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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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zeigt, wie er am Tag seiner Ermordung zur Arbeit fährt. Wir haben es auf dem Computer untersucht, und wir sind uns fast sicher, dass er die Uhr trägt, die du Mustaq geschenkt hast. Ist das nicht merkwürdig? Was ist da passiert?«
    »Ich wünschte, ich könnte mich erinnern«, erwiderte ich. »Diese Missbrauchsgeschichte hat mich richtig umgehauen. Ich weiß noch, dass dein Dad auf seinem Heimweg einmal bei mir vorbeigekommen ist und angeboten hat, mich mitzunehmen - zu Mustaq.«
    »Und da hat er dich angefasst?«
    »Ich dachte, er würde mich mögen. Damals waren offenbar viele Leute scharf auf mich. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.«
    »Ich weiß natürlich, dass es lange her ist, aber Mustaq und ich werden nicht eher ruhen, bis wir die Wahrheit über Dads Tod herausgefunden haben.« Sie schaute mich an. »Geht es dir gut?«
    »Ich finde es immer noch schwierig, an damals zu denken.«
    Sie ergriff meine Hand, die ich nicht richtig weggezogen hatte, und küsste sie. »Das war meine Schuld! Ich habe dich so unglücklich gemacht, Jamal! Ich war dir untreu! Dem habe ich nie wirklich ins Gesicht gesehen.«
    »Was hättest du denn anderes tun sollen?«
    »Kannst du mir vergeben?«
    »Ja.« Ich winkte den Kellner herbei. »Komm, trinken wir auf dich - auf deine Rückkehr und auf dein Glück.« »Danke, Darling.«
    »Ich hoffe, dein neuer Mann hat nichts dagegen, dass du mit mir verreist«, sagte ich.
    »Er weiß doch, dass du inzwischen ein wertvoller Freund für mich bist.«
    »Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen. Könnten wir uns zu dritt treffen, wenn wir wieder zurück sind?«
    »Ich weiß nicht, ob das so gut ist. Lass uns das langsam angehen.«
    An dem Tag tranken wir ziemlich viel, und meine Hoffnung wuchs, dass sie mich doch noch auf ihr Zimmer bitten würde. Dann rief ihr Freund an; sie strahlte und lachte und eilte aus dem Hotel, um mit ihm zu reden.
    Ich ließ sie in Ruhe und schlug die Liebe zum wiederholten Mal für einen Roman in den Wind. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich rief Rafi auf seinem Handy an, doch er sah die Simpsons und war zu beschäftigt, um schwatzen zu können. »Ruf in einem Jahr wieder an«, riet er mir.
    Ich zog meinen Mantel an und irrte über drei Stunden durch die trübsinnigen, hallenden Gassen und Arkaden, die Brücken und Passagen von Venedig.
    Ich zog meinen Mantel an und irrte über drei Stunden durch die trübsinnigen, hallenden Gassen und Arkaden, die Brücken und Passagen von Venedig.
    »Du Miststück. Aber vielleicht bin ich eines Tages stärker als du«, sagte ich, als ich mich erhob. Es gefiel mir nicht wirklich, von ihr angegriffen und umgeworfen zu werden. Mit Miriams Fußboden kam man lieber nicht näher in Kontakt.
    Wir standen einander gegenüber, außer Atem, und sie lachte, die Haare wirr im Gesicht. Ich war überzeugt, dass sie mir wieder die Schulter ausgerenkt hatte. Eine Zeit lang hatte ich nach meinen Rangeleien mit Miriam immer einen Arm in der Schlinge gehabt. Kinder, die sich über EBay unterhielten, schlugen missbilligend einen Bogen um uns.
    »Du und Ajita«, sagte Miriam. »Läuft wieder etwas?« Ich hatte Miriam in Venedig eine schwarz-weiße Karnevalsmaske für ihre »Auftritte« in den Clubs gekauft. Sie gab mir einen Kuss und sagte: »Henry und ich haben uns so sehr gewünscht, dass es wieder zwischen euch funkt. Er hat mir erzählt, dass du auf sie stehst.«
    »Seid lieber nicht so neugierig. Du weißt doch, dass ich bei diesen Dingen viel Zeit brauche.«
    »Zeit? Als du ihr begegnet bist, waren die Beatles noch zusammen.«
    »Nein, waren sie nicht mehr, um genau zu sein.«
    Ich zog Pullover und T-Shirt aus. Sie holte eine saubere Decke und breitete sie auf dem Sofa aus. Ich legte mich hin, und sie streichelte, kitzelte und kratzte meinen Rücken, denn sie wusste, wie sehr ich das mochte. Dann drehte ich mich um, und sie wiederholte alles auf meinem Bauch, der zwar nicht ganz so beeindruckend war wie Henrys Wasserbett, aber auf dem besten Weg dorthin.
    Ich wollte schon los, da fragte sie: »Bleibst du zum Essen? Ich mache Dal, und Henry kommt später auch vorbei. In letzter Zeit habe ich ihn kaum gesehen. Gibt wieder einmal eine Krise: Valerie besteht darauf, dass er sie ständig besucht.«
    »Und er gehorcht ihr?«
    »Ich nehme an, du weißt das nicht, aber Lisa ist in das Haus gegangen, als niemand da war, und hat einen Ingwer aus dem Schlafzimmer ihrer Mutter geklaut.«
    »Einen was?«
    »Keine Ahnung. Einen

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