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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Angels.« Er lachte verbittert. »Aber das ist egal. Die Sache kommt immer wieder hoch. Das hat mir damals niemand gesagt. Ich war naiv, aber ich wurde auch verarscht. Weißt du, Jamal, ich muss die Sache loswerden. Alles ist besser, als sie in mir zu verschließen.«
    »Willst du dich freiwillig bestrafen? Du warst doch schon im Gefängnis - hat dir das so gut gefallen, dass du noch einmal sitzen möchtest?«
    »Wie sagt man so schön? >Mitgefangen, mitgehangen<.« »Wem hast du davon erzählt?«, fragte ich.
    Mein Telefon klingelte. Es war Rafi. Wolf sah mich an und lächelte. »Du hast Angst. Ich habe dich offenbar erschreckt. Du zitterst ja.«
    Ich hörte, wie Rafi fragte: »Dad, du kommst doch, oder?«
    Ich behielt Wolf im Auge, während ich antwortete: »Ja, sicher, ich bin schon unterwegs.«
    »Wir haben den ganzen Tag diese Sache für dich vorbereitet«, sagte Rafi. »Ich habe die ganze Nacht daran gedacht.«
    »Ich möchte sie um nichts in der Welt verpassen, Rafi.« Ich schaltete das Telefon aus und sagte zu Wolf: »Das, worüber wir geredet haben - ich will nicht, dass mein Sohn davon erfährt. Es wäre absolut überflüssig, wenn er so von mir denken müsste.«
    »Als einem Mörder?«
    »Das verstehst du doch, oder?«
    »Du belügst ihn.«
    »Es steht ihm nicht zu, alles über mich zu wissen«, erwiderte ich. »Ich betrachte mich nicht als Mörder.«
    »Insgeheim wolltest du einen Mann töten, und du hast mich in die Sache verwickelt. Du hast ihn gehasst und wolltest ihn aus dem Weg räumen, um die Tochter ganz für dich allein zu haben.«
    »Wem hast du davon erzählt?«, wiederholte ich.
    »Wenigen. Kein Grund zur Beunruhigung. Ein paar Frauen. Und du?«
    »Ich habe nicht das Bedürfnis, ein Geständnis abzulegen.«
    »Nicht einmal der Mutter deines Sohnes? Wie heißt sie?«
    »Josephine.«
    »Du warst über zehn Jahre mit ihr zusammen.« »Ich habe ihr nichts davon erzählt«, sagte ich. »War das schwierig?«
    »Manchmal schon. Ehrlichkeit ist immer eine Versuchung.«
    »Du hast bestimmt geglaubt, deine Spuren verwischt zu haben. Dann komme ich und wühle alles wieder auf.« Er fragte barsch: »Wo steckt das Mädchen jetzt? Hast du noch Kontakt zu ihr? Zu dieser Inderin?«
    »Ajita?«
    »Wo wohnt sie? Lebt sie noch? Was denkt sie über diese Sache?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe sie seit damals nicht mehr gesehen. Sie ist nach Indien verschwunden. Auf einmal wart ihr alle weg. Das war schrecklich für mich. Ich stand lange Zeit richtig neben mir.«
    Er unterbrach mich: »Aber wenn du ihr begegnen würdest, dieser Ajita, würdest du ihr dann die Wahrheit sagen? Würdest du gestehen?« »Nein.«
    »Aber du glaubst doch bestimmt, dass du es eigentlich tun müsstest und dass es dich erleichtern würde, oder?« Er fuhr fort: »Wir waren dicke Freunde, eine kleine Vier-Mann-Gang. Im Knast habe ich oft an die guten alten Zeiten in Westlondon gedacht, um nicht zu krepieren, an die Essen, das Lachen, die Drinks, die Kartenspiele, das Kino. Daran, dass wir alles noch vor uns hatten. Ich möchte Ajita wiedersehen, Jamal.«
    »Warum?«
    »Ich habe damals versucht, allein mit ihr auszugehen, ohne dich. Sie ist zweimal mitgekommen. Keine Sorge, wir hatten keinen Sex. Du warst zu jung und unreif für sie. Und du hast gar nicht kapiert, wie sehr sie dich begehrt hat. Sie hatte das Gefühl, du würdest dich von ihr abwenden. Aber sie wollte trotzdem nichts von mir wissen. Sie hat dich geliebt.«
    Ich hatte ihn zur Tür gebracht, aber nun rannte er wieder im Zimmer herum, als würde er nach jemandem suchen, dem er die Geschichte erzählen konnte. Ich schnappte mir eine Jeans von einem Kleiderhaufen auf dem Fußboden; in einer Tasche steckte Geld. Ich zog es heraus und ging damit zur Haustür. Ich wusste, dass er mir folgen würde.
    Als er ging, gab ich ihm die Jeans und dazu hundert Pfund, die ich kürzlich von einem Patienten bekommen hatte, sagte ihm, er solle sich ein billiges Hotel suchen, und bat ihn, mich anzurufen, damit wir ein neues Treffen vereinbaren konnten.
    Ich sah zu, wie er davonfuhr. Eigentlich hatte ich geglaubt, er würde sich beruhigen und bald umgänglicher sein. Doch nun war ich mir dessen nicht mehr so gewiss. Wie Eric Cantona so denkwürdig gesagt hatte: »Folgen die Möwen dem Kutter, dann deshalb, weil sie glauben, dass man Sardinen ins Meer wirft.«
    Ich rief Bushy an und bat ihn, bei mir vorbeizukommen. Er sagte: »Du klingst panisch. Ist er dir schon an die Gurgel

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