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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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melancholische Version von Bowies Let's Dance bewegte mich jedes Mal zutiefst. Ward wurde von einem Bassisten, einer Drummerin und einem weiteren Gitarristen begleitet. Der Laden war nur zu drei Vierteln voll; so viel Platz hatte ich seit Jahren nicht mehr in einem Konzert für mich gehabt.
    Ich verschwand, wieder fröhlicher, nach einer wunderbaren Version von Willie Dixons Spoonful.
    FÜNFUNDDREISSIG
    Mir ging zu viel durch den Kopf, ich machte mir Sorgen und konnte nicht schlafen, aber ich hatte einem Besuch in der Suhle zugestimmt und konnte keinen Rückzieher mehr machen, denn Miriam würde hart bleiben. Allerdings wollte ich auf keinen Fall zulassen, dass sie mich einkleidete - für das »Kostüm« würde ich selbst sorgen.
    Am Ende der Shepherd's Bush Road, Richtung Olympia, gab es ein Zirkusgeschäft, in das ich immer mit Rafi ging, wenn er neuen Modeschmuck brauchte. Nebenan war ein Sex-Shop mit Schaufensterpuppen, drapiert mit einer Punk-Kluft wie aus den Siebzigern, die jetzt von der Mittelschicht beim Liebesspiel getragen wurde - Perversion als Stil. Ich ging hinein und sah mich kurz um, wusste jedoch beim besten Willen nicht, was ich anziehen sollte, um Bushy zu lauschen, der auf seinem Banjo herumzupfte, während ringsumher fleißig kopuliert wurde.
    Ich ging wieder auf die Straße. »Kannst du mir helfen, Göttin?«, bat ich am Telefon.
    »Seltsames Anliegen«, erwiderte sie zwischen zwei Freiern.
    »Du hast bestimmt schon seltsamere gehört. Ich sitze in der Patsche, und die Sache ist mir ziemlich peinlich.«
    »Ach, du armer Spatz. Ich muss erst Madame fragen. Wir können das nicht hinter ihrem Rücken tun.«
    Madame war der Ansicht, dass die Sache in Ordnung ging, da ich ein »guter, sauberer, anständiger Kunde« sei. Die Göttin, die zwar jedem ihren Körper anbot, aber niemanden in den Genuss der Intimität ihres Namens kommen ließ, traf mich vor der U-Bahn-Station, und wir gingen gemeinsam in den Shop. Sie trug vermutlich ihre College-Kleidung: Jeans, einen schwarzen Pullover mit Polokragen, schwarze Stiefel.
    Sie um Hilfe zu bitten war eine gute Idee. Sie ging direkt zu dem farbigen Knaben, dem der Laden gehörte, und er zeigte ihr die entsprechende Ausrüstung. Auf ihr Geheiß hin musste ich verschiedene Sachen anprobieren - immerhin wusste ich, dass ich nicht viel von meinem Körper zeigen, nur Schwarz und nichts allzu Enges tragen wollte.
    »Möchtest du auch Seide oder Spitzen?«
    »Nein, danke, Göttin. Du kannst gern davon ausgehen, dass ich ein verklemmter Engländer bin.«
    In einer Ecke des Ladens veranstaltete ich halb nackt eine Modenschau für sie, bis ich schließlich in Gummi und klebriges Plastik gehüllt war. Außer meinem Gesicht würde man nur meine Arme sehen können.
    Als wir den Sex-Shop mit neutralen Einkaufstüten verließen, berührte mich die Göttin am Arm. Am besten wäre es, sagte ich zu ihr, wenn man sich die Klamotten leihen könnte, denn sie seien teuer, und ich sei pleite. Sie lachte und meinte, die »Szene« würde mir gefallen, und ich würde bestimmt wieder hingehen, denn sie kenne meinen Geschmack.
    »Du wirst beobachtet«, sagte sie.
    »Was?«
    »Dort drüben.« Ich ging davon aus, dass Wolf überschnappte und mir jetzt immer auf den Fersen war, der Höllenhund. Nicht mehr lange, dann würde ihn die Polizei festnehmen, und wir wären beide geliefert. Sie sagte: »Da ist sie.«
    Doch wer eilig davontrippelte, war eine meiner Patientinnen. Sie war stark paranoid und erzählte mir oft, mich da und dort im ganzen Land gesehen zu haben, an Orten, die ich gar nicht kannte. Nun hatte sie mich tatsächlich gesehen, und das auch noch beim Verlassen eines Sex-Shops. Ich fragte mich, was das mit ihr anstellen würde.
    Ich lud die Göttin auf einen Drink ein, und sie fragte mich, was ich beruflich tue. Ich antwortete, wir würden beide unsere Zeit verkaufen und seien in einer Branche tätig, die Intimität mit Fremden verlange. Ich sagte, ich habe nie gezählt, wie oft ich von Patienten mit einer Prostituierten verglichen worden sei. »Vielleicht sind wir beide Müllkippen. Die Leute laden bei uns ab, was sie loswerden möchten oder nicht kapieren. Und von uns wird erwartet, dass wir es für sie schleppen.«
    Meine Arbeit faszinierte und erschreckte sie zugleich. »Wer will schon wissen, was sich darin verbirgt?«, sagte sie und tippte sich an den Kopf. »Wer weiß, was man findet, wenn man anfängt herumzuwühlen?«
    »Das kommt sowieso heraus«, erwiderte ich. »Man

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