Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
Vom Netzwerk:
Jahren einzurichten.
    »Niemand wird wegen des Geldes Analytiker«, sagte ich. »Es gibt jede Menge Therapien und nicht genug Kranke, ob du es glaubst oder nicht. In London stolpert man überall über reiche Leute, aber die meisten besitzen kaum einen Funken natürlicher Intelligenz, geschweige denn eine Begabung. Wenn ich daran denke, dass ich als junger Mann immer nur depressiv herumgelaufen bin und mit mir gehadert habe, anstatt über meine finanzielle Situation nachzudenken, werde ich richtig wütend.«
    »Das tut mir leid für dich. Kann man dir irgendwie helfen?« »Zu spät.«
    »Ja, warum solltest du dich deswegen plagen, zumal du etabliert bist. Ich bin das nicht. Du weißt, warum.«
    Alles Schlechte, das ihm seit der Nacht in der Garage widerfahren war, war meine Schuld. Hätte er nicht freiwillig - und aus aufrichtiger Gutmütigkeit - zugestimmt, einem Kumpel zu helfen, dessen Freundin missbraucht wurde, dann wäre er jetzt kein Mann, dessen ganzes Leben verpfuscht war, weil man ihn zu einem Mord überredet hatte.
    »Ich habe einen mit Ajita getrunken«, sagte er. »Hübsches Haus hat sie da.«
    »Hast du es von innen gesehen?« Dazu schwieg er. Ich sagte: »Wie hast du sie aufgespürt?«
    Auch dazu schwieg er, amüsierte sich jedoch darüber, wie ich mich mit dieser Frage quälte. »Ich bin dir gefolgt«, sagte er.
    Tags zuvor hatte ich mich mit Ajita in South Kensington bei einem Marokkaner zum Lunch getroffen, den ich sehr mochte. Sie trug einen weißen Hosenanzug, und durch diesen modernen Stil wirkte sie mehr oder weniger alterslos. Sie hatte mehrere Einkaufstüten sowie Bücher über Psychologie und Freud dabei, die sie bei Blackwell's gekauft hatte. Sie wollte etwas über meine Arbeit erfahren und wissen, wie ich dazu gekommen war. »Das ist ein so wichtiger Teil deines Lebens, und ich weiß im Grunde nichts darüber«, sagte sie.
    Ajita wollte nichts von Übertragung, dem Unbewussten oder dem Es hören, sondern über den Typen, der sich in der Öffentlichkeit vollkotete und dies noch öfter tun wollte, die Frau, die sich Nadeln in Brüste und Oberschenkel stieß, bis sie blutete und einen Orgasmus bekam, und den Mann, der gesagt hatte, er wolle mein Gehirn ficken.
    »Mein Gott, damit verglichen bin ich normal. Warum bin ich nur so langweilig? In dieser Stadt fühle ich mich frei«, sagte sie. »Ich möchte hierbleiben. Amerika führt Krieg. Für Leute wie uns ist es schrecklich dort. Ich hatte ganz vergessen, wie abartig realistisch die Londoner denken.«
    Sie wollte gern den Nachmittag mit mir verbringen, aber ich hatte noch Patienten. Dann bat sie mich, ein paar Tage mit ihr wegzufahren. »Wir könnten einkaufen, schlafen, reden und wandern.« Ich hatte mich gefragt, ob dies eine gute Idee war, denn vielleicht erwachte ja ihre Leidenschaft. Doch ich freundete mich langsam damit an. Ich hatte gute Gründe, aus London zu verschwinden, und vielleicht würden Ajita und ich einander in Venedig wieder näherkommen. Ich war immer ein vorsichtiger und nervöser Typ gewesen, und möglicherweise war es an der Zeit, dass ich mich änderte.
    Offenbar hatte Wolf mich beschattet und uns beobachtet, bevor er Ajita nach Hause gefolgt war. Ich war sauer auf mich, weil ich nicht besser aufgepasst hatte. Trotz all meiner Anstrengungen blieb ich ein Amateur, wenn es darum ging, ein Verbrechen zu begehen. Gesetzesverstöße waren ganz offensichtlich eine Sache, in der nicht jeder ein Meister sein konnte.
    »Sie hat kein Geld«, sagte ich zu Wolf. »Ihr Bruder ist reich. Er sammelt Häuser. Er hat überall welche.« »Wirklich? Wo genau?«
    »Keine Ahnung. Aber er ist genauso hart wie sein Vater, Wolf, und noch mächtiger und brutaler.«
    »Ja, danke. Ich werde auf der Hut sein«, sagte er. »Ajita hat mich in eine Bar mitgenommen und Champagner bestellt. Wir haben zwei Flaschen getrunken und Austern gegessen. Danach geräucherte Forelle auf Toast. Sie hat mir einen kleinen Obolus gegeben, damit ich mir in einem hübschen, warmen Hotel in ihrer Nähe ein Zimmer mieten kann. Ich habe sie nach Hause gebracht. Ich bin nicht mit hineingegangen, obwohl sie mich gebeten hat. Ich bin kein Mensch, der sich aufdrängt.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Wie kommst du auf die Idee, dass ich hinter ihrem Geld her wäre? Die Sache ist schlimmer: Ich mag sie.«
    »Hast du ihr deine Geschichte erzählt - die Zeit im Gefängnis?«
    »Mehr habe ich doch nicht. Ich weiß, dass sie seit langem unglücklich ist. Jetzt sucht sie nach

Weitere Kostenlose Bücher