu erzählen!«
    »Warum hast du hier draußen herumgehangen?«
    »Ich war ängstlich und nervös«, antwortete er. »Ist ja alles so lange her. Aber du erinnerst dich an mich, oder?«
    Er stieg aus dem Auto, umarmte und küsste mich und musterte mich von Kopf bis Fuß, als wollte er überprüfen, was nach all den Jahren von mir übriggeblieben war.
    »Ich dachte, dieser Moment würde nie kommen«, sagte er. »Hallo und noch einmal hallo, mein Freund. Ich habe dich wahnsinnig vermisst. Was für ein wichtiger Augenblick - für uns beide! Ein Augenblick, auf den ich jahrelang gewartet habe!«
    Ich musterte ihn auch und sagte: »Von deinem Haar abgesehen, bist du immer noch der Alte. Mein Sohn meint, ich würde immer haariger werden, nur nicht auf dem Kopf, wo es eigentlich wichtig ist.«
    »Dein Sohn?«, sagte er. »Wie schön für dich. Ist er hier?«
    »Ich hoffe, dass er in der Schule ist.«
    »Ich will alles über ihn hören. Erzählst du mir von dir? Willst du mich nicht hineinbitten?«
    »Ja«, sagte ich. »Komm einfach rein.«
    »Danke«, erwiderte er. »Wie herrlich. Ein herrlicher Moment.« Er betrachtete das Haus, in dem ich wohnte. »London ist einfach toll. Ich habe das Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Hier gehöre ich hin - an deine grüne Seite, mein lieber Freund! Weißt du, ich habe das Gefühl, dass es bald wieder so ist wie in alten Zeiten!«
    NEUNUNDZWANZIG
    Wolf lehnte ein Bier ab, und während ich darauf wartete, dass das Wasser im Kessel kochte, lief er herum und betrachtete alles »mit der Aufmerksamkeit eines Gerichtsvollziehers«, wie ich fast gesagt hätte.
    »Scheint dir ja gut zu gehen«, sagte er. Er war plötzlich ernst geworden. »Seit der Nacht damals.«
    »Welche Nacht, Wolf?«
    »Weißt du nicht mehr? Das kann nicht sein. Aber man kann diese Dinge natürlich verdrängen, wenn man viel zu tun hat.« Ich starrte ihn an. Er sagte: »In den Vororten. Mit Val in der Garage dieses Inders.«
    »Ach, richtig.«
    »Der Vater eines Mädchens.« Er klatschte sich mit der Faust in die Hand. »Zack! Den haben wir fertig gemacht! Der hat es geschnallt, oder? Lag heulend und flehend auf dem Boden, der Mann.«
    »Ja, ja.«
    »Denkst du manchmal daran?«
    »Nein, nicht mehr so oft.«
    »Früher aber schon?«
    »Ja«, sagte ich. »Sehr viel.«
    »Zu welchem Entschluss bist du gelangt?«
    »Dass es nutzlos ist, mich weiter damit zu quälen.«
    »Mehr nicht? Das ist alles, was du dazu meinst?«
    »Die Sache war nicht aufzulösen. Ich habe es aufgegeben, sinnlose Fragen zu stellen. Sie sind ein gefährliches Laster und kosten Zeit und Geld.«
    »Als junger Mann warst du intelligent und selbstbewusst«, sagte er. »Inzwischen bist du ein Arzt.«
    »Nur einer, der redet, fürchte ich.«
    »Ich könnte ein bisschen von diesem Gerede gebrauchen.« »Und weshalb?«
    Er senkte den Kopf wie ein beschämtes Kind. »Jamal, ich bin aus einem bestimmten Grund gekommen, nicht nur, weil wir gute Freunde waren. Für mich ist es nicht gut gelaufen.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Das war mein erster Mord, damals. Das war der Beginn. Seither habe ich

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