Das sag ich dir
Show?«
»Beim ersten Mal hat es mir gefallen, ja.«
»Das nächste Mal mache ich es extra besonders scharf für dich.«
Nachdem sie verschwunden war, sagte Wolf: »Du gefällst ihr, hast du gemerkt? Für dein Alter hast du dich gut gehalten. Aber du stehst nicht auf solche Mädchen, oder?« Als ich mit den Schultern zuckte, sagte er: »Du weißt ja, dass ich mit den absolut fertigen Leuten zusammen sein will, wenn ich in einer Stadt bin, mit den Huren, Gaunern und Kriminellen. Das sind die besten Menschen, finde ich. Darin ähneln wir beide einander.«
»Wieso?«
»Du musst auch so etwas in dir haben, wenn du jeden Tag mit geistig Kranken verbringst.«
»Die Gesunden sind viel schlimmer. Jemanden gesund zu nennen ist kein großes Kompliment, wie du weißt. Wolf«, sagte ich und setzte mich mit dem Joint, den Miriam mir gegeben hatte, als ich gegangen war, »erzähl mir von Val.«
Wolf erzählte mir, dass er und Valentin nach einer Ausrede gesucht hatten, um eine Weile aus London zu verschwinden. Sie erwogen sogar, mich mitzunehmen, beschlossen dann jedoch, dass ich besser mein Studium beenden sollte. Ich fragte mich, ob ich versucht gewesen wäre, sie zu begleiten. Vermutlich schon.
In Südfrankreich hatte Valentin in Kasinos gearbeitet. Er wurde gut bezahlt, und man vertraute ihm so sehr, dass er neue Mitarbeiter anlernen durfte. Er hielt seine Arbeit zwar für nutzlos, riss sich aber zusammen und radelte kilometerweit auf vereisten Straßen durch das Gebirge.
»Wenn er wieder in seinem kahlen Zimmer war«, erzählte Wolf, »hat er diese Philosophie-Wälzer gelesen. Mir kam er vor wie ein Verrückter, der immer in der Bibel nach der Wahrheit sucht.« Nachts, nach der Arbeit, warteten Frauen auf ihn, reich und arm, alt und jung. Sie wollten mit ihm schlafen. Und sobald sie dies getan hatten, wollten sie ihm helfen. »Er sollte zum Arzt gehen, um ein Medikament zu bekommen, das ihn gesund machte. Aber er hat sich immer geweigert. Er wollte eine dieser verlorenen Seelen sein. Er hat nie eine Heimat gefunden. Wir sollten seiner kurz gedenken.«
Wolf senkte den Kopf. Ich auch, und dabei erinnerte ich mich an Valentins ernsten Rat, mich so zu ernähren wie er. Er aß Tomatensuppe von Heinz, zwei Scheiben Brot mit Margarine und einen Apfel - und das zweimal am Tag. Manchmal ging er in Tennisschuhen fünf Meilen durch London, weil er nicht mit der U-Bahn fahren wollte - damals ein noch stinkenderes Loch als heute -, obwohl die meisten Leute schwarz fuhren, denn an den schläfrigen Angestellten konnte man sich leicht vorbeischleichen. Valentins Ehrgeiz hatte darin bestanden, seine Gelüste fast auf null zu reduzieren; Ausschweifungen wollte er nicht dulden. Aber was hatte ihm diese lebenslange Selbstbestrafung gebracht?
Ich öffnete die Augen. Wolf hatte mich betrachtet. Ich stand auf, war mir aber nicht ganz sicher, wo ich mich befand. »Du musst sitzen bleiben.«
Wolf hatte die Fäuste geballt. Doch ich ging zur Tür, wo auch immer sich diese befinden mochte. Was, um Himmels willen, hatte Miriam in diesen Joint gemischt? Ihr gefiel diese völlig unberechenbare Mischung aus Hasch, Dope und Tabak. Ich fühlte mich nicht nur paranoid, sondern sah Wolf wie durch das falsche Ende eines Fernglases - eine ausgezeichnete Art, ihn schrumpfen zu lassen. Er stand auch auf, packte mich bei den Schultern und drückte mich wieder auf meinen Platz. Er holte mit der Hand aus, als wollte er mich schlagen. Er war auf jeden Fall stärker als ich, aber weniger wütend. Ich glaubte kurz, er wollte mich verprügeln, aber das wäre keine Lösung gewesen.
»Ich bin noch nicht mit dir fertig«, sagte er und setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl. »In meinen Träumen gibt es einen Geruch, der mich verfolgt und mich immer wieder in diese dreckige Nacht zurückzieht. Wonach riechen Garagen? Öl, Benzin, Holz, Gummi. Ich verstehe, wie wütend du auf ihren Vater warst. Du hast gezittert.«
»Ich hatte Angst.«
»So hast du nicht gewirkt. Wir wollten ihm nur eine Lektion erteilen, und plötzlich hattest du ein Messer in der Hand. Wozu das Messer? Das frage ich mich immer noch. Wir wollten doch ganz sachlich bleiben, oder? Ein Messer hatte niemand auf dem Plan, weder Val noch ich. Wie bist du nur auf diese Idee gekommen? Warum hast du uns nicht vorher gefragt?«
»Ich war jung und dumm. Du hättest ein bisschen auf mich achten müssen, Freund. Ich war doch so etwas wie euer kleiner Bruder, und ihr habt zugelassen, dass ich diese
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